Hattingen/Essen. Sein Name ist Richter, Jan Michel Richter. Seine Mission? Comics, scharfsinnig, pointensicher. Unter brutaler Ausbeutung modernster Technik und seines glamourösen Privatlebens kämpfte er sich mit dem Kürzel Jamiri nach oben. Nun ist sein neues Album erschienen.

In seiner Zunft findet man hierzulande keinen Zweiten, der Entwicklungen im digitalen wie im realen Leben derart geistreich kommentiert. Georg Howahl traf den gebürtigen Hattinger zwischen Frittenduft und Weißweinschorle in seiner Stammkneipe, dem Essener „De Prins“.

Lieber Jamiri, Sie nennen Ihren neuen Comicband „Memme Fatale“. Wollen Sie uns damit etwas sagen?

Jamiri: Der Titel beschreibt schön meine Persönlichkeit: Ich bin ja ein Schattenparker und ein Weichei. Das liegt daran, dass ich schon sehr früh kapiert habe, dass Testosteron nicht der beste Ratgeber ist.

Ihr Comic liest sich manchmal wie das Technik-Tagebuch eines Nerds . . .

Er ist aber in erster Linie eine Fortsetzung der Jamiri-Chroniken. Dabei entsteht ein Quasi-Plot, der beschreibt, wie die Welt sich um mich herum verändert – und wie ich darauf reagiere. Der Witz ist, dass die Technik sich immer mehr in unser Leben hineindrängt. Ich habe damals einen Job gekriegt bei „Online Today“, da hatte ich nicht einmal einen Computer. (lacht) Und heute: Ohne iPhone würde ich mich wie amputiert fühlen.

Jetzt übertreiben Sie aber . . .

Im Ernst: Neulich ist mir das Ding abgeschmiert. Ich habe das morgens beim Aufstehen gemerkt und gehechelt wie beim Herzinfarkt.

Schon mal an eine Therapie gedacht?

Im Gegenteil, ich habe eine neue Zwangsstörung entwickelt durch einen Internet-Service namens „Novelrank“. Da bekommt man jede Stunde eine Mail mit seinem Amazon-Verkaufsrang. Das Perfide: Es gibt sogar eine Funktion, die schickt eine Mail, sobald ein Buch verkauft worden ist. Seitdem bin ich ein Wrack.

Sie zeichnen schon lange für Webseiten. Ist Print tot?

Der ganze Aufwand, den ich betreibe, lohnt sich ja eigentlich nur für die Druckqualität eines Albums. Das Internet mit seinen 72 dpi kann da nicht mithalten. Bücher sterben nicht. Im Grunde ist meine Arbeit erst mit der Veröffentlichung als Album ihrer Bestimmung zugeführt. So ein Buch lädt zum Verweilen und zum Wertschätzen ein.

Ist Ihnen Wertschätzung wichtig?

Manchmal schon. WP Fahrenberg, Herausgeber der Reihe „Meister der komischen Kunst“, will mir einen Band widmen. Dann stehe ich in einer Reihe mit F.K. Waechter, Robert Gernhardt und Ernst Kahl. Für mich ist das ein Gefühl, als würde ich ein gelbes Reclam-Bändchen kriegen.

  • Jamiri: Memme Fatale. Edition 52, 47 Seiten, 13 Euro