Herdecke. . Carsten Lauber aus Herdecke träumt vom eigenen Gesellschaftsspiel. Er möchte einmal in seinem Leben in einen Spieleladen gehen und seinen Namen auf einer Schachtel lesen. Sein Ziel war bereits zum Greifen nahe, ein Verlag interessierte sich für eine seiner Ideen. Dann kam ihm das Leben dazwischen.

Mit „Mensch ärgere Dich nicht“ und „Malefiz“ fing es an: Als Kind ging es Carsten Lauber um die Taschengeld-Erhöhung, wenn er gegen seine Oma gewann. Heute steckt der 43-Jährige aus Herdecke selbst Geld, Zeit und Ideen ins Brettspiel, um sich seinen Traum zu erfüllen: „Ich möchte einmal im Leben in einen Spieleladen gehen und auf einer Schachtel meinen Namen lesen.“

Anfangs war ihm noch gar nicht bewusst, dass er mal Spieleautor werden möchte. Ihm gefielen einfach viele Spiele nicht. „Dann habe ich andere Regeln geschrieben.“ Und mit 22 sein erstes Spiel gebastelt. Er hoffte, die für ihn perfekte Partie zu entwickeln. Der Titel: „Die Meisterdiebe“. „Ich weiß gar nicht mehr, wie das geht“, sagt er heute, 20 Jahre später, während er das beklebte Papp-Spielfeld aus der angestaubten Schachtel holt. Dann kommen die Erinnerungen bruchstückhaft zurück: „Jeder ist ein Dieb, man muss Schätze bergen, in ein Haus einbrechen. . .“ Aber wie die Regeln genau lauten? Dafür muss er noch mal in die Spielanleitung schauen, die er damals mit einem Kugelschreiber in Schönschrift auf kariertem Papier verfasst hat.

Über 250 Spiele hat er gekauft

Sein erstes Spiel erfand er mit 22 Jahren. „Jugendsünden“ nennt er die noch per Hand ausgeschnittenen und beschrifteten Karten.
Sein erstes Spiel erfand er mit 22 Jahren. „Jugendsünden“ nennt er die noch per Hand ausgeschnittenen und beschrifteten Karten. © WAZ FotoPool/ Ralf Rottmann

Jahre vergingen, er kaufte über 250 Spiele, besprach für die Internetplattform spielkult.de Neuerscheinungen und lernte, welche Mechanismen ihm gefallen und welche nicht: „Früher haben wir viel Risiko gespielt, aber heute hasse ich es. Sie spielen zu dritt und einer verliert, nicht, weil er schlechter gespielt hat, sondern weil die anderen ihn zusammen beharkt haben.“ So etwas gibt es nicht auf seinem Spielfeld. Das verlässt man wieder als Freunde. „Man muss bei mir schon gegeneinander spielen, aber sich nicht gegenseitig den Spielspaß nehmen.“

Ende der 90er Jahre forderte er sein Glück heraus und bekam tatsächlich über einen Bekannten den Kontakt zu einem Redakteur bei einem Spieleverlag. Der wischte die erste Idee sofort vom Tisch: Kriegsspiele – auf keinen Fall! „Ich hätte mir ja auch ein anderes Thema dazu ausdenken können, aber da war nichts zu machen.“ Dann zeigte Lauber ihm „Legenden“ – ein Fantasy-Spiel. Nein, auch nicht. Doch mit einer weiteren Idee stieß er auf offene Ohren: ein Westernspiel. „Ich sollte die handgeschriebenen Regeln abtippen und sie ihm zusammen mit dem Spiel schicken.“ Lauber hatte damals keinen Drucker, er bat einen Freund um Hilfe. Der Erfolg schien zum Greifen nahe. Dann kam ihm das Leben dazwischen.

Heute gestaltet Carsten Lauber seine Spiele am Computer.
Heute gestaltet Carsten Lauber seine Spiele am Computer. © WAZ FotoPool/ Ralf Rottmann

Lauber landete beruflich in einer Sackgasse. Ans Spielen war nicht mehr zu denken. Der Westernentwurf ging beim Umzug in die neue Wohnung verloren. Lauber spricht nicht gerne darüber, bei dem Gedanken daran, presst er die Lippen zusammen. Es nagt an ihm, eine große Chance verpasst zu haben. Und er grübelt und grübelt, damit ihm doch bitte endlich wieder diese Regeln einfallen mögen.

Solange bastelt er weiter, kritzelt Spielideen auf Blätter und Blöcke, sobald sie ihm durch den Kopf schießen. Er denkt sich Namen aus, wie „Die Kleingärtner“ oder „Schlussverkauf im Orient“. Zwölf Spiele hat er mittlerweile erfunden. Bevor er sie einer seiner Spielgruppen zeigt, probiert er jedes alleine am Wohnzimmertisch: „Ich spiele erst mal mit mir selbst. Und manchmal stelle ich fest: Das ist kein Spiel, das ist nur Mathe, das macht keinen Spaß.“ Dann geht es für ihn wieder zurück auf Anfang.

Früher hat er noch geschnitten und geklebt

Früher hat Lauber, der heute als Elektrofachkraft bei einem Energieversorger arbeitet, noch richtig gebastelt: Felder aus Papier auf Pappe geklebt und mit einem schwarzen Edding umrandet. Spielsteine ausgeschnitten und sie mit Symbolen bemalt: Shirts und Taschen, Pistolen und Keulen. Heute setzt er sich an den Rechner: „Die grafische Ausarbeitung ist das Schlimmste. Ich bin ja kein Grafiker, ich versuche das am Computer selbst hinzumogeln.“ Er weiß, dass andere Autoren ihre Spiele auch heute noch mit Schere und Papier basteln. Aber: „Ich finde, das Auge spielt mit!“

Der Spieleautor mit vier seiner Prototypen – Schachteln voller Figuren und Fantasie.
Der Spieleautor mit vier seiner Prototypen – Schachteln voller Figuren und Fantasie. © WAZ FotoPool/ Ralf Rottmann

Braucht Lauber Würfel oder Figuren, kauft er schon mal bei Ebay billig Spiele auf, nur um sie zu plündern. Oder er bestellt leere Schachteln über einen Spiel-Zubehör-Versand und beklebt sie mit Fotos, die er teils selbst geschossen hat, wie bei der neueren Version von „Legenden“, auf der die Burg Altena thront.

Manche Spiele hat der Junggeselle über die Jahre so oft überarbeitet, dass es davon mittlerweile sechs, sieben Versionen gibt. Für ein anderes brauchte er nur eine Woche: „Signoria“. Ein Würfelspiel, bei dem jeder Spieler für einen Familienclan im Florenz des 13. Jahrhunderts steht, der in den Palast am Platz einziehen möchte. Seine Test-Gruppe war skeptisch: In so kurzer Zeit kann man kein gutes Spiel erfinden. Sie irrten: „Das war das erste Spiel, das sofort lief“, freut sich Lauber. „Alle haben gesagt: Das ist ja super!“

Um seinem Ziel vom eigenen Spiel näher zu kommen, plant er als nächsten Zug das „Klinkenputzen“ bei den Verlagen auf der Spiele-Messe in Essen. Und er will sich noch mal beim Autorenwettbewerb des Hippodice-Spieleclubs bewerben (siehe unten). Im vergangenen Jahr hat er zum ersten Mal daran teilgenommen und mit einem Spiel über Künstliche Intelligenz „AI.LAB“ den siebten Platz belegt. „Es gibt Leute, denen mein Spiel Spaß macht“, freute er sich danach. „Das war ein sehr schöner Gedanke.“

Spielemesse und Autorenwettbewerb

Die Internationalen Spieltage in Essen vom 16. bis 19. Oktober, 10 bis 19 Uhr; außer Sonntag: nur bis 18 Uhr. Tageskarte: 11,50 (Kinder bis 12: 6,50 €). Auch Dauer- und Familienkarten: merz-verlag.com

Autoren mit neuen Ideen sollten vor der Messe einen Termin mit einem für das eigene Spiel geeigneten Verlag vereinbaren. Wer keinen Termin mehr bekommt, kann von Stand zu Stand gehen und nach dem zuständigen Redakteur fragen, um Kontakte zu sammeln. Fürs nächste Jahr merken, da der Autoren-Workshop dieses Mal bereits ausgebucht ist: Für 150 Euro kann ein Autor einen Tisch mieten, um an den vier Messetagen seine Prototypen vorzustellen.


Der Autorenwettbewerb des Hippodice Spieleclubs aus Bochum hat begonnen: Die Bewerbung ist noch bis zum 1. November möglich – nur per E-Mail. Alle Bewerbungsregeln unter: hippodice.de. Anfang Juni 2015 werden die Sieger im Rahmen des Spieleautorentreffens in Göttingen geehrt.


Kontakt zu anderen Autoren und Anregungen: etwa über den Verein „Spiele Autoren Zunft“ (spieleautorenzunft.de). Oder beim Spieleautorentag in Bochum am 8. November: spiellektorat.de