Essen. Kommissar Lost ist Namensgeber des ARD-Krimis „Lost in Fuseta – Ein Krimi aus Portugal: Spur der Schatten“. Der Zweiteiler gelingt.

Ein Titel, zwei Lesarten: Der Hamburger Kommissar Leander Lost (Jan Krauter), der vor zwei Jahren im Rahmen eines Europol-Austauschprogramms in die portugiesische Hafenstadt Fuseta versetzt wurde, ist immer noch „lost“ (englisch für verloren). Nicht an seiner neuen Arbeitsstelle, da hat er sich längst eingelebt. Verloren, ratlos fühlt er sich nach wie vor in Gegenwart „neurotypischer“, sprich „normaler“ Menschen. Für die wiederum, etwa für sein Kollegenteam um Graciana Rosado (Eva Meckbach) und Carlos Esteves (Daniel Christensen), ist er eine ziemliche Herausforderung.

Lost hat eine autistische Entwicklungsstörung, das Asperger-Syndrom. Der brillante Kommissar ist eine wandelnde Enzyklopädie, kombiniert blitzschnell, hat als Inselbegabter ein fotografisches Gedächtnis, was bei den Ermittlungen ungemein nützlich ist. Andererseits fehlt ihm jeder Sinn für Humor, flapsige Bemerkungen nimmt er wörtlich, Subtext ist ihm fremd. Er erkennt Unwahrheiten an Mikroexpressionen, an flüchtigsten Gesichtsausdrücken, kann aber selbst nicht lügen.

Duarte (Anton Weil, l.), Carlos (Daniel Christensen, Mitte), Graciana (Eva Meckbach, 2. v. r.) und Lost (Jan Krauter, r.) besprechen beim Mittagessen den bevorstehenden Vortrag der angolanischen Journalistin Flores Yola (Nuna, 2. v. l.).
Duarte (Anton Weil, l.), Carlos (Daniel Christensen, Mitte), Graciana (Eva Meckbach, 2. v. r.) und Lost (Jan Krauter, r.) besprechen beim Mittagessen den bevorstehenden Vortrag der angolanischen Journalistin Flores Yola (Nuna, 2. v. l.). © ARD Degeto | João Guimarães

„Lost in Fuseta – Ein Krimi aus Portugal: Spur der Schatten“: Eine mörderische Verschwörung

Für den ARD-Zweiteiler „Spur der Schatten“Donnerstag, 4. April sowie Samstag, 6. April jeweils um 20.15 Uhr in der ARD – hat Erfolgsautor und Grimmepreisträger Holger Karsten Schmidt, der seit Jahren unter dem Pseudonym Gil Ribeiro „Lost“-Krimis schreibt, wieder einen seiner Romane bearbeitet. Regisseur Felix Herzogenrath eröffnet den rätselhaften Fall mit einem mehrgliedrigen, gleich zu Beginn in die Irre führenden Vorspiel. Am Flughafen von Faro kommt ein verdächtig wirkender Mann an, eindeutig Typ Killer. Zwei Männer nähern sich mit ihrem Lieferwagen Fuseta und planen Übles. Polizistin Teresa Fiadeiro verschwindet, wird wenig später ermordet aufgefunden. Eine Mutter und ihre Tochter sind entführt worden.

Lost, Rosado und Esteves sollen auf Geheiß von Chefin Cristina Sobral (Lúcia Moniz) den Personenschutz für eine angolanische Journalistin übernehmen, die bald eine Rede im Parlament in Lissabon halten will. Wie hängt das alles zusammen?

Notfall: Lost (Jan Krauter, l.), Graciana (Eva Meckbach, Mitte) und Carlos (Daniel Christensen, r.) finden die Tochter einer Geisel, Imani (Luana Viegas, vorne).
Notfall: Lost (Jan Krauter, l.), Graciana (Eva Meckbach, Mitte) und Carlos (Daniel Christensen, r.) finden die Tochter einer Geisel, Imani (Luana Viegas, vorne). © ARD Degeto | João Guimarães

Tragikkomischer Held mit Asperger-Syndrom

Nach und nach kommen Loft und das Team einer mörderischen Verschwörung auf die Spur. Ein Geheimbund ehemaliger Agenten namens „Der Schatten“, dessen angolanische und portugiesische Auftraggeber sich auch nach dem Ende der Kolonialzeit an den Bodenschätzen Angolas bereichern und Entwicklungshilfe-Gelder umleiten, will die Enttarnung seiner Klientel verhindern und plant ein Attentat auf die Investigativjournalistin.

Über die eine oder andere Länge sieht man bei dem hochaktuellen Politthriller, der vor allem im zweiten Teil mit seinem furiosen Finale immer mehr an Fahrt aufnimmt, gern hinweg. Wenn der Verstandesmensch Lost sich die Zwischentöne der Kommunikation anlesen will oder wenn er ein „Kompendium der sinnlosen Sätze“ auswendig lernt, um bei jedem Anlass die vermeintlich passende, also falsche Replik parat zu haben, dann ist das so traurig wie herzerwärmend komisch und lässt alles andere vergessen. Dieser tragikomische Held Lost ist dank Jan Krauters phänomenalem Spiel einfach ein Geschenk.

Fünf von fünf Sternen.