Berlin. Eigentlich gilt er als besonders gesund, dennoch wollen Wissenschaftler, dass kein Lachs mehr gegessen wird. Was dahinter steckt.
Reich an Proteinen und Omega-3-Fettsäuren – Lachs ist sehr beliebt und bekannt für seine gesunden Eigenschaften. Für viele gehört er nicht nur zum kulinarischen Highlight beim Sommeressen; der edle Fisch ist das ganze Jahr über beliebt: Allein im Jahr 2022 wurden in der EU rund 1,14 Millionen Tonnen Lachs konsumiert. Allerdings ist der Fischbestand in den letzten Jahren drastisch geschrumpft. Einige Experten raten davon ab, Lachs zu essen.
Klimawandel: Immer weniger Lachs im Meer
Seit Jahren verkleinert sich der Fischbestand in den Fangregionen drastisch. Neben Vögeln und Säugetieren machen sich auch bei Fischen die Folgen des Klimawandels bemerkbar. Sich erwärmende Ozeane führen dazu, dass sich die Lebensräume des Lachses verändern. Die Fische sind längst nicht mehr selbstverständlich in der Natur. Der Meeresbiologe Jörg Freyhof erklärt unserer Redaktion: "Lachse sind eine global vom Aussterben bedrohte Art."
Für die empfindlichen Lachspopulationen bedeuten diese Veränderungen oft der Verlust ihrer Laichplätze und eine Verschiebung ihres Nahrungsangebots. Das hat dramatische Folgen für die Reproduktion und das Überleben dieser Fischart. "Der Lachs ist beim Klimawandel ein großer Verlierer", sagt der Wissenschaftler.
- Interaktive Karte: So wird der Klimawandel das Leben in Ihrer Region verändern
- Antarktis: Gigantischer Eisschild könnte kurz vor dem Abschmelzen sein
- Google Earth: Diese Funktion zeigt die Klimakrise im Zeitraffer
- Ernährung: Wie durch Fleischverzicht die Klimaziele erreicht werden könnten
- Klimawandel im Meer: Katastrophale Zustände in der Tiefe sorgen für Massensterben
Klimakrise: Fische werden immer kleiner
Dazu kommt, dass die Lachse immer kleiner werden. Wissenschaftler entdeckten, dass die Fische schon früher aus dem Ozean zum Laichen zurückkehren und damit jünger und kleiner sind als früher.
Demnach kehren viele Arten wie der Königslachs heutzutage bereits nach vier Jahren aus dem Ozeans zurück in die Nähe ihres Geburtsortes, um ihre Eier abzulegen und zu sterben. Normalerweise verbringen sie bis zu sieben Jahre in den Ozeanen, bevor sie über Tausende von Kilometern ihren Laichzug antreten.
Und die rückläufigen Lachsbestände haben nicht nur Auswirkungen auf die Fische selbst, sondern auf die gesamte Nahrungskette und die Ökosysteme. Bären, verschiedene Vogelarten, Insekten und sogar Bäume sind auf die Lachse angewiesen, da sie wichtige Nährstoffe mit sich bringen.
Lachsfang in Alaska gefährdet
So leiden zum Beispiel Orcas unter der abnehmenden Fischpopulation. Für sie gehören Königslachse zur Hauptnahrungsquelle. Doch sie laufen Gefahr zu wenig Nahrung in der Zukunft zu haben. In Alaska sollte deshalb sogar eine Fischerei über den Sommer schließen.
In der Region haben die Königslachse nicht nur eine wirtschaftliche Bedeutung. Auch kulturell spielen sie eine große Rolle. Die Lachse sind Grundnahrungsmittel für viele indigene Völker.
Doch schon seit Jahren hat Alaska mit einem abnehmenden Fischbestand zu kämpfen. Jahrzehntelange Umweltbelastungen, wie Dämme und Verschmutzung, haben zu einem drastischen Rückgang der Königslachse geführt – die Bestände sind auf einem historischen Tief. Es gibt Befürchtungen, dass die Fische in naher Zukunft möglicherweise aussterben könnten.
Deshalb hat eine Gruppe von Umweltschützern vorm Bundesgericht geklagt. Es wurde verlangt, dass die größte Königslachsfischerei Alaskas nicht weiter in Betrieb sein darf, um 73 gefährdete Orcas zu schützen. Doch das Gericht lehnte die Klage ab und die Fischerei konnte ihre Arbeit fortführen. Solche Schließungen und Verbote waren in den vergangenen Jahren immer wieder im Gespräch.
Auch interessant: Unterwassermuseum in Italien schützt vor illegalem Fischfang
Lachsfang in Deutschland
In Deutschland sieht die Lage anders aus. Hier gibt es schon lange keinen Lachsfang mehr, denn in vielen Gewässern sind seit Jahrzehnten keine wilden Lachspopulationen mehr. Der deutsche Lachs steht seit 2009 auf der roten Liste der aussterbenden Tiere, die vom Bundesamt für Naturschutz in Auftrag gegeben wird.
Einen einzelnen Grund für den schrumpfenden Lachsbestand gibt es laut dem Biologen Jörg Freyhof nicht: "Die Ursachen sind sehr heterogen und abhängig vom Gebiet. Es kann mit dem Bau von Staudämmen oder mit der schlechten Wasserqualität zusammenhängen." Freyhof forscht unter anderem zu europäischen, türkischen und vietnamesischen Süßwasserfischen.
"Es gibt schon seit circa 150 Jahren keinen gesunden Lachsbestand mehr in Deutschland", erklärt Freyhof. "Aktuell halten wir den Lachs nur durch künstliche Populationen in Europa. Ohne, würde es wahrscheinlich keinen Lachs mehr geben", erklärt der Meeresbiologe und Fischfotograf.
Durch sogenannte "Wanderfischprogramme" werden Lachse wieder in deutsche Flüssen angesiedelt. In Nordrhein-Westfalen passiert das seit 1998. Im Dezember 2022 verkündete das Bundesland dann in einer Pressemitteilung, dass seither 5.000 Lachse in den Rhein in NRW zurückkehrten. Für den Fang eignen sie sich jedoch nicht.
Lachszucht zerstört die Umwelt
Die meisten Fische, die in Deutschland zum Verzehr verkauft werden, kommen aus sogenannten Aquakulturen. Sie sind ein Versuch, um gegen die niedrige Anzahl von Wildlachs vorzugehen. Fischereien halten Lachse gezielt in großen Netzgehegen im Meer und mästen sie, bis sie schlachtreif sind.
So zum Beispiel in Norwegen, wo Aquakulturen mittlerweile den Großteil der Fischereien bilden. Nur ein kleinerer Teil des Lachsfangs erfolgt durch traditionelle Fischereimethoden wie Angeln und Netze in den Flüssen und Fjorden.
- Nachhaltigkeit: Wie Bauern Deutschlands Energieprobleme lösen können
- Wohnen: Wie unsere Städte in Zukunft aussehen könnten
- Gebrauchte Geräte: Generalüberholte Smartphones – Worauf man achten sollte
- Digitales: Lebensmittel retten – Das kann die App "Too good to go"
Doch auch der Zuchtfang ist nicht ganz unbedenklich. "Aquakulturen bringen ganz neue Probleme in die Ökosysteme", erklärt Freyhof. Vor allem für die Umwelt bedeuten sie Verschmutzung durch Fäkalien und Chemikalien.
Die intensive Zucht von Lachsen erfordert dazu auch große Mengen an Fischmehl und -öl aus Wildfischbeständen. Und entkommene Lachse können die genetische Vielfalt in Wildpopulationen verändern und Krankheiten und Parasiten auf wilde Fische übertragen.
Lesen Sie auch: Die Olivenöl-Krise: Hitze, Dürre und steigende Preise
Müssen wir weniger Lachs essen?
Die Nachteile der Aquakulturen könnten ein Grund sein, keinen Lachs mehr zu essen. Die Fische würden oft als sehr toxisch gelten, betont der Biologe. "Ich selbst esse auch keinen Lachs."
Viele pflanzlichen Produkte können als alternative Omega-3- oder Proteinquelle dienen. Beispiele sind: Walnüsse, Bohnen, Hülsenfrüchte, Chiasamen und Leinsamen oder auch Tofu und Seitan. Lesen Sie auch: Ernährung: Neue Studie trifft verheerendes Urteil über Fleisch
Vom atlantischen Wildlachs käme in Deutschland allerdings wenig an. "Er spielt im Konsum überhaupt keine Rolle", erklärt Freyhof. Die Fische aus Alaska und Norwegen seien zwei komplett verschiedene Fischarten, erklärt der Biologe. "Durch den Verzicht auf Lachs werden die Tiere in Alaska nicht gerettet."