Berlin. Beziehungsprobleme können sich schnell zu echten Krisen entwickeln. Wie kommen Paare aus der Beziehungskrise? Experten geben Tipps.

  • Jede Beziehung stößt irgendwann einmal auf Probleme. Wie können Paare eine Beziehungskrise überwinden?
  • Experten zufolge sind Aufmerksamkeit und Achtsamkeit wichtige Pfeiler in einer Beziehung
  • Drei Paartherapeutinnen zeigen Wege aus der Krise in einer Partnerschaft

Wenn aus der anfänglichen Verliebtheitsphase langsam ein gemeinsamer Alltag wird, kommen die meisten Paare irgendwann an den Punkt, an dem sich erste Probleme auftun. Damit diese nicht zum Liebesaus führen, sondern die Beziehung nachhaltig bereichern, ist es wichtig, die Krise zu erkennen, sie als solche zu benennen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Alle Artikel unserer Beziehungs-Experten zum Thema Liebe und Partnerschaft finden Sie auf dieser Seite.

Die Therapeutinnen Arnika Otto, Diana Böttcher und Andrea Buch sind darauf spezialisiert, Paaren aus Krisen zu helfen und Schwierigkeiten zu überwinden. Hier verraten sie Tipps, die dabei helfen können, den Weg raus aus der Krise und rein in eine erfüllende Beziehung zu finden.

Beziehungskrise: Paare sollen für Kritik diese Formel beachten

Arnika Otto, Paar- und Sexualtherapeutin aus Essen:

"Wer kritisieren will, muss fünfmal mehr loben! Wir Menschen sind sehr kritikempfindlich, von daher muss man für eine Kritik erst einmal 'Guthaben' auf dem Konto aufbauen. Verallgemeinerungen sollten dabei vermieden werden. Außerdem ist es sinnvoll, in Ich-Botschaften zu sprechen.

Aufmerksamkeit und Achtsamkeit im Alltag sind Dinge, die oft fehlen, besonders dann, wenn ein Paar aneinander vorbei lebt. Ich empfehle: sich anschauen, das Handy beiseitelegen, fragen, wie der Tag war, wie es dem anderen geht, sich bedanken, kleine Gespräche zwischendurch und auch mal eine Umarmung oder ein Kuss." Auch Kuscheln auf der Couch kann einen deutlichen Unterschied machen. Die Partner können sich dadurch wieder wahr- und ernst genommen fühlen. Ich empfehle klare Kommunikation statt schwammiger Begriffe.

Die systemische Paar- und Sexualtherapeutin Arnika Otto
Die systemische Paar- und Sexualtherapeutin Arnika Otto © Foto: Privat

Viele bemängeln: Ich fühle mich nicht wertgeschätzt. Ich fühle mich nicht geliebt. Er respektiert mich nicht. Ich bedeute ihr nichts. Hier sollte der Partner klar sagen, was der andere tun müsste, damit er sich zum Beispiel wertgeschätzt fühlt. Der andere kann auch sagen, was er bereits tut und woran der Partner seine Wertschätzung erkennen könnte. Manchmal reden wir in der Liebe nämlich ganz schön aneinander vorbei.

Paartherapeutin: Darum brauchen viele Paare Hilfe von außen

Die Paartherapeutin Diana Boettcher aus Berlin sagt:

"Ich lege Paaren in der Krise nahe, in eine Paartherapie zu gehen. Das ist gar nicht so aufwendig, wie manche denken. Es ist oft so viel effizienter und schneller, zu jemandem zu gehen, der einem aus der Situation heraushilft, indem er dabei unterstützt, Sachen klarer und schärfer zu sehen. Paare in der Krise haben sich oft verloren – sowohl gegenseitig als auch selbst. Das muss man sich vorstellen wie zwei Personen, die im Wald verlorengegangen sind und keiner kennt den richtigen Weg.

Trotzdem versuchen beide, irgendwie da rauszukommen, sind sich aber nicht grün. Da ist es wirklich schwer zu sagen: Seid nett zueinander und versucht gemeinsam da rauszukommen. Wir brauchen einfach manchmal Hilfe von außen."

Diana Boettcher ist Paartherapeutin in Berlin.
Diana Boettcher ist Paartherapeutin in Berlin. © Chris Gonz

Beziehungskrisen zeigen oft, was schon lange ein Problem war

Andrea Buch, systemische Therapeutin für alternative Beziehungsmodelle aus Fulda, erklärt:

"Akute Krisen zeigen oft, dass bereits über eine längere Zeit Reibung vorhanden war, die vielleicht nicht wahr- oder ernst genommen wurde. Nicht selten handelt es sich um wiederholte Kränkungen und Verletzungen, die irgendwann das Fass zum Überlaufen bringen und in Streit oder Sprachlosigkeit enden.

Um einen Weg aus der Situation zu finden, müssen beide bereit sein, an sich und der Beziehung zu arbeiten. Das klingt banal, aber häufig wird die Lösung in der Verhaltensänderung des Gegenübers allein verortet – was vielleicht eine schnelle Erklärung, aber nicht der Weg zur Verbesserung der Beziehung ist.

Andrea Buch ist systemische Therapeutin für alternative Beziehungsmodelle in Fulda
Andrea Buch ist systemische Therapeutin für alternative Beziehungsmodelle in Fulda © Sirius77

Ehrliches Interesse an den Sichtweisen, Gefühlen und Erwartungen des Gegenübers ist der Grundstein für einen gemeinsamen Weg. Denn: Viel zu selten hören wir zu, um zuzuhören, sondern um zu antworten. In einer Beziehung geht es nicht darum, zu gewinnen, überlegen zu sein oder mehr als die andere Person herauszuholen. Es geht um das Miteinander, gegenseitige Wertschätzung, Unterstützung und Konsens."

Therapeutin: Wann sich eine Paartherapie lohnt

Ist die Situation festgefahren, hilft oft ein objektiver oder vermittelnder Blick von außen. Dafür eignet sich die systemische Beratung besonders gut. Sie bezieht die Beziehungs- und Familiendynamik ein, ohne einen Schuldigen zu suchen. So können Anliegen und Verletzungen geklärt und Beziehungsziele neu vereinbart werden.

Manchmal stellt sich heraus, dass das aktuelle Konfliktthema alte Verletzungen und Ängste, zum Beispiel aus der Kindheit oder anderen Beziehungen, reaktiviert und eigentlich nur im zweiten Schritt mit der aktuellen Beziehung in Verbindung steht. Dies auseinander zu sortieren kann neue Lösungswege eröffnen und das Paar neu gegen das alte Muster verbünden.

Spannend ist es, wenn der Konflikt oder die Angst einen neuen Namen oder ein Symbol bekommt, über das man auch mal mit Humor herziehen kann. Zum Beispiel: "Jetzt kläfft der kleine Angstbeißer wieder sehr laut. Ich glaube, er braucht mal eine Streicheleinheit."

Lesen Sie auch: Paar zahlt Vermögen für Hochzeit: Experten erklären Phänomen