Berlin. Die eigene Wohnung ist ein Ruhepol. Viele würden für ein bisschen Luxus da auch in die Tasche greifen, meint die Wohnungswirtschaft. Doch wer kann sich das leisten? Die Zahl der Menschen mit bescheidenen Lebensstil steigt ständig. Besonders die hohen Nebenkosten sind kaum zu finanzieren.

Sie wollen die Fußbodenheizung im Bad und Durchatmen im eigenen Garten. Am besten noch einen Fahrstuhl und eine große Küche, aber bitte nicht mehr offen. Bei der Wohnungssuche werden Mieter in Deutschland einer Studie zufolge immer anspruchsvoller - zumindest die, die es sich leisten können. Für andere fehlt weiter preiswerter Wohnraum. Einig sind sich viele am Herd: Die Kochnische geht gar nicht mehr.

Drei Viertel der Deutschen sind laut einer Umfrage im Auftrag der Wohnungswirtschaft mit ihrer Wohnung zufrieden. Doch die Anforderungen an das perfekte Zuhause ändern sich alle acht bis zehn Jahre. Wohnungen müssen also flexibler werden. Das stellt die Wohnungswirtschaft vor Herausforderungen.

Individuelle Wohnlösungen gewünscht

"Die Zeiten der einheitlichen Standardwohnung sind lange vorbei", sagt Michael Neitzel vom Wohnungsforschungsinstitut Inwis. Jede Bevölkerungsgruppe habe inzwischen so unterschiedliche Wohnkonzepte, dass die Immobilienunternehmen reagieren müssten.

Da sind zum Beispiel die Anspruchsvollen. Sie legen Wert auf individuelle Lösungen, auf ökologische Materialien und die energetisch wertvolle Fußbodenheizung im Bad. Wenn sie keinen eigenen Garten haben, sitzen sie zumindest auf der Terrasse oder betreiben Urban Gardening - Gärtnern im öffentlichen Raum. Das Smartphone steuert Heizung oder Waschmaschine, das Bad wird zur Wellness-Oase. Die Zahl der Menschen mit so einem anspruchsvollen Wohnkonzept nehme zu, sagt Marktforscherin Bettina Harms-Goldt. Auch jetzt lebe schon ein Viertel der Leute diesen Stil.

Menschen mit bescheidenem Lebensstil

Fast ebenso viele aber legen Wert auf ein häusliches Wohnkonzept, mit Freunden, Familie, Sicherheit. Und dann ist da noch die dritte Gruppe, die deutlich größer wird: Die der Menschen mit bescheidenem Lebensstil. "Immer mehr Mieter können bei den Wohnkosten nichts mehr drauflegen", sagt der Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds, Ulrich Ropertz. "Diese Haushalte drohen, unter die Räder zu kommen." Ropertz hat eine Zweiteilung beobachtet: Einen Trend zu größeren Eigentums-, aber zugleich kleineren Mietwohnungen.

Immer mehr Menschen, das belegt auch die Studie, können nur noch funktional leben - auch wenn sie sich mehr wünschen. Da ist Energiesparen wichtig, der Zusammenhalt in der Nachbarschaft und dass der wenige Platz in der Wohnung optimal genutzt wird. Eine Terrasse oder einen Balkon haben nur wenige; Ropertz geht nach einer Befragung bei Mieterbund-Mitgliedern von 20 bis 25 Prozent aus.

Nebenkosten verursachen Kostenexplosion

Grundsätzlich, so urteilen die Autoren der Studie, sei Wohnen in Deutschland mit einer Nettokaltmiete von durchschnittlich 6,26 Euro nicht zu teuer. Die Mietbelastung ohne Heizung und Betriebskosten liege im Schnitt bei 24 Prozent des Haushaltseinkommens. Nicht aber in Ballungsräumen und bei den Senioren. Ältere Menschen müssen im Schnitt ein Drittel ihrer Rente allein für die Kaltmiete einplanen.

Axel Gedaschko, der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, will das so nicht stehen lassen: Das echte Problem sei die Warmmiete, die Kostenexplosion bei Heiz- und Stromkosten. "Das trifft jeden", sagt er. Und viele Menschen wollten auch, dass ihre Wohnung saniert werde - und seien bereit, dafür mehr zu zahlen.

Vor allem für Menschen mit immer schnellerem Lebenstempo - mit stressigem Job, Schichtdienst, großem Freundeskreis und wenig Schlaf - wird die Wohnung zunehmend zu einem wichtigen Ort der Ruhe. "Die Menschen wollen zu Hause eine grüne Oase und vor der Haustür den Trubel", fasst Neitzel zusammen. Diese Oase wollten sie auch mehr als früher selbst gestalten. Das fängt bei den Fliesen im Bad an, bei denen jeder Zweite am liebsten gefragt werden will. Doch es geht auch anders: Gerade teure Wohnungen nimmt man gern mal voll eingerichtet und entsprechend gestylt. (dpa)