Berlin. Die Früherkennung von Lungenkrebs für Raucher ist zugelassen. Jetzt müssen Experten entscheiden, ob sie von den Kassen gezahlt wird.
- Früherkennung von Lungenkrebs ohne Symptome zugelassen
- Experten fordern nationales Programm
- Frist für Entscheidung läuft
Das Screening mittels niedrig dosierter Computertomografie (LDCT) ist seit Juli zugelassen: Starke Raucherinnen und Raucher im Alter von 50 bis 75 Jahren können sich künftig regelmäßig auf Lungenkrebs im Frühstadium untersuchen lassen. Ob diese Früherkennung von den gesetzlichen Kassen bezahlt wird, muss nun der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entscheiden. Das Gremium ist nach dem Gesetzgeber das höchste Beschlussorgan des deutschen Gesundheitswesens. Es hat für die Entscheidung 18 Monate Zeit.
Die strukturierte Früherkennung von Lungenkrebs durch eine LDCT bei Menschen mit hohem Risiko ist wissenschaftlichen Studien zufolge eine wirksame, sichere und kosteneffektive Methode, die Sterblichkeit an Lungenkrebs signifikant zu senken.
Entsprechend wurden LDCT-basierte Vorsorge-Programme unter anderem in den USA, Kanada, Australien, China, Südkorea, Kroatien oder Polen etabliert.
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Lungenkrebs: Screening soll sicher und effektiv sein
Die medizinischen Fachgesellschaften aus den Bereichen Pneumologie, Radiologie und Thoraxchirurgie befürworten ein solches Lungenkrebsscreening auch in Deutschland und sprechen sich unisono für ein nationales Programm aus, vergleichbar mit dem des Brustkrebsscreenings. Schon im Oktober 2023 hatten die Gesellschaften dazu ein gemeinsames Positionspapier vorgelegt, in dem sie auch ihre Empfehlungen formulierten.
Konkret soll sich die Früherkennung an Menschen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren richten, die mindestens 25 Jahre rauchen oder deren Rauchstopp weniger als zehn Jahre zurückliegt. Auch Männer und Frauen mit mindestens 15 sogenannten Packungsjahren – gemeint ist der Konsum von einer Packung Zigaretten pro Tag über 15 Jahre hinweg – soll das Screening ermöglicht werden. Den Berechnungen der Fachgesellschaften zufolge träfen diese Kriterien auf rund 3,3 Millionen Männer und 2,2 Millionen Frauen in Deutschland zu.
Lungen-Check: Studie hat die wichtigsten Ziele erreicht
Betroffene könnten sich den Empfehlungen zufolge beispielsweise über Hausarzt oder -ärztin an dem Programm beteiligen und dann von entsprechend geschultem Personal per Computertomografie untersucht werden. Bei Auffälligkeiten empfehlen die Mediziner ein klar geregeltes Verfahren zur Prüfung der Befunde und zur weiteren Behandlung. Die Vorsorgeuntersuchung soll jährlich wiederholt und von einer zentralen Stelle koordiniert werden.
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Dass ein solches Verfahren funktioniere, habe der HANSE-Lungen-Check gezeigt, sagt Radiologe Prof. Jörg Barkhausen im Gespräch mit dieser Redaktion. Der Vize-Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft und Direktor der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein hat diese Studie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen an drei Klinik-Standorten in Norddeutschland durchgeführt. Etwa 5000 Männer und Frauen haben daran teilgenommen.
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Zwar sind Barkhausen zufolge noch nicht alle Studien-Ergebnisse ausgewertet und publiziert, zwei der wichtigsten Ziele aber seien erreicht worden. „Es sollte bei mindestens einem von 100 Patienten ein Lungenkrebstumor im Frühstadium entdeckt und behandelt werden“, sagt Barkhausen. Und: Die Zahl der falsch positiven Befunde sei gering geblieben.
Experten fordern: Auch die Rauchentwöhnung fördern
„Die Lungenkrebsfrüherkennung im Rahmen eines gut strukturierten Screening-Programms ist eine der wichtigsten Empfehlungen der vergangenen zehn Jahre im Bereich Lungenkrebs“, sagt Prof. Wolfram Windisch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Aber: In diese organisierte Vorsorge müssten auch verpflichtend Programme zur Rauchentwöhnung eingebettet werden. „Deren Zusatznutzen ist klar wissenschaftlich belegt“, so Windisch.
Neben den medizinischen Aspekten nimmt das Positionspapier auch die Wirtschaftlichkeit in den Blick: „Der Lungenkrebs nimmt jeweils den ersten Rang bei den direkten und indirekten krebsbedingten Gesundheitskosten in Europa ein“, sagt Torsten Blum. „Nach unserer Vorstellung sollen die Krankenkassen die Kosten für das Lungenkrebsscreening tragen. Mehrere gesundheitsökonomische Modelle konnten die Kosteneffektivität von jährlichen niedrig dosierten CT-Screenings nachweisen“, so der Wissenschaftler. Was die Untersuchung pro Patient oder Patientin kosten könnte, darüber macht das Papier keine Angaben.
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Ganz unabhängig von der Entscheidung des G-BA könnte das Screening für Raucher und Ex-Raucher nach Einschätzung der Deutschen Röntgengesellschaft im kommenden Jahr als Selbstzahlerleistung in den Praxen angeboten werden. Der Preis dafür könnte sich an dem für eine CT-Untersuchung des Brustraums orientieren (etwa 70 Euro), so ein Sprecher.
Etwa 57.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Lungenkrebs. Nur rund 21 Prozent der Frauen und etwa 15 Prozent der Männer überleben die darauffolgenden fünf Jahre. Bei Männern ist Lungen- nach Prostatakrebs die zweithäufigste, bei Frauen nach Brust- und Darmkrebs die dritthäufigste Krebsneuerkrankung. Zuletzt wurden in Deutschland pro Jahr fast 45.000 Todesfälle durch Lungenkrebs registriert.