Berlin. Die „Hessen“ hat in wenigen Tagen einiges ihrer Munition verschossen. Die Union glaubt an einen Munitionsmangel – die Bundeswehr nicht.
Die Fregatte „Hessen“ steht erst wenige Tage im Einsatz und macht schon von sich reden. Erst zwei Drohnen der Huthi-Miliz abgeschossen, dann die Meldung, dass die Besatzung beinahe auch eine US-Drohne vom Himmel geholt hat. Das verbündete Flug-Vehikel rettet am Ende nur, dass die Raketen der „Hessen“ im Meer landeten – und nicht im Ziel. Am Mittwoch wurde außerdem bekannt: Der „Hessen“ könnte ein Munitionsproblem drohen.
„Wir haben jetzt erst auf Nachfrage erfahren, dass offensichtlich ein Teil der Munition der Fregatte ‚Hessen‘ nicht mehr nachzubeschaffen ist, weil es die entsprechende industrielle Kapazität nicht mehr gibt“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Florian Hahn (CSU), der „Welt“.
„Wenn die Bestände also leer geschossen sind, kann die Marine sie nicht mehr nachfüllen – und muss die Fregatte abziehen“, fügte Hahn hinzu. Der Wehrexperte warf der Ampel-Koalition vor, diesen Sachverhalt gegenüber der Opposition seit Monaten verschleiert zu haben. „Das Parlament hat also einen Einsatz beschlossen, ohne zu wissen, dass es offensichtlich ein Munitionsproblem der Fregattenklasse 124 gibt“, sagte Hahn. Lesen Sie dazu auch:Das kann die Fregatte „Hessen“
Bundeswehr verspricht Munitionsnachschub
Aus der Bundeswehr schallten dazu allerdings andere Töne. Marineinspekteur Jan Christian Kaack sagte der Deutschen Presse-Agentur, es seien ausreichend Geschosse vorhanden. „Wir werden zeitnah Munition nachführen.“
Kaack lobte zugleich die Besatzung der „Hessen“ für ihren Einsatz und verteidigte sie ob des Malheurs mit der US-Drohne. Da wurde wie im Lehrbuch vorgegangen. Die Drohne war eindeutig als feindlich klassifiziert. Ich hätte als Kommandant ganz genauso gehandelt.“ Weiter sagte er: „Die Besetzung der Hessen und der Kommandant haben in der letzten Nacht bravourös gehandelt.“
Der Deutschen Presse-Agentur wurde erklärt, die Drohne der US-Amerikaner sei ohne Freund-Feind-Kennung und ohne eine Meldung im Kreise der Verbündeten in hoher Geschwindigkeit in das Einsatzgebiet der „Hessen“ unterwegs gewesen, in dem sich zu diesem Zeitpunkt 15 zivile Handelsschiffe befunden hätten. Für eine Entscheidung zu einem Beschuss sei unter diesen Umständen nach den vereinbarten Regeln und nach Rücksprache mit den Befehlsstellen erfolgt.
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„Hessen“ auf Flugabwehr ausgelegt
Die „Hessen“ war im Rahmen der EU-Marinemission „Aspides“ zum Schutz der Handelsschifffahrt mit 240 Soldatinnen und Soldaten an Bord in die Region entsandt worden. Seit mehreren Monaten greift die pro-iranische Huthi-Miliz, die viele Gebiete im Norden des Bürgerkriegslands Jemen kontrolliert, Schiffe im Roten Meer an, einer wichtigen internationalen Handelsroute. Die USA und Großbritannien reagierten mit Angriffen auf Huthi-Stellungen im Jemen und wollen weitere Attacken auf Frachtschiffe damit verhindern.
Die Fregatte war nach Angaben der Bundeswehr am Wochenende im Einsatzgebiet eingetroffen. Der Bundestag hatte das Mandat zur Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Mission am Freitag gebilligt. Dem Mandat zufolge kann sich die Bundeswehr mit bis zu 700 Soldatinnen und Soldaten an der Mission beteiligen.
Die „Hessen“ ist eine von drei Fregatten der sogenannten Sachsen-Klasse, die besonders für die Flugabwehr geeignet sind. Laut dem Inspekteur der Marine, Jan Christian Kaack, stellt sich die Fregatte auf Angriffe mit Raketen, Drohnen und ferngesteuerten „Kamikaze-Booten“ ein. (pcl/dpa/AFP)