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„Fünfe gerade sein lassen“ – auch Mathe-Muffel benutzen mathematische Formulierungen. Eine Wissenschaftlerin der Uni Graz hat nun über 200 Ausdrücke aufgespürt, die in unserer alltäglichen Sprache vorkommen.

Wer bei Mathe nur „Ach Du grüne Neune“ denkt, wer einen „großen Bogen“ um Zinsrechnung macht und für den der Satz des Pythagoras ein „Buch mit sieben Siegeln“ ist – selbst der verwendet, wie man sieht, Zahlen und geometrische Objekte in seiner Sprache. Die Germanistin Michaela Pölzl hat festgestellt: Ob man seine „bessere Hälfte“ vorstellt, ob man „auf Wolke sieben schwebt“ oder sich „vor Lachen kugelt“ – Mathematik macht vor nichts halt, nicht mal vor dem „horizontalen Gewerbe“.

Pölzls Arbeit gehört zum Projekt „Wortschätze“ in dem Germanisten bildhafte Ausdrücke aus unserer Alltagssprache sammeln – zum Beispiel aus Sport, Religion oder Musik – und ihre Herkunft untersuchen, etwa die der Formulierung „jemand ist berechnend“: „Rechnen ist für uns ein kühler, emotionsloser Vorgang“, erklärt die Germanistin, „und das wird auf eine Person übertragen, die kühl auf ihren eigenen Vorteil bedacht ist, sich also ausrechnet, wie sie ihre Ziele am besten erreichen kann.“

Ein Multiplikator sein

Bei ihrer Recherche hat die Germanistin sowohl junge Formulierungen gefunden wie „ein Multiplikator sein“ als auch Bilder, die schon „ewig und drei Tage“ in unserem Wortschatz sind, wie das „fünfte Rad am Wagen“ – das hat man schon vor über 800 Jahren so gesagt. Es gibt auch Bilder, die sie nicht kannte: Die berlinerische Wendung „Ne kleene Fuffzehn machen“ für „eine kurze Pause einlegen“ oder „seinen Dreier dazugeben“. „Das kommt aus dem Münzwesen, der Dreier war eine sehr geringe Münze, und das hat man auf jemanden übertragen, der überall seine Meinung dazu gibt.“

Nicht nur im Deutschen verbirgt sich Mathe in der Sprache: Auch Franzosen und Engländer machen zum Beispiel „die Rechnung ohne den Wirt“ – „compter sans son hôte“, beziehungsweise „to reckon without one’s host“.

Und obwohl es sich bei den Bildern natürlich nicht um hochmathematische Dinge handelt, sondern um das, was Menschen in ihrem täglichen Leben bewegt, halten sich hartnäckig Ausnahmen in unserer Sprache versteckt: Viele Menschen sprechen etwa von der „Quadratur des Kreises“, ohne den Hauch einer Ahnung zu haben, was das eigentlich ist. „Das funktioniert, weil wir diese Formulierungen auch lernen können wie Vokabeln, wir lernen zu verstehen, in welchem Zusammenhang ein solches Bild benutzt wird.“

Jetzt schlägt’s 13

Hauptsächlich haben normale Menschen, die also nicht gerade Mathematiker sind, es jedoch mit Zahlen und geometrischen Dingen zu tun, deshalb finden sich in unserer Sprache auch viele Bilder aus diesen Bereichen – von der „Dreiecksbeziehung“, über den „Freundeskreis“ und die „Quadratlatschen“ bis zu „jetzt schlägt’s 13“. Das hat mit der Uhr zu tun, erklärt Pölzl: „Dreizehn kann es ja gar nicht schlagen, sondern höchstens zwölf, und wenn es dreizehn schlägt, dann ist man sozusagen so weit drüber, dass jetzt wirklich das Ende von etwas gekommen ist“.