Berlin. . 2005 gingen die Guano Apes im Unfrieden auseinander. Nun melden sie sich mit dem neuen Album „Bel Air“ zurück – und stiegen gleich auf Platz 1 der Charts ein. Damit hatten die meisten Kritiker vorher nicht gerechnet.
Und dann kommt der Moment, in dem es nicht mehr zu verbergen ist, in dem du es als Zuschauer fast schmerzhaft am eigenen Leib spüren kannst, dass die Chemie zwischen diesen vier Musikern da oben auf der Bühne nicht mehr stimmt. Dieses Gefühl beschlich mich, als ich mein bislang letztes Livekonzert der Guano Apes gesehen habe. Das war im Februar 2005, im Kölner Palladium. Kurze Zeit später gingen die Mitglieder der Crossover-Band getrennte Wege. Es wirkte wie ein Abschied für immer.
Eine harmonierende Einheit
Doch nun, sechs Jahre später, ist das Quartett um Frontfrau Sandra Nasic nach einigen mehr oder minder misslungenen Solo-Projekten sowie lukrativen Festivalauftritten endgültig zurück auf der großen Bühne. Und es hat gleich ein neues Album mitgebracht. Das heißt „Bel Air“. So wie dieser chice Stadtbezirk in Los Angeles. Und diese Produktion ist nach dem Selbstverständnis der Protagonisten nicht nur eine Neuerscheinung. Nein, sie soll gleichzeitig rockig-mitreißende Botschaft an die Fans sein. Eine Botschaft, dass alle den Band-Spirit lähmenden Differenzen ausgeräumt sind, dass da wieder eine harmonierende und nicht sich ignorierende Einheit den Gang zurück ins Tonstudio gewagt hat.
Und diese Botschaft scheint nicht nur angekommen, sondern von der Anhängerschaft auch akzeptiert worden zu sein: Diese gewährte den Rückkehrern einen erstaunlichen Vertrauensvorschuss und katapultierte „Bel Air“ dank üppiger Verkaufszahlen von Null auf Platz eins in den deutschen Album-Charts. Diese Top-Position mussten die Göttinger zwar jetzt nach nur einer Woche an die großartigen Foo Fighters abtreten, doch nur wenige Kritiker und Käufer hatten den Guano Apes einen solchen beeindruckenden Kaltstart überhaupt zugetraut.
Allzeit-Hymne der Snowboarder
Diese Überraschung relativiert sich jedoch für jene, denen die Bandhistorie noch präsent ist. Die Guano Apes haben Erfolge vorzuweisen, denen andere Genre-Größen Respekt und Anerkennung zollen müssen. Alle drei bisherigen Studioalben – „Proud Like a God“ (1997), „Don’t Give Me Names“ (2000) und „Walking On A Thin Line“ (2003) – erreichten in Deutschland die Chartsspitze und Gold-Status.
Der erste Hit „Open Your Eyes“ gehört noch heute in Nachtclubs zum Kanon der anerkannten und tanzbarsten Krachmacher. Und zu „Lords Of The Boards“ werden wohl sogar noch unsere Ur-Ur-Enkel die Snowboard-Pisten herunterbrettern.
Durch die Sowjet-Republiken
Nicht nur das: Auch im Ausland schuf sich die Band einen Namen. Vor allem in Portugal und den früheren Sowjet-Republiken pochen die Fan-Herzen noch heißer als in der Heimat. Die Tour-Stopps in diesen Tagen heißen nicht von ungefähr Kiew, St. Petersburg und Nowosibirsk. Deutsche Bühnen sind ab Oktober dran.
Dort werden dann auch Songs von „Bel Air“ zu hören sein. Dieses Album verlässt weitestgehend die alten, ausgetretenen Krawallmacher-Pfade, ohne jedoch die Band-Vergangenheit zu verleugnen. Sandra Nasic, Henning Rümenapp, Stefan Ude und Dennis Poschwatta sind in ihrer musikalischen Entwicklung einen Schritt weiter gegangen – vielleicht auch das ein Beleg dafür, dass die Chemie in der Band endlich wieder stimmt.
- Guano Apes, „Bel Air“, Sony Music