Ruhrgebiet. Die Video-Reihe „Ruhr Kultur Vibes“ in Museen soll fit machen: Nicht nur der Körper wird trainiert, auch der Kunstblick.
Einatmen: eine Kuh. Ausatmen: eine Katze. Und bald schon machen wir den herabschauenden Hund. Dieses Schauspiel hätte Oskar Schlemmer, bekannt für das experimentelle Ballett am Bauhaus, bestimmt gefallen. Und das ausgerechnet vor seinem Gemälde „Fünfzehnergruppe“ von 1929. Dabei sind Kuh, Katze und herabschauender Hund nicht Teil einer tierischen Bühnenschau. Es handelt sich um Stellungen, die Yoga-Lehrer Dwayne Holliday im Lehmbruckmuseum in Duisburg vorführt im Rahmen der Video-Reihe: „Ruhr Kultur Vibes“.
Dabei werden Kulturstätten zu Fitnessstudios. Ruhr Tourismus, ein Tochterunternehmen des Regionalverbands, hat in Zeiten von geschlossenen Türen diese Reihe initiiert. Die Museen haben zum Teil zwar unter Hygieneauflagen und mit Zeittickets wieder geöffnet, aber die Yoga-Serie etwa in der Ludwiggalerie in Oberhausen und in den Kunstmuseen in Bochum und Gelsenkirchen bleibt im Netz.
Mit Kopf und Körper
Zunächst erzählt zum Beispiel Söke Dinkla, Direktorin am Lehmbruckmuseum, vom Werk des Bildhauers und der Architektur des Hauses. Nach einem Kunstkenner-Blick auf ein besonderes Gemälde oder eine Installation kommt die etwa 20-minütige Yoga-Einheit.
Schon vor dieser Aufnahme in Duisburg hatte Holliday Kontakt zu Wilhelm Lehmbruck: im Museum Ostwall im Dortmunder U. In der ersten Folge stand „Kopf eines Denkers“ im Fokus. Das Ideal des denkenden Menschen bekommt da einen Riss. Der Yogalehrer kann dem nur beipflichten. Nicht nur der Kopf, auch der Körper sei wichtig, um sich mit der Seele zu verbinden.
Eine Idee zu dieser Serie: Die Kunst neu wahrzunehmen, nachdem Atem und Gedanken zur Ruhe gekommen sind – und sich der Körper bewegt hat. „Ich kann nicht sagen, was die Leute anders sehen werden“, sagt der 42-Jährige mit amerikanischem Dialekt. „Nur dass sie anders sehen werden.“ Jeder kenne das, je nach physischem Zustand, ob man entspannt oder gehetzt sei, nehme man anders wahr.
Allein im Museum
Nach den Yoga-Einheiten konnte Holliday es selbst ausprobieren und durch die geschlossenen Museen gehen. Das sei etwas Besonderes, die Kunst alleine genießen zu dürfen. „Man fühlt sich sehr geehrt.“ Er habe beim Betrachten der Meister reflektiert: „Egal, wie groß man wird, man stirbt“, so Hollidays demütig machendes Fazit.
Er habe über seinen Ehrgeiz und Erfolg nachgedacht. Den Balletttänzer aus Louisiana hat es vor rund 15 Jahren zur Deutschen Oper am Rhein nach Düsseldorf und Duisburg geführt. Was hierzulande kaum einer wisse: „Deutschland ist ein Tanzmekka.“ Die Möglichkeiten seien vielfältig, sagt der heutige Tanzwissenschaftler. Erfolg habe er aber nun mit Yoga. Dabei habe er das nie angestrebt. Das sei eine schöne Erfahrung, ohne Stress etwas zu verfolgen – und gut darin zu sein.
Auch beim Yoga darf man Pausen machen
Verbissen sollten auch Yoga-Anfänger nicht an die Sache herangehen. Sie können bestimmt noch Kuh und Katze, beim herabschauenden Hund dürften Ungeübte schon ihre Probleme haben. Holliday empfiehlt Menschen mit wenig Yoga-Erfahrung zunächst die später aufgenommenen Videos anzuschauen. Also vielleicht nicht mit der ersten der fünf Folgen im Dortmunder U starten. Außerdem: „Man darf beim Yoga auch Pausen machen.“
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Und dann beruhigt der Wahl-Kölner, nachdem er sich sitzend mit ausgestreckten Beinen mal locker wie ein Taschenmesser zusammengeklappt und seine Füße geradezu umarmt hat: „Wenn du Orang-Utan-Arme hast wie ich, dann ist es vielleicht leichter.“ Aber wenn man T-Rex-Arme habe und nur bis zu den Oberschenkeln komme, sei das auch in Ordnung.
Wem das immer noch zu viel der Verrenkung ist: Diese Serie wird nun ergänzt durch Videos an Ruhrgebiets-Standorten wie der Jahrhunderthalle oder dem Eisenbahnmuseum in Bochum – Fitness-Trainerin Ann-Kathrin Woith lädt zum Schwitzen ein. Am Ende geht sie in den Vierfüßlerstand, mal lässt sie den Rücken durchhängen, mal macht sie ihn ganz rund. Im Yoga nennt man das: Kuh und Katze.
Ruhr Kultur Vibes: Yoga im Museum