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Am Dienstag, 1. März 2011, beginnt die Cebit in Hannover. Was die Messe für Informationstechnik zu bieten hat, macht Jugendliche nicht sprachlos. So selbstverständlich wachsen sie mit dem Computer auf.
Wer Kinder hat, braucht keine wissenschaftlichen Studien, die einem sagen, dass für Teenager das Internet so selbstverständlich ist wie Strom und fließendes Wasser. Er weiß das alles auch so. Spätestens, wenn die Tochter ihren Radiowecker wegwirft und auf fragende Blicke antwortet: „Lass mich jetzt von meinem iPod wecken. Macht Laura schon lange.“ Fast jeder macht das. Wenn nicht mit dem Apple-Flachmann, dann wenigstens mit dem Handy. Zur Not auch mit dem Computer. Läuft ja ohnehin rund um die Uhr, das Ding.
Die Welt ohne Internet
Wer heute dem Schulabschluss entgegenstrebt, der hat sie nämlich nicht mehr kennengelernt, die Welt ohne Internet und Computer, die Welt, in der Telefone noch Schnüre hatten und Kameras noch Filme. Als Musik noch auf CD verkauft wurde und man die letzte Folge der Lieblingsserie tatsächlich verpasst hatte, wenn man vergessen hatte, den Video-Rekorder zu programmieren. „Kann ich mir nicht vorstellen“, sagen meine Kinder und finden das „irgendwie krass“. Und abends erzählen sie dann ihren Freunden, wie komisch ihre Eltern früher gelebt haben. Auf Schüler VZ, wenn sie älter werden wohl auch auf Facebook.
Irgendjemand ist da immer, ganz egal, wann man dort vorbeischaut. Und anders als früher kann man dort mühelos Kontakt halten, zu Marco, den man letzten Sommer im Urlaub kennengelernt hat. Oder zu Julia, die vor zwei Jahren weggezogen ist und mal die beste Freundin war. Briefe? Kinder schauen da verständnislos. Auf Papier? Mit der Post verschickt? „Viel zu umständlich und zu teuer.“
Wobei man der Fairness halber zugeben muss, dass sie sich nicht komplett verlieren in der virtuellen Welt. Wahrscheinlich, weil sie sie gar nicht mehr als eigene Welt wahrnehmen. Wenn sie Zeit haben, treffen sie sich lieber persönlich, statt Freunde und Bekannte online zuzutexten. Aber meistens haben sie keine Zeit. Weil sie Turbo-Abi machen oder beim Studium nicht trödeln dürfen. Oder weil sie Fußball spielen und Gitarre in einer Band, zum Tennis gehen oder zum Tanzen.
Deshalb ist es gut für sie, dass es das Internet gibt. Sagen sie. Es verschafft ihnen Freiheit. Glauben sie. Niemand muss kurz vor Ladenschluss noch in das Schallplattengeschäft oder die Boutique seines Vertrauens hetzen. Gibt doch iTunes oder Ebay. Und einen Papa, der auf seine Kreditkarte bestellt, wenn sie ihm das Geld wiedergeben. Manchmal auch, wenn sie das nicht tun.
Steht alles im Netz
Auch 20.15 Uhr als Beginn des TV-Abends hat längst ausgedient im Leben der 14- bis 24-Jährigen. Feste Anfangszeiten mögen sie nicht. „Wozu“, fragen sie. Spielfilm, Serie Dokumentation oder Nachrichten, „steht doch alles im Netz.“ Zum ansehen. Vieles ganz legal, vieles auch illegal. Auf die dunklen Seiten des Netzes zieht es Jungen mehr als Mädchen. Aber auch sie sind vorsichtiger geworden. Was weniger mit einem neu entdeckten Unrechtsempfinden zu tun hat als mit der Angst vor Taschengeldstreichung, wenn Papa eine Abmahnung ins Haus flattert. Ausflüge in die Illegalität sind auch gar nicht mehr nötig. „Ich empfange 25 000 Radiosender im Internet“, sagt meine Tochter. „Warum soll ich da noch etwas runterladen.“
Nie würden Jugendliche auch auf die Idee kommen, ein Lexikon zu kaufen. Nicht, so lange es Google gibt, das den Eindruck vermittelt, auf jede Frage eine Antwort zu besitzen. Egal, ob es um das nächste Politik-Referat geht, das Programm im Kino oder den Billig-Flug nach Mallorca.
Immer verfügbar
Sie stellen sich auch kein Fotoalbum mehr ins Regal, brennen kaum noch CDs und sammeln keine Filme. Ihr Leben haben sie dabei. Gespeichert auf dem Handy, dem Laptop oder dem eleganten Tablet. Und wenn der Platz dort irgendwann doch einmal knapp werden sollte, dann eben im Internet. Immer und überall verfügbar ist das. Ein Traum.
Es sei denn, der Akku geht leer.