Dürre, Hitze, Starkregen: Der Klimawandel zwingt die Landwirtschaft zur Umstellung. Pflanzen müssen hohe Temperaturen und Trockenheit aushalten.
Der Weltklimarat schätzt, dass sich die durchschnittliche globale Temperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts deutlich erhöht. Steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmengen sind Folgen des Klimawandels. Diese Veränderungen haben einen großen Einfluss auf die Ernteerträge unserer Nutzpflanzen.
Wissenschaftler sind sich sicher: Die Erderwärmung wird überwiegend zu einer Verschlechterung der Bedingungen und damit zu einer Verringerung der Ernteerträge führen. Dies erschwert die Ernährungssicherung. Die Landwirtschaft muss sich massiv umstellen.
Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen testet neue Getreide in Sortenversuchen. „Derzeit testen wir Sorghum (Anm. d. Redaktion: Sorghum ist eine Hirsepflanze, die wärme- und lichtliebend, zudem ziemlich trockenheitsresistent ist) als Maisersatz und auch Soja wurde bereits getestet. Wir raten auch vermehrt zu Rogen, der kommt besser mit Trockenheit klar“, sagt Sprecherin Lea-Kathrin Piepel. Auch Wintergerste habe Zukunft, die bekomme ausreichen Winterfeuchtigkeit ab. „Es empfiehlt sich aber immer, sich breit aufzustellen“, so Piepel. Ideal sei „eine Mischung aus Sommer- und Wintergetreide, um das Risiko zu streuen. Klar ist aber: Ohne Wasser geht es nicht, darum geben wir vermehrt auch Beregnungsberatung“, sagt Piepel.
Feldversuche mit Soja
Franz Schulz ist Leiter der Versuchsstation auf dem Gladbacherhof, einem Lehr- und Versuchsbetrieb für Ökologischen Landbau der Universität Gießen. Seit 23 Jahren machen die Wissenschaftler auf dem Gladbacherhof unter anderem Feldversuche mit Soja: Unterschiedliche Reihenweiten, verschiedene Sorten, Anbau zusammen mit Weizen. In den vergangenen Jahren hätten sich die Trockenperioden ausgedehnt, manchmal regne es vier, fünf Wochen nicht, berichtet Schulz. Der Sojabohne mache das nichts aus. Sein Fazit aus all den Versuchen: „Soja könnte eine Pflanze der Zukunft werden.“
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Mit dem Klimawandel rücken in der Landwirtschaft auch in Deutschland Nutzpflanzen in den Blick, die mit Trockenheit und Sonne gut klarkommen. „Der Klimawandel eröffnet uns Anbaualternativen“, sagt Werner Vogt-Kaute, Fachberater beim Naturland-Verband für ökologischen Landbau.
Auf seinem Nebenerwerbs-Hof in Bayern macht er gerade mit Soja Kühle-Toleranz-Versuche. Außerdem ist er „bei Platterbsen eingestiegen“, wie er sagt. Die Hülsenfrucht sei in Deutschland im Mittelalter viel angebaut worden und dann in Vergessenheit geraten. „Aber sie kommen mit Trockenheit gut zurecht.“ Gerade habe ein Landwirt bei ihm angerufen und nach Tipps für den Anbau von Linsen gefragt, erzählt Vogt-Kaute. Auch diese Hülsenfrucht sei in Deutschland bis zum Zweiten Weltkrieg angebaut worden, „dann ging es quasi auf null runter“. Jetzt erlebten Linsen eine Renaissance.
Hirse trotzt der Trockenheit
Die Rispen-Hirse war ein wichtiges Nahrungsmittel bis zum 17. Jahrhundert, verschwand dann aber von den Tellern. „Jetzt profitiert sie vom Trend zur vegetarischen Ernährung“, erklärt Vogt-Kaute. Auch Hirse kann Trockenheit und Sonnenschein gut vertragen.
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Ähnliches gilt für Buchweizen: Das Knöterichgewächs mag arme Böden und war lange im Nordwesten und Osten verbreitet. Der Buchautor Stevan Paul hat in sein Kochbuch „Deutschland vegetarisch“ das alte Rezept „Bookweeten Janhinnerk“ aufgenommen, plattdeutsch für den Emsländer Buchweizenpfannkuchen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Buchweizen von Getreide und Kartoffeln verdrängt, schreiben Thomas Miedaner und Friedrich Longin in dem Buch „Unterschätzte Getreidearten“.
Mehr Vielfalt in der Landwirtschaft
Die beiden Wissenschaftler der Universität Hohenheim plädieren für mehr Vielfalt in der Landwirtschaft und auf dem Teller: Von weltweit 380.000 Pflanzenarten seien 30.000 essbar, doch nur 30 Pflanzenarten erzeugten 95 Prozent der weltweiten Kalorien. „Gerade im Hinblick auf den globalen Klimawandel kann es wichtig werden, Getreideformen zu haben, die besonders widerstandsfähig gegen Trockenheit, Hitze, Salz oder Ozon sind.“
Als „Art für die Zukunft“ preisen Miedaner und Longin zum Beispiel den Amarant. Er kommt aus Zentral- und Südamerika; Azteken, Inka und Maya hätten ihm eine „lebensverlängernde Wirkung“ zugeschrieben. Quinoa entstammt der Andenregion Südamerikas und war bei den Inka Grundnahrungsmittel. Quinoa, Buchweizen und Amarant zeichne unter anderem ein hoher Lysingehalt aus, eine essenzielle Aminosäure, die der Körper nicht selbst herstellen könne, so die Autoren.
Doch gerade der Anbau neuer Arten hat seine Tücken: So probieren zwar einige deutsche Landwirte Kichererbsen aus, die normalerweise am besten in subtropischen Gebieten gedeihen. „Wenn es aber zur Ernte regnet, blühen sie wieder“, erklärt Naturland-Berater Vogt-Kaute. Im vergangenen eher verregneten Sommer haben seinen Angaben zufolge nur zwei Landwirte rund um Berlin gut geerntet.
Bei Trockenbohnen, unter die auch Kidneybohnen fallen, gebe es eine „Riesen-Nachfrage“, aber man brauche für die Ernte Spezialmaschinen. Weiße Lupinen - Ursprung Mittelmeerraum, geeignet zum Beispiel als Kaffee-Ersatz - haben schwer unter einer Pilzinfektion gelitten, wie Tanja Schäfer, Professorin für Pflanzenbau und Nachhaltige Anbausysteme an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest, ausführt. Eine Neuzüchtung lasse die Anbaumengen nun wieder steigen.
Widerstandsfähiger Roggen
Manche Wissenschaftler setzen auch weiter auf Roggen. Egal ob es mal richtig kalt ist, es kaum regnet oder der Boden fast nur aus Sand besteht: Dieses Getreide kommt mit vielem klar. Auch wenn er nicht gedüngt wird, liefert der Roggen noch Körner. Deswegen wurde Roggen früher bei uns sehr viel angebaut. Das meiste Brot wurde damals aus Roggen gebacken. Heute ist das anders: Auf den Feldern wächst viel mehr Weizen und Gerste als Roggen. Doch die Wissenschaft interessiert sich für Roggen, auch wegen des Klimawandels. Wenn es in Zukunft weniger regnet und heißer wird, könnte Roggen leichter anzubauen sein als etwa Weizen. In der Stadt Halle gibt es ein Feld, auf dem schon seit langer Zeit Roggen angebaut wird, aber in verschiedenen Abschnitten und unter verschiedenen Bedingungen. Zum Beispiel werden auf den Abschnitten verschiedenen Düngemitteln verwendet, oder gar keine. So können Forschende sehen, womit der Roggen wie gut wächst.
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„Der Klimawandel wird viel mehr möglich machen“, sagt Franz Schulz, Leiter der Versuchsstation auf dem Gladbacherhof, nachdenklich. Einige Kulturen werden an Bedeutung verlieren, weil das Anbaurisiko steigt. Aber Neues kommt hinzu – daran arbeitet er.
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