Essen. Mit einer Samenspende helfen Männer Paaren, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Wir haben drei Spender gefragt, was sie antreibt.
Ein eigenes Kind ist der sehnlichste Wunsch vieler Paare. Aber was, wenn es einfach nicht klappen will? Die heterogene Insemination, also die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen, ist eine Methode, mit der Eltern sich ihren Kinderwunsch erfüllen können. Doch dafür braucht es Männer, die ihr Sperma spenden. Ihre Stimme hört man selten. Was bringt diese Männer dazu, ihre Samen anderen Paaren zur Verfügung zu stellen? Wie ist es, zu wissen, dass irgendwo fremde Kinder mit den eigenen Genen herumlaufen?
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Wir haben mit drei Spendern darüber gesprochen: Jan, 31, von Beruf Arzt, hat in zweieinhalb Jahren über 70 Samenspenden abgegeben. Bislang weiß er von drei Kindern, die mit seiner Hilfe gezeugt wurden. Der 36-jährige Christian ist schon seit vier Jahren Spender, hat in dieser Zeit über 140 Mal gespendet. Auch er weiß schon von mehreren Kindern. Nicht so Historiker Lars, der erst seit einem dreiviertel Jahr dabei ist. Um ihre Anonymität zu wahren, haben Jan und Lars es vorgezogen, unsere Fragen schriftlich zu beantworten.
Was hat Sie dazu bewogen, Samenspender zu werden?
Jan: Ich komme selbst aus einer Großfamilie. Kinder wurden bei uns immer als Bereicherung gesehen. Sie sind unsere Zukunft und werden in unserer überalternden Gesellschaft dringend gebraucht. Ich finde, Menschen, die bewusst ihre kostbare Zeit und ihr Herzblut in eine eigene Familie investieren möchten, sollte mit Informationen und passenden Angeboten wie Samenspende geholfen werden.
Lars: Ich finde es schön, mit wenig eigenem Aufwand anderen dabei helfen zu können, ihren Traum vom Kind zu erfüllen. Außerdem mag ich den Gedanken, an dem Entstehen von neuem Leben beteiligt zu sein.
Christian: Ich habe selbst Freunde, bei denen es mit dem Kinderwunsch nur schwer oder gar nicht geklappt hat. Kinderlosen Paaren zu helfen, ist eine Motivation. Aber ohne Aufwandsentschädigung würde man es auch nicht machen. Außerdem ist es natürlich schmeichelhaft, wenn man als Spender die Qualitätsanforderungen erfüllt.
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Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie erfuhren, dass zum ersten Mal ein Kind durch eine Ihrer Spenden gezeugt wurde?
Christian: Wenn ein Kind geboren wird, bekommt man einen Brief, so eine Art Geburtsbescheinigung in Beamtendeutsch, mit dem Hinweis, dass die eigenen Daten auf 110 Jahre im Spenderregister gespeichert werden. Am Anfang staunt man natürlich. Es ist für mich immer irgendwie unwirklich, im Grunde völlig unemotional.
Jan: Ich habe mich sehr gefreut, anderen Menschen bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches geholfen zu haben, und wünsche den Kindern und Eltern viel Glück und Gesundheit im gemeinsamen Leben.
Lars: Ich bin noch nicht lange dabei, meines Wissens wurde noch kein Kind durch meine Spenden gezeugt. Ich freue mich aber auf diesen Moment.
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Haben Sie ein Interesse daran, die Kinder einmal kennenzulernen? Wünschen Sie sich Kontakt?
Jan: Wenn die Kinder den Wunsch haben, ihren Spender kennenzulernen, bin ich gerne dazu bereit. Die für die Erziehung verantwortlichen Erwachsenen sind aus meiner Sicht die wahren Eltern des Kindes. Ich bin lediglich der Helfer. Ich respektiere die Privatsphäre und die Selbstbestimmung von anderen Familien. Wenn ich bei der Identitätsfindung der Kinder behilflich sein kann, mache ich das gerne.
Lars: Über den Kontakt würde ich mich auf jeden Fall freuen. Da man biologisch verbunden ist, sind das für mich ja nicht „irgendwelche“ fremden Kinder. Es würde mich schon interessieren, wie sie leben und wie es ihnen geht.
Obwohl Sie als Spender per Samenspenderregistergesetz von jeglichen Pflichten gegenüber den Kindern befreit sind: Fühlen Sie eine Art von Verantwortung für die Kinder, die durch Ihre Spenden gezeugt wurden?
Jan: Für alles, was ich in meinem Leben tue, fühle ich eine Verantwortung. Für mich sind Verantwortung und Hilfe anderen gegenüber Leitprinzipien ethischen Handelns.
Christian: Ich kann nicht sagen, dass ich mich irgendwie verantwortlich fühle. Ich sehe mich vielleicht als Erzeuger, aber nicht als Vater. Das würde ich auseinanderhalten.
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Weiß Ihr Umfeld, dass Sie Spender sind?
Jan: Meine Eltern und engsten Freunde wissen es. Ihre Meinung zu dem Thema war mir im Vorhinein wichtig. Meine Partnerin unterstützt mich darin voll und ganz. Wir wollen irgendwann auch mal gemeinsame Kinder, aber lassen uns damit noch etwas Zeit.
Christian: Außer meiner Frau muss es keiner erfahren. Wir haben im Vorfeld darüber gesprochen und sie war sehr begeistert. Dann gab es Phasen, in denen sie es nicht so gut fand. Mittlerweile ist es für uns beide Routine. Wir haben schon ein gemeinsames Kind, das zweite ist auf dem Weg. Das ist emotional auf keine Weise vergleichbar.
Lars: Meine Eltern wissen es (und finden es gut), ebenso ein Freund. Ich spreche darüber sonst nicht und von allein kommt das Thema nicht auf.
Manche Spenderkinder kritisieren, dass bei der Spende nur an die Eltern gedacht wird, die sich ein Kind wünschen. Nicht aber an das Kind, das früher oder später herausfinden möchte, wie es entstanden ist. Machen Sie sich darüber Gedanken?
Jan: Alle Kinder teilen das Schicksal, dass sie über ihre Entstehung nicht selbst entscheiden können. Eltern, die sich bewusst für eine Kinderwunschbehandlung entscheiden, tun dies mit dem Wunsch, sich gut um ihr Kind zu kümmern. Liebe und Fürsorge sind aus meiner Sicht die entscheidenden Faktoren für das Lebensglück des Kindes. Insofern bin ich mir sicher, dass die Kinder froh sind, dass ihre Eltern diesen Weg gewählt haben. Jedes Kind hat mit eintretender Volljährigkeit die Möglichkeit, seinen genetischen Ursprung zu erfahren, insofern wird aus meiner Sicht diesem Wunsch nachgekommen.
Lars: Ich kann das sehr gut verstehen, ich hätte diesen Wunsch nach mehr Information an ihrer Stelle auch. Meiner Meinung nach tun sie der Beziehung zum Nachwuchs keinen Gefallen, wenn Eltern dem Kind seine oder ihre Herkunft lange verschweigen – aber das muss jeder selbst wissen.
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