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In unserem Körper geht es zu wie derzeit in der wirklichen Welt. Es gibt Streit um die Energieversorgung. Dabei geht es nicht um Öl oder Atom, sondern um Glucose, also Zucker. Achim Peters Sachbuch: „Das egoistische Gehirn“.

Das egoistische Gehirn
Das egoistische Gehirn © Verlag

In einem ewigen Konflikt ringen Gehirn und Körper um die größten Anteile an dem Treibstoff – und stets behält der Denkapparat die Oberhand. Es unterdrückt den Rest, notfalls auf Kosten anderer Organe.

Wieso bringen alle Diäten nichts?

Wieso scheitern regelmäßig unsere guten Vorsätze, wieso bringen alle Diäten nichts? Weil unser Gehirn es nicht will, ist die These des Lübecker Hirnforschers Achim Peters. Mehr als 10 000 wissenschaftliche Studien will er ausgewertet haben, um zu seiner Theorie des „egoistischen Gehirns“ zu finden, die er in seinem neuen Buch kurzweilig und fundiert darlegt.

Übergewicht ist eine weltweite Epidemie, stellt er fest. Die Zahl der Fettleibigen steigt kontinuierlich, mit allen Folgen für das Gesundheitssystem. Parallel dazu hat sich ein Milliardenmarkt etabliert, der „Unsummen“ mit Diäten, Ratgebern, Well- und Fitnessangeboten umsetzt. Doch Abnehmen ist eben nicht nur eine Frage des Willens.

Unter Stress brauchen wir noch mehr Zucker

Achim Peters zeigt, welche zentrale Rolle unser Gehirn dabei spielt. Es beansprucht die Hälfte unseres täglichen Glucosebedarfs, unter Stress sogar noch viel mehr. In Urzeiten machte das Sinn: War der Mensch in Gefahr, musste er seine Sinne schärfen, schnell reagieren, Auswege suchen und Lösungen finden, um nicht gefressen zu werden. Was in der Steppe Überlebensvorteile bot, wirkt sich heute fatal aus. Im Alltag oder im Beruf wird immer wieder das Stresssystem aktiviert, doch der Körper tobt sich nicht mehr aus, wir sitzen dabei meist vor dem Computer, am Telefon oder im Auto. Die für die Flucht bereitgestellte Energie wird nicht benötigt – und so gerät das Zusammenspiel aus den Fugen. Peters sagt: „Die Balance zwischen hirnenergetischer und emotionaler Homöostase ist gestört.“ Das Gehirn ruft im Dauerstress nach Glucose, und dieses Verlangen wird durch zusätzliche Nahrungsaufnahme befriedigt. Die Folge: Der Mensch wird dick.

Ein Ausweg wäre, unser Stresssystem wieder in eine „stabile Ruhelage“ zu bringen. Und zwar ohne mehr zu essen, Medikamente oder Drogen zu nehmen. Gelingt dies, ergibt sich quasi als „Nebeneffekt eine Normalisierung des Körpergewichts“. Nicht die Waage, sondern seine Gefühle müsse der Übergewichtige ins Zentrum stellen und psychosoziale Konflikte, also Spannungen in seinem Leben, abbauen.

  • Achim Peters: Das egoistische Gehirn. Ullstein, 336 Seiten, 19,99 Euro