Krefeld / Bochum. Blind Guardian sind Top-Act beim Pottout-Festival in Bochum. Warum Sänger Hans Kürsch einst Probleme hatte, eine Wohnung zu mieten.

Deutscher Metal hat Fans in der ganzen Welt, dazu tragen seit fast 40 Jahren auch Blind Guardian aus Krefeld bei. Die Powermetal-Band ist Headliner beim „Pott Out Festival“ am 7.12.2024 in Bochum und trat schon in rund 50 Ländern auf, wie Sänger Hans Kürsch in unserem Interview korrekt schätzte.

Die Metal-Welt kennt dich als Hansi. Wie darf ich dich nennen, Hans, Hansi oder Herr Kürsch?

Gerne Hans. Ich habe nichts gegen Hansi, aber ich bin da eigentlich herausgewachsen. Dennoch nennen mich viele Fans und Freunde immer noch Hansi – aber das ist ok. Und wenn meine Frau mich Hansi nennt, freue ich mich natürlich auch. (lacht)

Im Metal-Bereich sind brachiale Pseudonyme gebräuchlich. Man denke nur an Tom Angelripper von Sodom aus Gelsenkirchen. Kam das für dich nicht in Frage?

(lacht) Nein. Am Anfang haben wir uns darüber etwas lustig gemacht und uns intern Namen gegeben. Unser damaliger Drummer war Tom the Omen und ich hab mich Hansen the Pansen genannt, das war aber wirklich nicht ernst gemeint, und wir haben das auch gar nicht nach außen kommuniziert.

Wie geht‘s nach 40 Jahren Heavy Metal denn deinen Ohren?

Verhältnismäßig gut, aber meine Ohren waren eigentlich nie die besten. Das hätte meine Mutter bestätigen können. Viele Leute wissen, dass ich nie gerne gehört habe. Und im Laufe der Zeit ist dann eben auch so eine leichte Schwerhörigkeit dazugekommen. Es hält sich noch in Grenzen, und mit einem bisschen gutem Willen kriegt man es ganz gut in den Griff. Es kommt bei mir, glaube ich, weniger von der Musik, sondern ist altersbedingt. Mit dem Problem stehe ich auch nicht alleine da. Der eine oder andere, der beruflich an der Maschine steht, wird wahrscheinlich noch mehr Probleme haben. Mittlerweile haben wir ein so gutes Equipment, da spielt Lautstärke keine so große Rolle mehr – obwohl es natürlich trotzdem immer noch extrem laut ist.

Blind Guardian
Top-Act beim „Pott Out Festival“ in Bochum: Blind Guardian um Sänger Hans Kürsch (2. v. re.). © HO | Dirk Behlau

Heute ist Heavy Metal eigentlich Mainstream. Früher wurde man als Heavy-Metal-Fan oder -Musiker aber mitunter als Bürgerschreck wahrgenommen. Wie war das bei dir?

Ich hatte damals, als meine Frau und ich unsere erste Wohnung mieten wollten, tatsächlich Probleme wegen meines Aussehens. Ich hatte lange Haare, und Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre gab es diesbezüglich Vorurteile. Später hat sich Metal dann aber schnell etabliert und wegen der Optik habe ich keine Probleme mehr gehabt. Der Erfolg hat uns Recht gegeben, deshalb hat später niemand mehr Metal-Musiker in Frage gestellt. Was dagegen heute noch passiert, ist, dass bei Interviews, gerade wenn es keine Musik-Zeitschrift ist, das Thema Satanismus aufkommt. Dabei hat das im Heavy Metal eigentlich nur eine kleine Rolle gespielt, und bei den allermeisten Bands war das lediglich ein Kokettieren mit den Asttributen, aber daraus wurde nie eine Ideologie oder ein Glaube abgeleitet. Für uns was das ohnehin kein Thema.

Wann sind denn bei dir die langen Haare gefallen?

Das war in den frühen 2010er-Jahren. Es sah nicht mehr zeitgemäß und auch nicht mehr gut aus. Da bin ich wie aus dem „Hansi“ rausgewachsen. (lacht) Vielleicht hätte ich es auch nicht gemacht, wenn ich so eine richtige Heldenmähne gehabt hätte. Aber die Haare waren damals auch altersgemäß … ich hatte zwar noch genügend, aber es sah einfach nicht mehr gut aus. Und außerdem war es mir zu pflegeintensiv, dass muss ich auch zugeben.

Viele Metal- und Hardrock-Bands werden im Alter immer erfolgreicher – wenn man sich mal die Chartsplatzierungen ansieht …

Das ist bei uns ähnlich. Wir hatten allerdings auch in den 90ern eine konträre Tendenz. Während es bei den meisten Metal-Bands bergab ging, wurden wir immer erfolgreicher. Von daher war es bei uns ein fließender Prozess. Aber Alter und Erfolg sind da halt tatsächlich aneinandergekoppelt. Jetzt erntet man praktisch das, was man über die Jahre erarbeitet hat. Ich glaube, das ist aber auch der Treue der Fans geschuldet, wahrscheinlich auch der Qualität der Bands. In der Außenwahrnehmung wird das Phänomen auch dadurch verstärkt, dass der Rest des Musikmarkt viel, viel stärker eingebrochen ist, auch was das Livegeschäft angeht. Das lief im Metal immer gut, aber jetzt hat es nochmal eine andere Form angenommen.

Woran liegt das?

Zum einen, glaube ich, daran, dass sich tatsächlich die Akzeptanz geändert hat. Die Leute wissen inzwischen, dass bei Metal-Bands keine Satansmessen stattfinden oder Unmengen an Schweineblut fließen. Du bekommst eine gute Rockshow – und wo bekommst du die heute noch? Wenn man gute handgemachte Musik hören möchte, ist man im Metal-Bereich definitiv gut aufgehoben. Das gilt nicht für jede andere Musikrichtung. Außerdem glaube ich, dass die Menschen auch dieses Wir-Gefühl bei einem Metal-Konzert sehr stark erleben und zu schätzen wissen. Das sieht man nicht zuletzt bei eher mainstreamorientierten Bands wie Powerwolf oder Sabaton. Da herrscht eben eine Gemeinschaft, in der man sich, wie beim Schlager, gut aufgehoben fühlt.

Ihr habt Fans in der ganzen Welt. Weißt du, in wie vielen Ländern ihr schon aufgetreten seid?

Puh, ich weiß nicht … vielleicht 50?

Ziemlich gut. Zumindest laut der Statistik bei setlist.fm sind es 48. Welches war für euch das exotischste Ziel?

Am Anfang war das gleich Japan, dort waren wir schon Anfang der 90er. Der Film „Lost In Translation“ gibt einen Eindruck, wie es damals auch für uns dort war. Es hat sich ein bisschen angefühlt wie ein Fiebertraum. Japan ist ein Hightech-Land, aber wir waren uns nicht im Klaren, wie stark dort Kultur und Traditionen verwurzelt sind. Das hat auch Einfluss darauf, wie man mit Gästen umgeht. Ich kam mir dort anfangs wie ein Barbar vor. Wir waren noch grün hinter den Ohren und hatten bis dahin nicht viel von der Welt gesehen. Unser damaliger Gitarrist wusste nicht mal, dass man bei Interkontinentalflügen einen Reisepass braucht und musste erstmal zu Hause bleiben. Immerhin hat er damals innerhalb von 24 Stunden ein Dokument bekommen und kam mit Verspätung hinterher.

Die Infos zum „Pott Out Festival“

  • Termin: 7.12.2024, 17 Uhr
  • Ort: RuhrCongress Bochum (Stadionring 20)
  • Line up: Blind Guardian, Kissin’ Dynamite, Gamma Ray, H.E.A.T., Dynazty, Axxis
  • Karten für ca. 82 € (VIP-Tickets 177,50 €) gibt‘s hier.

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