Essen. „Kein Weg zu weit – 55 Jahre Rock’n’Roll“ heißt ein neuer Bildband von und über Peter Maffay. Zur Signierstunde kamen Hunderte.
Sein Flieger hatte Verspätung. Aber von so etwas lässt sich Peter Maffay nicht aus der Ruhe bringen, geschweige denn die Laune verderben. Entspannt betritt er am Dienstag gegen 10.30 Uhr die Lounge im vierten Stock des Funke-Medienhauses in Essen. Wo schon Fans und Vertreter seines Verlages auf ihn warten. Ein Händedruck hier, eine Umarmung dort. „Wie gehts‘? Lange nicht gesehen.“ Für jeden hat Maffay ein nettes Wort und für die Fans, die eine Karte für die Teilnahme an der Buchvorstellung gewonnen haben, auch eine freundliche Begrüßung; „Schön, dass ihr da seid.“
Natürlich gibt es schon Bücher über Peter Maffay. Auch mit Fotos des Sängers. So eines aber gab es bisher noch nicht. Wenn es stimmt, dass ein Bild mehr sagt als 1000 Worte, dann ist „Kein Weg zu weit – 55 Jahre Rock’n’Roll“ (Klartext Verlag, 49,95 Euro) fast schon eine Enzyklopädie. 237 Seiten hat das Buch, auf 222 davon sind Fotos zu sehen – viele davon zum ersten Mal. Und: Der Sänger und Gitarrist hat sie selbst ausgesucht. Er trinke zwar schon lange keinen Alkohol mehr, erzählt er zu Begrüßung, dennoch sei das Buch eine „Schnapsidee“ gewesen. Entstanden in geselliger Runde und dann innerhalb weniger Monate umgesetzt.
Peter Maffay will mit seinem Foto-Buch Erinnerungen greifbar machen
Was im Nachhinein einfacher klingt, als es war. 75 Jahre auf der Welt, 55 Jahre davon auf der Bühne - da kommt was zusammen. „Wir haben Bilder gefunden, von denen wir gar nicht mehr wussten, dass es sie gibt. Da ist das Sortieren nicht einfach. Maffay hat die ausgewählten Fotos deshalb nach Wegmarken sortiert und in einzelne Kapitel gegliedert, die er jeweils mit einem seiner Songtitel überschrieben hat. Jedem Kapitel geht ein sehr persönlicher Essay voran, in dem die Musik-Legende Erinnerungen und Gedanken mit den Fans teilt. „Erinnerungen greifbar machen“ will Maffay mit diesem Buch. Und Erinnerungen, wen wundert‘s, hat er jede Menge.
Peter Maffay stellt in Essen Bildband über sein Leben vor
Sie gehen zurück bis in die Wälder Siebenbürgens, in denen der kleine Peter aufwächst. Und nach Brasov, wo er geboren wird. In „ärmlichen Verhältnissen“ sei er aufgewachsen, erzählt er am Mittwoch. Allerdings habe er das als kleiner Junge gar nicht realisiert. „Mir fehlte es an nichts.“ Nicht mal an Geigenunterricht, zu dem seine Mutter ihn gegen seinen Willen anmeldete. „Einfach verpasst“ habe sie ihm den, sagt Maffay. Schrecklich habe er das gefunden, sei ihr aber später dennoch sehr dankbar dafür gewesen. „Die Geige war für mich der Schlüssel zur Musik.“
Als Teenager sieht Peter Maffay aus wie ein Beatle – die Fotos zeigen es
Seite um Seite geht es dann durch die Jahre: Mit Fotos, auf denen Maffay als Teenager aussieht wie ein Beatle, bis er – entdeckt von Michael Kunze – 1970 als Schlagersänger in Deutschland seinen Durchbruch mit der Schnulze „Du“ schafft. Maffay wird Stammgast in der „Hitparade“ und der „Bravo“, Ende der 1970er aber wird er zum „Steppenwolf“ und tauscht den Schlager gegen Rocksounds. Fotos von ihm in dick und dünn gibt es da zu sehen, mit oder ohne Bart, die Haare von kurz bis lang – es sind Jahre der Veränderung. „Heute amüsiere ich mich über diese Metamorphose“, sagt Maffay.
Natürlich ist der kleine Drache „Tabaluga“, den er erfunden hat und der ihn musikalisch so viele Jahre begleitet, ein Thema: diese „Mischung aus Rockkonzert und Märchen, Theater und Tanz“. Ein Projekt, bei dem er anfangs viele Bedenken hat, weil er sich sorgt, es könne sein gerade erst mühevoll gewonnenes Image als Rock’n‘Roller beschädigen. Am Ende aber ging aus der Fantasiefigur eine Stiftung hervor, die Kindern hilft und zu einer echten Herzensangelegenheit für den Sänger geworden ist.
Peter Maffay widmet Menschen, die ihm seit langer Zeit zur Seite stehen, ein eigenes Kapitel
Es gibt ein Kapitel über die Menschen, die ihm – teils seit Jahrzehnten – vor und hinter den Kulissen zur Seite stehen. Auch einen Abschnitt über die großen Tourneen und besondere Auftritte. Und über Begegnungen. Mit Tina Turner, Brian May oder Mick Jagger. Mit Anastacia, Johannes Oerding oder Udo Lindenberg.
Maffay vor zehntausenden jubelnder Fans auf der Bühne oder allein im Studio. In der Totalen oder als Nahaufnahme. Perfekt in Szene gesetzte Porträts und Pressebilder, großartige Momentaufnahmen und auch intime Schnappschüsse, die wie zufällig wirken, auch wenn sie manchmal vielleicht gar nicht sind. Und es gibt auch Maffay privat – zumindest ein bisschen. Mal auf dem Motorrad, mal auf dem Traktor. Und auch als Vater in einem Alter, in dem andere schon lange Großvater sind.
Ganz beiläufig erklärt er seinen Fans schon weit vor Ende des Bandes, warum er künftig kürzertreten und nicht mehr auf ausgedehnte Hallen- oder gar Stadionkonzerte mehr gehen will. Was anscheinend nicht heißt, dass er sich aufs Altenteil zurückziehen möchte, wie er verspricht. Schließlich ist sein jüngstes Album „We Love Rock‘n‘Roll (Leipzig-Live-2024)“ sofort auf Platz 1 der deutschen Charts gelandet. Zum 21. Mal schon ist ihm das mit einer LP gelungen, was ein einsamer Rekord ist. Weitere Alben sind also nicht ausgeschlossen, ganz im Gegenteil. „Dieser Weg ist noch nicht zu Ende“, sagt Maffay. Darauf habt ihr mein Wort.“
Viele Fans werden diesen Weg mitgehen. Wie beliebt der Sänger immer noch ist, zeigt auch das Interesse am neuen Fotoband. Schon weit vor Beginn einer Signierstunde hatte sich vor dem Eingang des Funke Medienhauses eine Schlange von mehr als Hundert Metern gebildet.