Berlin. Sechs Mitglieder der Letzten Generation haben Deutschlands größten Flughafen in Frankfurt blockiert. Das sind die Motive der Klimakleber.
Am Donnerstag, in den frühen Morgenstunden, verschafften sich sechs Mitglieder der Letzten Generation Zutritt zum Gelände des Frankfurter Flughafens. Bilder und Videos zeigten die Aktivisten in orangefarbenen Warnwesten, wie sie sich auf dem Rollfeld festkleben. Davor platzierten sie ein Plakat mit der Botschaft: „Öl tötet“. Der Verkehr am Flughafen wurde daraufhin vorläufig unterbrochen, bis Einsatzkräfte der Polizei die Aktivisten von den Rollfeldern entfernen konnten. Der Flughafenbetreiber Fraport sprach von rund 140 annullierten Flügen von insgesamt 1400 Flügen, die für den Donnerstag geplant waren. Doch was steckt hinter der Störaktion der Letzten Generation? Und weshalb kleben die Aktivisten wieder, obwohl sie davon eigentlich Abstand nehmen wollten?
Ein Teil der Gruppierung hat sich einer internationalen Kampagne angeschlossen: Öl tötet. Dabei handelt es sich um einen internationalen Aufstand zur Abschaffung fossiler Brennstoffe. Die Forderung der Kampagne lautet ähnlich wie jene, die die Letzte Generation in den vergangenen beiden Jahren hatte – die Regierungen sollen bis Ende des Jahres 2030 aus Öl, Gas und Kohle aussteigen.
In der Konsequenz sollen nach Ansicht der Aktivisten die Regierungen wie etwa die der Bundesrepublik Deutschland einen Nichtverbreitungsvertrag für fossile Brennstoffe aushandeln. Unterstützt wird der Protest von zahlreichen Widerstandsgruppen, darunter sind Ableger von Extinction Rebellion, Scientist Rebellion und eben die Letzte Generation. Zum Auftakt der Kampagne am Mittwoch blockierten die Aktivisten unter anderem Flughäfen in Barcelona, Finnland und in Köln-Bonn.
Teilnahme an Kampagne führt intern zu Diskussionen
Innerhalb der Gruppierung gilt die Teilnahme an der Kampagne als umstritten. Manche Mitglieder der Letzten Generation teilen die Auffassung, dass dieser Protest zu noch mehr Ablehnung der Letzten Generation führt. Dennoch entschieden sich die führenden Köpfe, die Bedenken zu übergehen. Am Mittwoch gaben sie eine Pressekonferenz zu den bevorstehenden Protesten. Dabei sagte Lars Werner, der zum Führungszirkel der Gruppierung zählt, dass man sich in einer Notlage befinde und daher vieles, das als selbstverständlich gelte, ein Ende finden müsse. Die deutsche Flugindustrie trage „substanziell zur Erderhitzung“ bei. Deshalb ist es für ihn „folgerichtig“, dass die Flugindustrie „sozialgerecht heruntergefahren“ müsse – allen voran, Inlands- und Privatflüge.
Zu Beginn des Jahres hatte die Letzte Generation angekündigt, sich nicht mehr festkleben zu wollen. Damals war die Rede davon, dass das Kapitel der Straßenblockaden endet. Die Letzte Generation sprach damals davon, mehr auf sogenannte „ungehorsame Versammlungen“ zu setzten – im Prinzip Straßenblockaden mit vielen Menschen, die anschließend zahlreich in Gewahrsam genommen werden sollen. Das Ziel dabei war, Polizei und Gerichte zunehmend zu überlasten. Neben diesen Störaktionen kündigte die Letzte Generation aber auch an, verstärkt „Orte der fossilen Zerstörung“ für Proteste aufzusuchen. Gemeint waren damit unter anderem Öl-Pipelines und Flughäfen.
Letzte Generation will am 25. September nach Kassel
Der Strategiewechsel zu Beginn des Jahres und die Diskussion innerhalb der Gruppierung zu den aktuellen Protesten basierte auf demselben Grund: Die Letzte Generation verliert zunehmend an Zustimmung und damit auch an Bedeutung. Deutlich sichtbar wurde das bei der Europawahl. Eigentlich wollte die Letzte Generation mit einem Sitz in das Europaparlament einziehen. Am Ende verpasste die Gruppierung mit 0,3 Prozent der Stimmen den Einzug ins Parlament und erhielt eben kein Mandat.
Nun bereitet sich die Letzte Generation mit dem Protest womöglich auch auf den 25. September des Jahres vor. Dann wollen sie für eine zentrale Protestwelle nach Kassel. Der Grund: In Kassel gibt es einen Regionalflughafen. Der Flughafen wird seit Jahren stark mit öffentlichen Geldern unterstützt, hat aber kaum Passagiere. Zudem ist derzeit ein grüner Oberbürgermeister im Amt. In einer internen Videokonferenz vor wenigen Tagen, sagte der Aktivist Joel Schmitt, der Protest in Kassel könne zu einem gesellschaftlichen Gesichtsverlust für die lokale Politik führen. Schmitt selbst hatte sich an diesem Donnerstagmorgen zusammen mit fünf anderen Mitstreiten in Frankfurt auf das Rollfeld gesetzt.