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Wenn ein Thriller „Tage der Toten“ heißt, erwartet man viele Leichen. Don Winslow enttäuscht seine Leser nicht und liefert dennoch keine sinnfreie Aneinanderreihung exzessiver Mord-Szenen.
Der kalifornische Autor, der als Privatdetektiv in New York arbeitete, Geld in Südafrika schmuggelte und Safaritouren in China verkaufte (das teilt uns sein Verlag im Klappentext mit), legt in der knallharten Geschichte die Strukturen der mexikanischen Drogenmafia offen, ebenso wie die Verstrickungen der US-Regierung.
Freundschaften zählen nicht viel, Rache umso mehr
Über mehrere Jahrzehnte hinweg verfolgt Winslow die Arbeit des amerikanischen Drogenfahnders Art Keller, der die Drogenbarone gegeneinander ausspielt, ihre Geschäfte sabotiert und sich damit selbst zum Ziel von Attentätern macht. Freundschaften zählen nicht viel, Rache umso mehr. Verrat wird mit äußerster Brutalität bestraft. Angesiedelt hat der Autor die blutige Handlung vor dem Hintergrund der „Iran-Contra-Affäre“, einem politischen Skandal während der Amtszeit von Ronald Reagan: Damals wurden Einnahmen aus geheimen Waffenverkäufen in den Iran an die rechtsgerichteten Contras in Nicaragua weitergeleitet, um sie beim Krieg gegen die sandinistische Regierung zu unterstützen. Nach der Aufdeckung der Affäre 1986 wurde bekannt, dass die Contras jahrelang mehrere Tonnen Kokain in die USA geschmuggelt hatten, von der CIA stillschweigend geduldet.
Die authentischen Bezüge liefern dem in einer treibenden Sprache geschriebenen Roman eine zweite Spannungsebene. „Tage der Toten“ bietet eine atemlose Dramaturgie, zum Teil ausschweifende Gewalt und eine literarische Unterhaltung vom Feinsten, die nicht zuletzt auch dem Übersetzer Chris Hirte geschuldet ist. Am Ende möchte man wissen, was sich von den geschilderten Verbrechensstrukturen im Hier und Jetzt manifestiert hat.
- Don Winslow: Tage der Toten, Suhrkamp TB, 689 Seiten, 14,95 Euro