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Prostituierte, Politiker und Polizisten an einem ganz normalen Freitag. Mehr als 400 Fotografen haben für den Bildband “Ein Tag Deutschland” das Außergewöhnliche im Gewöhnlichen eingefangen. Es ist das Fotoalbum einer Nation.

Nicht weniger als ein visuelles Porträt Deutschlands hatten sich die 432 Fotografen zum Ziel gesetzt, als sie am 7. Mai 2010 ausschwärmten. 24 Stunden dokumentierten sie mit ihren Kameras an einem ganz normalen Freitag den Alltag. Rückten Prostituierte und Politiker, Künstler und Kinder, Angler und Asylbewerber in den Fokus. Das Ergebnis hat der Fotografenverband Freelens jetzt für den beeindruckenden Bildband “Ein Tag Deutschland” zusammengestellt.

Levin hat schlechte Laune. Foto: Meike Fischer
Levin hat schlechte Laune. Foto: Meike Fischer © Freelens

Maintal-Wachenbuchen - 7.11 Uhr. Das ist also Deutschland: Der kleine Levin steht am Küchentisch und weint. Sein Kopf ist vor Wut schon ganz rot angelaufen, und aus verquollenen Augen schaut er über die Tischplatte. Nach einer schlechten Nacht hat er noch schlechtere Laune beim Familienfrühstück.

Im Zentrum dieser Chronik stehen Menschen, die den intimen Einblick in ihr Leben gewähren. Sie laden den Betrachter ein in ihre Wohnungen, sogar ins Schlafzimmer. Sie nehmen ihn mit zur Nachtschicht, in die Moschee und zur Hundemesse. Es geht quer durch die Republik von der Grundschule in Berlin-Wedding zur Operation nach Stuttgart, vom Stau auf der A 42 zum Alleinunterhalter nach Rüdesheim.

Hamburg - 16.27 Uhr. Auch das ist Deutschland: Ein Punk mit grüner Irokesen-Frisur steht am S-Bahnhof Sternschanze und trinkt Bier aus der Flasche. Im Hintergrund wirbt ein Hochglanz-Plakat mit drei zart gebräunten Strandschönheiten für die neue Bikini-Kollektion.

Die Momentaufnahme des Gewöhnlichen beeindruckt durch originelle wie sensible Umsetzung. Dabei scheuen die Fotografen auch den Blick auf die Schattenseiten nicht. Im Gegenteil: Durch die explizite Konfrontation mit Themen wie Prostitution, Armut und Krankheit gewinnt das Gesamtwerk an Authentizität. Der Betrachter begegnet Demenzkranken, Obdachlosen und Drogenabhängigen in ihrer Welt. Dabei bleibt der Blick stets respektvoll, nie voyeuristisch.

Fritz Pleitgen im Fond seines Wagens. Foto: Christoph Kniel
Fritz Pleitgen im Fond seines Wagens. Foto: Christoph Kniel © Freelens

Bochum - 11.31 Uhr. Und das ist Deutschland: Ruhr.2010-Geschäftsführer Fritz Pleitgen im Fond seines Wagens. Er telefoniert, sieht angespannt aus. An diesem Tag wird er im Essener Folkwang-Museum zu Gast sein und später bei der Konrad-Adenauer-Stiftung für das Ruhrgebiet und die Kulturhauptstadt werben.

Aber “Ein Tag Deutschland” will noch mehr sein als das Fotoalbum der Republik. Es soll der sichtbare Beweis sein für die Kompetenz der Bildjournalisten. Das Team von Freelens erklärt: „Abseits vom täglichen Medieneinerlei wollen wir mit diesem Projekt zeigen, dass die besten Fotografen Deutschlands mit ihrem authentischem Blick zeigen können, wie es wirklich aussieht in Deutschland.”

„Ein Tag Deutschland“ - 640 Seiten, dpunkt.verlag