Essen/Duisburg. Fallen, fremdgehen, nackt sein: Jeder von uns hat verrückte Träume. Aber was haben sie für eine Bedeutung? Traumexperten aus NRW geben Antworten.
Jemand verfolgt mich. Ich will wegrennen, komme aber nicht von der Stelle. Im nächsten Moment wache ich auf und bin froh, dass alles nur ein Traum war. Sind die Bilder, die sich vor wenigen Sekunden noch so real angefühlt haben, damit bedeutungslos oder will mir mein Unterbewusstsein etwas bestimmtes sagen? Wir haben zwei Traumexperten aus NRW gefragt.
„Dazu gibt es verschiedene Theorien“, antwortet Jan Marxmeier, Facharzt für Allgemeinmedizin, Hypnose und Hypnotherapie in Essen. Viele Menschen würden Träume als bedeutungslose Bilder im Gehirn betrachten. Aus naturwissenschaftlicher Sicht habe der Traum eine neurophysiologische Funktion, durch die Informationen im Gehirn verarbeitet und gespeichert werden. Aus psychologischer Sicht sei der Traum ein Ausdruck unbewusster Erlebnisse und gebe dem Menschen Hinweise darauf, wie gut oder schlecht es ihm zurzeit geht.
Was bringt es uns, wenn wir uns mit unseren Träumen auseinandersetzen?
„Ich glaube, dass ganz viele Menschen immens darunter leiden, dass sie sich nur mit ihrem rationalen Verstand identifizieren“, erklärt der Essener Experte. Denn: Tief in unserem Herzen seien wir unlogisch und irrational. „Wenn man sein Unbewusstes akzeptiert und anschaut steht man in einer guten Kommunikation zu sich selbst und das kann das Leben deutlich erleichtern“, sagt Marxmeier.
Was sind häufige Traumsymbole und was sagen sie über meine Psyche aus?
„Mit jedem Traumsymbol möchte uns das Unbewusste etwas sagen, dass das Bewusste noch nicht weiß“, erklärt Jens von Lindeiner, Diplom-Psychologe und Hypnosetherapeut in Duisburg. Ein Traumsymbol verallgemeinert zu deuten, sei aber nicht möglich. „Zwei Menschen können exakt den identischen Traum träumen und bei beiden kann er völlig unterschiedliche Bedeutungen haben“, so der 54-Jährige.
„Wer den Traum eines Menschen deuten möchte, der muss sich zunächst mit dem Menschen als Individuum beschäftigen“, sagt auch Marxmeier. Bei Traumsymbolen, die häufiger vorkommen, könne man zumindest eine Tendenz erkennen. Hier ein paar Beispiele:
- Ich möchte schnell wegrennen, komme aber nicht von der Stelle.
„Hier müssen zunächst einige Fragen geklärt werden“, sagt von Lindeiner. „Wie fühlt sich dieses ‘nicht von der Stelle kommen’ an? Werden Sie von hinten festgehalten? Steht Ihnen etwas im Weg? Oder sind Ihre Füße wie im Boden verschmolzen? Haben Sie Angst oder fühlen Sie sich schwach?“ All diese Punkte müsse man bei der Bewertung beachten. Eine häufige Interpretation sei zum Beispiel, dass sich der Träumende im realen Leben in einer Situation befindet, aus der er eigentlich flüchten möchte. Das könne die Wohnsituation, der Job oder eine Beziehung sein.
- Ich bin plötzlich wieder mit meinem Ex-Partner zusammen, obwohl ich längst einen neuen Partner habe. Nun habe ich versehentlich zwei Partner.
„Unser Unbewusstes denkt nicht logisch-rational, sondern emotional-irrational“, betont Marxmeier. „In Ihrer aktuellen Lebenswirklichkeit scheint es nicht möglich zu sein, zwei Partner zu haben, für ihr Unbewusstes ist das gar kein Problem.“ Fragen, die man sich hier stellen könne: Ist die ehemalige Beziehung emotional wirklich abgeschlossen? Will ich dem anderen noch etwas sagen? Bin ich noch wütend, habe Schuldgefühle oder den Schmerz der Trennung versucht mit allen Mitteln zu verdrängen, anstatt ihn zu verarbeiten?
- Fallen und beim Aufprall aufwachen.
„Dieses Traumsymbol taucht möglicherweise dann auf, wenn man versucht, jemand zu sein, der man eigentlich nicht ist“, sagt Jan Marxmeier. Man habe in dem Fall ein völlig falsches Selbstbild und falle so auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Fall stehe aber häufig auch für den Kontakt zweier sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten, die in einem Menschen vorkommen. Hier werde Balance geschaffen, wenn man zum Beispiel im Beruf extrovertiert und zielstrebig ist, im Privaten aber eher introvertiert und unsicher.
- Ich bin nackt in der Öffentlichkeit.
„Hier kann es beispielsweise darum gehen, dass man sich unscheinbar fühlt, weil man sich hinter etwas versteckt, eigentlich aber das Bedürfnis hat, sich viel mehr zu zeigen“, so Marxmeier. „Empfindet man das Nacktsein im Traum jedoch als peinlich, ist es oftmals ein Symbol für Schuldgefühle, weil man etwas tut, das sich eigentlich nicht gehört.“ Letzteres könne generell der Fall sein, wenn man im Traum Dinge tut, die einem peinlich sind.
Was kann man gegen Alpträume tun?
„Bitte tun Sie nichts dagegen“, betont Marxmeier. Es gebe keine schlechten Träume, nur Träume, die keinen Spaß machen. „Mit Alpträumen verarbeiten Sie Dinge, die sie belasten. Akzeptieren Sie ihn und sehen Sie ihn als Lösung, für ein schlechtes Gefühl.“ Am Tag nach dem Alptraum fühle sich ein Problem oftmals gar nicht mehr so schlimm an.
Auch interessant
Kann ich meine Träume selbst deuten?
„Das können Sie, wenn Sie ehrlich zu sich selbst und vor allem reflektiert sind“, sagt Jens von Lindeiner. Dazu lege man sich am besten Zettel und Stift neben das Bett, um gleich nach dem Aufwachen aufzuschreiben, was man in der Nacht geträumt hat. „Ganz ohne Wertung und ohne groß drüber nachzudenken“, so der Experte. Zehn Minuten später könne schon die Hälfte des Trauminhalts wieder vergessen sein. Erst später am Tag solle man über die Bedeutung des Traums nachdenken.