Essen. In wenigen Wochen beginnt wieder die Schule: Sollten Kinder in der noch freien Zeit lernen – oder sich lieber entspannen? Antworten für Eltern.
Sollten Schulkinder in den Ferien lernen? Diese Frage beschäftigt derzeit viele Eltern an Rhein und Ruhr. Während einige es ablehnen, dass ihre Kinder in der freien Zeit lernen, wollen andere die Ferien intensiv zum gemeinsamen Üben nutzen – weil etwa das Zeugnis in diesem Jahr schlecht ausgefallen ist. Auch an einigen Schulen ist das Lernen in den Ferien gewünscht.
Eine Mutter aus Essen berichtet unserer Redaktion davon, dass ihre Tochter, die auf eine Gesamtschule geht, mit einem Stapel an Übungsaufgaben in die Ferien gestartet ist. „Ich finde es gut, dass meine Tochter dran bleibt.“ Vor allem in Mathe müsse sie einiges aufarbeiten. Der Sohn einer anderen Mutter kommt nach den Sommerferien in die zweite Klasse und soll schon jetzt einen Teil der Ferien zum Lernen nutzen. „Wir Eltern haben Lernkarten für Deutsch und Mathe mitbekommen, die wir jeden Tag zehn Minuten mit unseren Kindern durchgehen sollen“, sagt die Essenerin.
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Dabei habe sich ihr Sohn so auf die freie Zeit und den gemeinsamen Familienurlaub gefreut. Die Lernkarten werde sie deshalb erst gegen Ende der Ferien rausholen. „Ich baue die Aufgaben lieber spielerisch in unseren Alltag ein, lese jeden Abend mit meinem Sohn. Und wenn wir Würfelspiele spielen, lernt er auch nebenbei Mathe.“ Auch der Vater eines Jugendlichen findet: „Ferien sind zur Erholung da. Hätte mein Sohn Übungsaufgaben bekommen, hätte er sie nicht machen müssen.“
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Doch was ist nun sinnvoll? Anne Deimel, Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) in NRW, gibt Tipps, wie Familien die richtige Balance finden.
Können Lehrkräfte über die Ferien Hausaufgaben aufgeben?
Nein, verpflichtende Hausaufgaben gibt es in den Ferien nicht. Einige Schulen machen über die freie Zeit allerdings Lernangebote für die Schülerinnen und Schüler oder geben Empfehlungen an die Eltern mit, etwa regelmäßig mit ihren Kindern zu lesen. Ich würde das als Unterstützungsmaßnahme sehen. Oft entstehen diese Angebote auch aus Gesprächen mit Eltern heraus, die nicht wissen, wie sie mit Lernlücken ihrer Kinder umgehen sollen.
Ist es darüber hinaus sinnvoll, mit seinen Kindern in den Ferien zu lernen?
Die Schülerinnen und Schüler freuen sich auf die Sommerferien – und das zu Recht. Schule und Unterricht sind für die Kinder und Jugendlichen wie das Arbeitsleben für die Erwachsenen. Täglich sind sie gefordert, sich über eine lange Zeit zu konzentrieren, ihr Lern- und Arbeitspensum ist groß. Umso wichtiger ist es, dass sie sich nun erholen und Zeit für sich selbst haben können. Und deshalb ist die Balance entscheidend. Zudem muss man zwischen Kindern unterscheiden, die eventuell mal eine Drei mit nach Hause bringen und denen, die große Lernlücken haben, Fünfen schreiben oder gar ein Schuljahr wiederholen müssen.
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Was sollten Eltern beachten?
Bei den meisten Kindern reicht es, wenn man in den Ferien zwischendurch gemeinsam etwas liest und gegen Ende der Ferien ein paar vorbereitende Aufgaben macht, zum Beispiel die Grundwortschatzwörter wiederholt. So können sie gestärkt ins neue Schuljahr starten.
Aber auch für Schülerinnen und Schüler, deren Zeugnisse schlechter ausgefallen sind, ist eine Erholungszeit wichtig. Es ist nicht zielführend, direkt mit dem Ferienbeginn zu versuchen, Lernrückstände aufzuholen und weiter zu büffeln. Bei Kindern und Jugendlichen kann das sonst großen Druck auslösen. Hier ist es wichtig, dass sich Eltern erstmal mit ihrem Kind hinsetzen und in Ruhe darüber sprechen, wie es zu den schlechten Noten gekommen ist. Dabei ist wichtig, auch zu betonen, was das Kind gut gemacht hat. Und dann sollte man gemeinsam einen Weg finden, wie die Lernphasen in den Ferien so gestaltet werden können, dass sich das Kind unterstützt fühlt und Eigenmotivation zum Lernen entwickelt.
Wie kann das Lernen in den Ferien Spaß machen?
Dafür sollten Eltern gemeinsam mit ihren Kindern einen Ferienplan aufstellen. Darin werden feste Zeiten vereinbart. Ich empfehle, maximal zwei Stunden am Tag einzuplanen. Dazu sollte man eine Uhrzeit ausmachen, damit das Kind sich darauf einstellen kann, wann es wie lange am Schreibtisch sitzt und wann es dann wieder Freizeit hat und nicht mehr ans Lernen denken muss. Und man sollte schauen, welche Materialien das Kind braucht, um gut zu lernen. Gibt es eine Lern-App, mit der sich mein Kind sicher fühlt? Oder einen YouTuber, der dem Jugendlichen hilft? Zudem rate ich, erst ab der dritten Woche langsam damit anzufangen – sofern dann nicht gerade der Familienurlaub ist.
Wer kann meinem Kind am besten beim Lernen helfen?
Oft endet es im Konflikt, wenn Eltern mit ihren Kindern lernen, weil sich beide unter Druck fühlen. Ich rate, erstmal im Bekanntenkreis nachzufragen. Vielleicht gibt es ja einen älteren Schüler oder eine Studentin, die sich mit dem Kind in den Ferien für ein paar Stunden hinsetzen. Wichtig ist, nicht so verbissen an die Sache heranzugehen. Und den Kindern zu signalisieren, dass ihr persönlicher Wert nicht von den Zeugnisnoten abhängt.
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