Bochum. Wie ernährt man sich heute gesund, ohne dass es im Alltag nervt? Diese 10 Tipps einer Ärztin haben sich im Praxis-Test bereits bewährt.
Gesund essen und dabei abnehmen? Das soll funktionieren. Wie es gelingt, mit fünf Mahlzeiten täglich schlank zu werden, erklärt die Bochumer Fachärztin Dr. Meike Diessner in ihrem ersten Buch: Das „Clean-Eating-Konzept“ mit dem Titel „Natürlich schlank“ setzt auf zehn Gebote. Erlaubt sind auch mal das Glas Wein am Abend oder eine schnelle Pommes von der Bude. Sport und Bewegung kurbeln den Stoffwechsel an, doch keiner muss Hochleistungen vollbringen.
Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern mit Hintergrundwissen, rät die Bochumer Fachärztin Dr. Meike Diessner ihren Patienten und Patientinnen, aber auch allen anderen, zum „Clean Eating“. In einer Ernährungs-Challenge im Fernsehen, die sie vor zwei Jahren medizinisch begleitete, will die gebürtige Mülheimerin die heilende Wirkung des „reinigenden, Sauberen Essens“ entdeckt haben.
Frische, regionale und unverarbeitete Speisen
Bei dieser Ernährungsform kommen möglichst frische, regionale und unverarbeitete Speisen auf den Tisch. Die Idee ist nicht neu. „Clean Eating“ mit den gesunden Bowls eroberte aus Großbritannien ab Mitte der 2010er Jahre deutsche Diätküchen. Kochbuchautorinnen wie Ella Mills, Natasha Corret und die Hemsley-Schwestern („Natürlich gut essen“) hatten die Lifestyle-Ernährung geprägt. Typisch sind (Bio-)Gemüse, Nüsse, Reis sowie Hummus oder Joghurt. Auf Geschmacksverstärker, Aroma-, Farb- und Konservierungsstoffe sowie auf raffinierten Zucker wird weitestgehend verzichtet. Manche Anhänger meiden zudem Gluten, Getreide und Kuhmilchprodukte und essen Rohkost sowie Fleisch oder Fisch in Maßen.
Schokolade oder Reiswaffel? Chips oder Knäckebrot? Die Versuchungen im Alltag sind groß. Wie streng muss man mit sich sein? „Essen soll Spaß machen und schmecken. Aber es soll uns gleichzeitig auch mit allem versorgen, was der Körper benötigt“, so Dr. Meike Diessner. Kleine Sünden sind ab und zu erlaubt. Richtschnur ist das 80:20-Prinzip: Wer sich zu 80 Prozent an die Vorgaben hält, darf bei 20 Prozent der Ernährung zum Ungesunden greifen.
Die Ernährungsexpertin hinterfragte das „Clean-Eating-Konzept“ und fasste die Ergebnisse in einem gut lesbaren und verständlichen Taschenbuch zusammen. Die Illustrationen darin hat ihre Schwester, Lisa Diessner, gestaltet. Geschrieben sei das Buch für Menschen, „die endlich in ihrem Leben etwas ändern wollen. Die ihre Nase voll davon haben, dick, schlapp und schlecht gelaunt zu sein“, so die Autorin.
Die Tipps helfen auch die Haut zu verbessern
Auf 288 Seiten erfahren Gesundheitsbewusste und Diätgeplagte die Vorteile des „Clean Eating.“ Die Ernährungsmedizinerin isst selbst seit zwei Jahren nach ihren Regeln. Die schlanke 44-Jährige hat ein paar Kilos verloren. Doch sie freue sich auch über ein besseres Hautbild. „Ich bekam früher bei viel Stress und einer unausgewogenen Ernährung eine Nesselsucht, die sich im Gesicht und über meinen ganzen Körper ausbreitete.“ Den roten, juckenden Ausschlag sei sie los, seit sie Kuhmilch-Produkte, industrielle Zusatzstoffe und raffinierten Industriezucker meide. Zudem fühle sie sich körperlich und geistig fitter. „Im Laufe der Zeit waren meine Symptome so schlimm, dass ich morgens im Spiegel eher aussah wie E.T. Mein Gesicht war aufgedunsen, Coolpacks und Kortison-Cremes wurden meine besten Freunde“, erinnert sie sich.
Kohlenhydrate, gesunde Fette und Eiweiße gehören zum Konzept. Wer wie die Leiterin der „Praxis für Integrative Orthopädie Bochum“, Sport- und Ernährungsmedizinerin essen möchte, findet die wichtigsten Regeln in zehn Geboten zusammengefasst:
1. Lerne cleane Lebensmittel kennen. Entlarve falsche Freunde und Diät-Mythen: Ich zeige dir, was wirklich schön und schlank macht.
2. Iss regelmäßig, statt zu hungern. Fünf feste Mahlzeiten am Tag für mehr Sicherheit und weniger Gelüste.
3. Setze auf eine vollwertige Mischung mit meiner Schlank- und Schön-Formel. Kombiniere komplexe Kohlenhydrate, fettarme Proteine und gesunde Fette.
4. Kenne das Maß deiner Portionen. Es kommt eben doch auf die Größe an: Auch bei „gesund“ gibt’s ein Zuviel.
5. Achte auf die Herkunft und Qualität deiner Nahrung. Wähle saisonale und regionale Lebensmittel.
6. Sei kreativ, probiere (dich) aus. Experimentiere mit neuen cleanen Nahrungsmitteln für abwechslungsreiche Genüsse.
7. Trink dich schön. Täglich zwei bis zweieinhalb Liter Wasser und Kräutertee.
8. Liebe dich selbst, erst dann deinen Nächsten. Pflege achtsam deinen Körper – von außen und innen.
9. Vermeide Stress: Vergleiche dich nicht mit anderen. Sei wachsam, verändere Schritt für Schritt deine Ernährungsgewohnheiten und setze dir individuelle Ziele.
10. Gönn dir‘ auch mal was! Dauerverzicht bringt nichts: 80:20 regelt’s für dich.
Fehlt da nicht der Sport? „Nein“, sagt Dr. Diessner. „Regelmäßige Bewegung ist gut für den Stoffwechsel, aber Sport ist nicht der Major-Faktor fürs Abnehmen.“ Man gehe heutzutage davon aus, dass die Ernährung 80 Prozent, Sport und genetische Faktoren zu 20 Prozent am Erfolg einer Gewichtsreduktion beteiligt sind. Das freue nicht zuletzt viele Patienten, die unter Gelenkschmerzen leiden. Und noch eine frohe Botschaft gibt es: Essen gehen, eine Tafel Schokolade oder eine Tüte Chips weghauen, ist ohne schlechtes Gewissen erlaubt. Wenn es die Ausnahme bleibt.
Vorsicht bei Fertigprodukten
Bei Fertigprodukten warnt Doc Diessner vor versteckten Zutaten. Manche Sorten Soja- oder Hafermilch enthielten zudem viel Zucker sowie ein „Portfolio chemischer Zusätze, die beim Lesen die Zunge verknoten“. Ein Vergleich im Regal lohne sich. Auf Dauer schlecht für den Stoffwechsel seien Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker wie Hefeextrakt. Dahinter verstecke sich nichts anderes als industrielles Glutamat. Das ist neben süß, sauer, bitter und salzig die fünfte Geschmacksrichtung. Glutamat findet sich als Zusatz in Fertig- und Tiefkühlgerichten sowie Gewürzmischungen, kommt aber auch natürlicherweise als Eiweißbaustein in Tomaten, Käse, Fleisch und Soja vor.
„Mit Clean-Labeling“, so Doc Diessner, versuche die Industrie die Verbraucher unter anderen Namen zu täuschen. Bei Getreide rät die Autorin zu Vollkornvarianten. So gelingen gesunde Plätzchen und ein ebensolcher Kuchen. Perfekt, wenn man den Zucker darin durch natürliche Süßungsmittel wie Bananen oder Datteln ersetzt.
Erfahrungsberichte zeigen: Die Methode wirkt
„In meinem Praxisalltag erlebe ich, welchen frappierenden Einfluss Nahrung auf die Gesundheit haben kann. Sogar unsere Stimmung wird maßgeblich vom Essen beeinflusst“, betont die Expertin. Warum viele Diäten zum Scheitern verurteilt sind, erklärt sie ebenfalls. Und blickt auf Vorher-Nachher-Erfahrungen bei den Probanden der Diät-Challenge im TV zurück: Nach je einer bestimmten Methode sollten drei Paare abspecken.
„Ein Paar habe ich auf mein Konzept eingestellt. Die Frau litt an Übergewicht und damit begünstigten Erkrankungen. Sie hatte eine Fettleber, eine entzündliche Darmerkrankung und Bluthochdruck. In der Voruntersuchung berichtete sie von Nahrungsmittelunverträglichkeiten und chronischer Müdigkeit.“ Nach drei Monaten sei sie neun Kilo leichter gewesen.
„Ihr Darm hatte sich erholt, die Leber- und Blutfettwerte waren wieder normal.“ Das Beste aber: „Die Patientin sprühte vor Lebensfreude und Energie.“ Dr. Meike Diessner stieg tiefer ins Thema ein. Auch persönlich: Butterkekse und literweise Cola Zero in der Mittagspause ersetzte sie durch gesundes Gemüse oder Obst. Wasser, Kräuter- oder Grüntee wurden ihre liebsten Getränke.
So viel Fleisch und Fisch sind gesund
Berufstätige und Mütter mit wenig Zeit müssten bei dieser Ernährung nicht verzweifeln. Das Konzept ließe sich leicht in den Alltag integrieren. Manches braucht einfach nur etwas Vorplanung. Frisches Gemüse etwa holt die Medizinerin gern auf Vorrat und friert es portionsweise ein.
Apropos: Auch die Menge spielt natürlich eine Rolle, wenn es ums Abnehmen geht. So können selbst gesunde Fette im Übermaß Wunschfigur-Endgegner sein. Erlaubt seien ein Stück Fleisch oder Fisch (zweimal pro Woche) in Handtellergröße und Dicke. Eine Kaffeetasse vollwertige Kohlenhydrate sowie bei Fetten ein Esslöffel pro Portion. Das sind einfache Maße, die sich jeder merken kann. Kalorienzählen oder Abwiegen entfallen. Dafür dürfen sich Leser auf Rezepte und Tipps zum Zubereiten freuen. Die finden sich zudem auch auf Doc Diessners Instagram-Account.