Berlin. Mieter, die sich durch Lärm im eigenen Haus oder in der Nachbarschaft belästigt fühlen, dürfen ihre Miete kürzen - zum Teil sogar bis zu 50 Prozent. Doch nicht jeder Lärm rechtfertigt die Kürzung: Kindergeschrei müssen die Nachbarn ertragen, das Pochen von Stöckelschuhen oder Baulärm hingegen nicht.
Mieter haben das Recht auf Wohnen ohne Lärm. Das heißt aber nicht, dass völlige Stille herrschen muss. Normale Umgebungsgeräusche sind nicht zu vermeiden und müssen hingenommen werden. "Schwierig ist es, die Grenze zu finden zwischen Geräuschen, die zumutbar sind und solchen, die unzumutbar sind und zu einer Mietminderung berechtigen", erklärt der Deutsche Mieterbund (DMB).
Das hänge auch vom Standort der Wohnung ab. An einer vielbefahrenen Hauptstraße müssen die Bewohner mit einem höheren Geräuschpegel rechnen als in einer abgelegenen Wohnstraße. Mieter, die sich durch Lärm in ihrem eigenen Haus oder in der Nachbarschaft belästigt fühlen, müssen ihren Vermieter informieren. Denn er ist dazu verpflichtet, die Wohnung in einem mängelfreien Zustand zu erhalten.
Da Lärm ein erheblicher Wohnungsmangel ist, so der Mieterbund, muss der Vermieter ihn innerhalb einer angemessenen Frist beseitigen. Tut er das nicht, kann der Mieter die Miete kürzen. Selbst Lärm, der von Dritten verursacht wird oder vom Vermieter nicht beeinflusst werden kann, berechtigt den Mieter zur Minderung.
"Übliche Nutzung" darf laut sein
Oft streiten sich Mieter und Vermieter über Lärmquellen, Geräuschpegel und angemessene Mietminderungen. Ein klassischer Fall ist die Beschwerde über Lärm aus einer Nachbarwohnung. Die ist gegenstandslos, wenn sie sich auf Geräusche bezieht, die mit der üblichen Nutzung der Wohnung verbunden sind, betont der DMB. Aber wenn in einer Wohngemeinschaft jede Nacht so laut gestritten wird, dass die Nachbarn nicht schlafen können, wenn tagsüber gebaut und laut Musik gespielt wird, dürfen genervte Mieter die Miete kürzen.
Das Amtsgericht Braunschweig hält dafür eine Minderung von 50 Prozent für angemessen (AZ: 113 C 168/89). Kinderlärm ist aber damit nicht gleichzusetzen. Er muss von den Nachbarn toleriert werden, auch wenn er nachts oder zu den anderen Ruhezeiten auftritt. Jedenfalls, so lange er sich im normalen Rahmen bewegt.
"Kindergeschrei und Quietschen rechtfertigen normalerweise keine Mietminderung. Es muss als sozialadäquat und durchaus im Rahmen des Üblichen angesehen werden, dass Kinder im Alter von eineinhalb oder zwei Jahren, bevor sie das Haus morgens verlassen, schreien und quietschen", erklärte das Landgericht München (AZ: 31 S 20796/04). Fahren die lieben Kleinen aber mit Roller-Skates durch die Wohnung, ist die Grenze überschritten, urteilte das Amtsgericht Celle (AZ: 11 C 1768/01 (5)).
Stöckelschuhe ausziehen
Es muss nicht immer die voll aufgedrehte Musikanlage oder der Bohrhammer sein, an denen sich Nachbarn stören. Auch kleine Geräusche können Menschen auf die Palme bringen. So schmälerte das ständige Klappern von Stöckelschuhen in der über ihm liegenden Wohnung die Lebensqualität des unteren Bewohners erheblich. Er braucht es auch nicht hinzunehmen, entschied das Landgericht Hamburg. Es sei dem oberen Mieter durchaus zumutbar, dass er solche Schuhe an seiner Wohnungstür auszieht (AZ: 316 S 14/09).
Anders sieht es aus, wenn aus der oberen Wohnungen Schritte zu vernehmen sind, weil die Zimmerdecke nicht genügend gegen Trittschall gedämmt ist. Das ist nicht automatisch ein Grund für eine Mietminderung. Der Vermieter muss nur eine Trittschalldämmung gewährleisten, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung dem Standard entsprach, auch wenn es inzwischen strengere Vorschriften gibt. Das entschied der Bundesgerichtshof (AZ: VIII ZR 85/09). Ist das gegeben, muss der Mieter damit leben.
Verkehrslärm muss hingenommen werden
Baulärm in der Nachbarschaft ist dagegen ein häufiger Grund zu Mietminderung. Je nach Ausmaß der Belästigung können bis zu 35 Prozent der Miete gekürzt werden. Vermieter müssen die Kürzung akzeptieren, obwohl sie vielleicht gar nichts damit zu tun haben und auch nichts gegen die Beeinträchtigungen unternehmen können, informiert der Deutsche Mieterbund. Sie können gegebenenfalls einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den Eigentümer des Baugrundstücks geltend machen.
Verkehrslärm berechtigt hingegen selten zur Kürzung der Miete. Zwar können die Lärmpegel von Flugzeugen, Bahnen oder Autobahnen genauso stören wie Baustellen. Aber laut Mieterbund ist eine Mietminderung in der Regel nicht zulässig, wenn sich die Beeinträchtigung im Rahmen dessen hält, was für die Lage der Wohnung üblich ist.
Wer an eine Hauptverkehrsstraße oder in die Nähe eines Flughafens ziehe, müsse den davon ausgehenden Lärm hinnehmen, wenn der Vermieter eventuelle Schallschutzvorschriften beachtet habe. (dapd)