Berlin. Die „Mona Lisa“ von da Vinci ist weltberühmt. Doch noch immer entlocken ihr Forscher Geheimnisse – von denen bislang niemand wusste.
- Leonardo da Vincis Kunstwerk „Mona Lisa“ gehört zu den berühmtesten überhaupt
- Immer wieder kommen neue Informationen über das Gemälde ans Licht
- Was Forscher nun entdeckt haben
Leonardo da Vinci war eine der herausragendsten Persönlichkeiten der Renaissance. Geboren am 15. April 1452 in Vinci, einer kleinen Stadt in der Toskana, Italien, faszinierte er die Welt durch sein Schaffen als Maler, Bildhauer, Ingenieur, Naturforscher und als Pionier auf vielen anderen Gebieten. Das wohl bekannteste seiner Werke ist das Gemälde, das uns das geheimnisvolle Lächeln einer rätselhaften Frau zeigt: die „Mona Lisa“.
Die „Mona Lisa“, auch als „La Gioconda“ oder „La Joconde“ bekannt, zieht jährlich Millionen von Besuchern in das Louvre Museum in Paris und gilt als eines der wertvollsten Gemälde der Welt (geschätzter Versicherungswert: knapp 900 Millionen Dollar). Jüngst haben Wissenschaftler einen Teil des Gemäldes analysiert und dabei neue Erkenntnisse über die außergewöhnlichen und teilweise giftigen Methoden da Vincis gewonnen. Die Ergebnisse der Analyse wurden im „Journal of the American Chemical Society“ veröffentlicht.
Da Vinci verwendete spezielle Inhaltsstoffe für seine Farbmischung
Bei der Analyse wurde eine winzige Probe aus der Grundierung, die auf die Holzplatte der „Mona Lisa“ von da Vinci aufgetragen wurde, genauer untersucht. Dazu wurden eine Röntgenbeugung und eine Infrarotspektroskopie, spezielle wissenschaftliche Verfahren, verwendet, die es ermöglichen, die genaue Zusammensetzung der Farben und Materialien zu entschlüsseln. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass da Vinci keine klassische Grundierung verwendete, sondern eine eigene Kreation.
Sie fanden unter anderem diese Inhaltsstoffe:
Öl | Da Vincis Farbmischung enthielt ein stark verseiftes Öl, das er mit Blei(II)-Oxid angereichert hatte. |
Bleiweiß | Dabei handelt es sich um ein historisches und weitverbreitetes Pigment in der Malerei. Es wurde in der Vergangenheit oft als Weißpigment verwendet, um helle Farbtöne und Highlights zu erzeugen. |
Plumbonakrit | Hierbei handelt es sich um eine seltene, giftige chemische Verbindung. |
Letzterer Inhaltsstoff ist nicht nur unüblich, sondern weist auch besondere Eigenschaften auf: „Plumbonakrit“ ist nur unter alkalischen Bedingungen stabil. Da Vinci verwendete stark verseiftes Öl, was ein alkalisches Milieu schuf. Die Wissenschaftler vermuten deshalb, dass sich das Plumbonakrit infolge einer Reaktion von Öl und Blei(II)-Oxid gebildet hat, heißt es in einem Bericht des Wissenschaftsmagazins „scinexx“.
Das Geheimnis hinter Leonardos bleihaltiger Farbgrundierung
Viele Gemälde aus dem frühen 16. Jahrhundert wurden auf dunklen Holztafeln gemalt. Damit die Farbe darauf haften konnte, mussten die Künstler eine Grundschicht auftragen, bevor sie das eigentliche Bild malen konnten. Künstler verwendeten dafür normalerweise „Gesso“. Dabei handelt es sich um eine weiße Farbmischung aus:
- wasserlöslichem Leim
- Bindemitteln
- Gips (Calciumsulfat) oder Kreide (Calciumcarbonat)
- weißem Pigment
„Leonardo war wahrscheinlich bestrebt, eine dicke Farbe herzustellen, die sich für den Anstrich der Holztafel der „Mona Lisa“ eignete, indem er das Öl mit einer hohen Menge an Blei(II)-Oxid, PbO, behandelte“, erklären die Wissenschaftler in ihrem Bericht.
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Bleihaltige Farbe: War da Vinci der Erfinder der speziellen Farbmischung?
Der Forschung war bereits bekannt, dass einige Künstler ihre Farbmischung früher mit Bleiverbindungen angereichert haben. Allerdings geht die früheste Entdeckung von Plumbonakrit in der Grundierung auf das Gemälde „Die Nachtwache“ des niederländischen Malers Rembrandt zurück. Das Werk stammt aus dem Jahr 1642. In da Vincis Schaffenszeit, der italienischen Renaissance, die rund 150 Jahre weiter zurückliegt, wurde diese Technik bislang nicht nachgewiesen. War da Vinci womöglich der Erste, der seine Farben mit Blei(II)-Oxid anreicherte und andere Künstler wie Rembrandt übernahmen die Technik?
Blei(II)-Oxid kam in der traditionellenÖlmalerei eigentlich nicht als üblicher Bestandteil von Ölfarben vor, doch da Vinci war für seine experimentelle Herangehensweise an die Malerei und seine Suche nach innovativen Methoden und Materialien bekannt. Auch im „Letzten Abendmahl“, einem weiteren Werk des italienischen Erfinders, wurde die chemische Verbindung aus Öl und Blei(II)-Oxid nachgewiesen. „Man geht davon aus, dass da Vinci das Blei(II)-Oxid erhitzt und in Lein- oder Nussöl aufgelöst hat, wodurch eine Mischung entstand, die dicker und schneller trocknend ist als herkömmliche Ölfarben“, heißt es in einem Bericht von „ScienceAlert“.
Farbpalette: Leonardo da Vinci arbeitete mit verschiedenen Bleiarten
Die Untersuchung von da Vincis Manuskripten lieferte keine eindeutigen Informationen über die Verwendung von Blei(II)-Oxid. Die einzigen Hinweise beziehen sich laut „ScienceAlert“ nicht auf die Malerei, sondern auf Haut- und Haarheilmittel. Allerdings bestätigte die Analyse, dass Plumbonakrit nicht die einzige Blei(II)-Oxid-haltige Substanz in Leonardos Farbpalette war. In den Fragmenten wurden außerdem drei weitere Stoffe gefunden:
Stoff | Farbe | Besonderheiten |
Litharge (α-PbO) | Orange | Litharge ist eine Form von Bleioxid. Das Pigment wird in der Malerei und Glasherstellung verwendet. |
Massicot (β-PbO) | Gelb | Massicot ist eine weitere Form von Bleioxid und hat die gleiche chemische Formel wie Litharge. Es unterscheidet sich von Litharge in seiner Kristallstruktur und Farbe. Massicot ist gelb und hat eine andere Kristallform als Litharge. Es wird ebenfalls in der Malerei und in der Glasindustrie eingesetzt. |
Shannonit (Pb2OCO3) | Weiß | Shannonit ist eine weitere seltene Bleiverbindung. Sie wurde eigentlich nicht in der Malerei eingesetzt – zumindest nicht vor da Vinci. |
Shannonit wurde erstmals in der Analyse von Fragmenten von da Vincis Gemälde „Das Letzte Abendmahl“ nachgewiesen. Dieser Fund war bemerkenswert, da es sich um die erste bekannte Verwendung dieser Substanz in einem historischen Gemälde handelte. Welche Funktion und Wirkung die chemische Verbindung auf die Farben hatte, ist unklar.
Viele bekannte Maler litten an Bleivergiftungen
Die Verwendung von bleihaltigen Verbindungen in der Malerei hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Bleihaltige Pigmente waren aufgrund ihrer Helligkeit, Deckkraft und anderen positivenEigenschaften, wie der schnellen Trocknung der darüber liegenden Farben, beliebte Wahlmöglichkeiten für Künstler. Sie trugen dazu bei, lebendige Farben und haltbare Oberflächen zu schaffen.
Allerdings ist Blei giftig. Bekannte Maler wie
- Vincent van Gogh,
- Frida Kahlo,
- Peter Paul Rubens und
- Caravaggio
sollen an einer chronischen Bleivergiftung gelitten haben, weil sie Ölfarben mit Bleipigmenten verwendeten. Ob auch da Vinci von seiner bleihaltigen Ölfarbe vergiftet wurde, ist nicht bekannt. Mit der Zeit setzten sich sicherere Alternativen zu Blei durch, wie etwa Titanweiß und andere nicht-bleihaltige Pigmente.