Die französische Philosophin Elisabeth Badinter fürchtet um die Kinder-Quote ihres Landes und zeigt Tendenzen auf, die sie für einen emanzipatorischen Rückschritt hält. Erstaunlich: In ihrem Buch spielen Kinder kaum eine Rolle.
Frankreich! Modell für die Wunschquote, großes Vorbild der lässigen Mütterlichkeit en passant. Allein: Die marmorne Statue für eine strahlende Mama im Bürokostümchen bröckelt. Eine Debatte erschütterte jüngst das Land, angestoßen von einem schmalen Buch: Die emeritierte Philosophie-Professorin Elisabeth Badinter, Mutter dreier Kinder, geißelt in ihrer Polemik „Der Konflikt” eine Entwicklung, die sie als deutlichen Rückschritt empfindet. Die französische „Maman“, so fürchtet sie, entwickelt sich zur deutschen Mutter.
„Die Frau tritt in den Hintergrund, zugunsten der Mutter, die der wichtigste und natürlichste Ansprechpartner des kleinen Kindes ist.” So liefe das in Deutschland, wo bekanntlich immer weniger Frauen sich für ein Kind entscheiden: Weil sie, glaubt Badinter, sich damit sogleich in der Perfektionsfalle befänden und weiterhin am Herd festklebten. Sie hingegen sagt selbstbewusst: „Ich bin eine mittelmäßige Mutter, wie vermutlich die meisten Frauen.”
Schlusslicht im europäischen Wettbewerb
Denn dies sei ja die andere Seite der bejubelten Geburtenrate von zwei Kindern pro Frau: Französinnen seien, so Badinter, „das Schlusslicht im europäischen Stillwettbewerb”. Sie geben ihre Babys früh, sehr früh in fremde Hände, um arbeiten zu gehen. Und: verschiedene Lebensentwürfe neben der Ehe sind in Frankreich gesellschaftlich akzeptiert. Der Statistik zufolge werden dort heute mehr Kinder außerehelich denn innerhalb einer Ehe geboren!
Dass jedoch auch in Frankreich heute junge Frauen Nur-Hausfrau und Mutter sein wollten und Kinder verhätschelten, empfindet Badinter als bedenklichen Rückschritt. „In dem Moment, in dem die westlichen Frauen sich endlich vom Patriarchat befreien konnten, fanden sie zu Hause einen neuen Meister”, schreibt sie. Detailreich nimmt sie Studien zur Mutter-Kind-Bindung (Bonding) auseinander, seziert den Trend zur natürlichen Geburt und zu langen Stillzeiten: „Das Fläschchen hat heutzutage den Status der ,zweiten Wahl’ und steht für mütterlichen Egoismus.” In Interviews spricht sie davon, dass eine „gute Mutter” eine gewisse Distanz zum Kind zu halten weiß.
Badinters Polemik gibt Denkanstöße, allerdings: Die Ein- und Auswirkungen der Mutterrollen auf den Nachwuchs streift sie nur am Rande. Kinder kommen in ihrem Buch eigentlich nicht vor.
- Elisabeth Badinter: Der Konflikt. C.H.Beck, 224 Seiten, 17,95 Euro