Bedburg-Hau. Der Park von Schloss Moyland ist zugleich die größte und grünste Ausstellungsfläche - mit zahllosen Skulpturen, Kräutern und Hortensienpracht.
Es gibt Orte, an denen laufen sich die Hauptattraktion und das entzückende Drumherum gegenseitig den Rang ab. Und ganz gewiss zählt Schloss Moyland mit seinem wunderschönen Schlosspark dazu. Denn als ob es nicht schon reichte, dass das neogotisch restaurierte Gemäuer so märchenhaft in der Landschaft liegt und in seinem Inneren in fast nüchternem Weiß und mit Marmor den weltweit größten Bestand an Werken von Joseph Beuys beherbergt, als ob das also nicht schon reichte, erstrecken sich drumherum sechs Hektar gemischte Parkanlage, inklusive Skulpturenpark, Hortensien- und Kräutergarten. Es ist ein Pfund, mit dem das Museum durchaus selbstbewusst umgeht: „Zu uns fährt man als Ausflugsziel, auch wegen der Verbindung von Kunst und Natur. Wir machen viele Ausstellungen, die sich auf das Naturthema beziehen“, sagt Sofia Tuchard, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit für das Schloss.
Stahl mit einer gewissen Leichtigkeit
Als zu Beginn des Jahres die Museen geschlossen waren, konnte man auf Moyland immerhin noch eine aktuelle Ausstellung genießen, denn derzeit ist der Schlosspark gesäumt von den schmalen Stahlträger-Skulpturen des Bildhauers Robert Schad, die in immer neuen Verrenkungen und Verbiegungen vor sich hin rosten und trotz der Schwere des Materials eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlen.
„Der Skulpturenpark ist über die ganze Fläche verteilt. Das heißt: Der Park an sich ist eigentlich die größte Ausstellungsfläche, die wir hier haben“, sagt Tuchard. Nicht also das Schloss an sich mit Beuys, Beuys, Beuys, nicht die Ausstellungshalle in der Vorburg mit ihren Wechselausstellungen…
1050 Bäume, ein paar davon 300 Jahre alt
Dass man bei der Besichtigung durch eine Parkanlage wandert, in der sich barocker und englischer Landschaftsgarten mit dem Stil eines Architektonischen Gartens abwechseln, nimmt man beim Spazieren kaum wahr – genauso wenig wie die 1050 Bäume, von denen die ältesten drei schon vor 300 Jahren sprossen. „An dieser Stelle ist es besonders idyllisch, denn hier steht eine Bank unter dieser alten Eiche“, sagt Sofia Tuchard und deutet auf einen der Baumgreise. „Man sagt immer, da hat bestimmt schon Friedrich der Große gesessen, als er sich hier 1740 mit dem französischen Philosophen Voltaire getroffen hat.“ Das ist das weltpolitisch bedeutendste Ereignis in Moyland – und es ist im Inneren des Schlosses hinreichend dokumentiert. Auch wenn man dort den Teil mit dem Baum und der Bank vergeblich sucht.
Das Schöne beim Rundgang: Man kommt nicht an der Kunst vorbei. Im Schlossgraben dümpelt etwa eine gewaltige goldene Amphore vor sich hin, die den Titel „The Spinning Oracle Of Delphi“ trägt, vom Amerikaner James Lee Byars stammt – und die gern auch von den Vögeln aus dem Gewässer mit ihren Hinterlassenschaften beschmutzt wird. So ist das eben, wenn Kunst auf Natur trifft. Dort drüben steht Erwin Heerichs „Großes Pferd“, eine meterhohe Holzskulptur, die ein wenig wirkt, als hätten sich griechische Krieger darin versteckt und Moyland mit Troja verwechselt. Und an einen Baum genagelt hängt ein Ölgemälde der Malerin Friederike Hinz aus Schwalmtal-Lüttelforst, das hier in der Natur langsam verrotten soll.
Hortensien blühen auch ohne ihr eigenes Fest
Doch mal abgesehen von all der Kunst, reicht es manchem schon, die Pracht zu bewundern, die die Natur selbst erschafft – und zwar gerade jetzt, in den kommenden Wochen. Immer Mitte Juli, Anfang August sprießt es hier so opulent, dass Moyland in normalen Jahren sein eigenes Hortensienfest feiert. „Dann ist es hier überall rot, rosa, blau“, schwärmt Sofia Tuchard von den insgesamt 530 Hortensienarten, die sich auf 2000 Pflanzen verteilen. Das ist so viel, dass man im Hortensiengarten und drumherum schon mal den Überblick verlieren kann. Weshalb es QR-Codes an den meisten der Pflanzen gibt, die einem die wichtigsten Informationen aufs Handy hexen. In diesem Jahr wird es, wie leider 2020 coronabedingt auch schon, kein Wochenende mit einem eigens ausgewiesenen Hortensien-Fest geben. Aber man darf sich relativ sicher sein, dass die Absage noch keine Blume davon abgehalten hat, ihre Blüten zu entfalten – und dass sich ein Besuch allemal lohnt.
Ebenso wie ein Abstecher in den Kräutergarten, der nach historischen Vorbildern konzipiert wurde – und auch die Kräuter der Hildegard von Bingen enthält. Im Mittelpunkt des Gartens sprudelt der „Quellstein“ von Christoph Wilmsen-Wiegmann. „Der Garten wurde angelegt, nachdem ein mittelalterliches Buch gefunden worden ist, nämlich das Moyländer-Anholter-Kräuterbuch“, sagt Tuchard. Schloss Anholt, eine weitere niederrheinische Schönheit, liegt 25 Kilometer weit entfernt – beide Bewohnerfamilien waren miteinander verbandelt. Auch das jährliche „Kräutergartenfest“ konnte in diesem Jahr nicht stattfinden, aber es folgen bestimmt wieder würzigere Jahre.
„Der vom Himmel gefallene Beuys“
Irgendwann gelangt man in einen fast verwunschen wirkenden Laubengang, an dessen Ende man zur nächsten Skulptur gelangt. Doch egal welche Vorstellung der Bildhauer Gerhard Marcks 1966 im Sinn hatte, als er „Der Gefallene“ schuf, war es sicherlich nicht jene, die eine Spaziergängerin mal so nebenbei und poetisch ihren Begleitern entgegenwirft: „Ach, der vom Himmel gefallene Beuys!“, seufzt sie – und schlägt am Ende des Rundgangs wieder kongenial den Bogen zu dem was man nach dem Parkbesuch im Schloss anschauen mag.
Schloss Moyland, Am Schloss 4, Bedburg-Hau, 02843/1693361, Ausstellung für Erwachsene ab 7 €, Zugang zu Garten und Skulpturenpark 2 €.