Bochum. Fußball-Fetischist Ben Redelings aus Bochum hat aus seinem ultimativen Buch der Fußballsprüche für uns aus über 10.000 die 20 besten rausgesucht.
Es sieht nicht nur aus wie die Bibel, goldgestanzt auf weinrot – für Freunde des verbalen Fehlpasses ist es auch das Buch der Bücher, der Katechismus der Kickenden, ein Hochamt für unser Heiligtum rund ums runde Leder: „Das neue Buch der Fußballsprüche“ (Werkstatt-Verlag/19,90 Euro) des Bochumer Balletristikers Ben Redelings (44).
„Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf.“
Ben, du hast für uns deine Lieblings-Fußballersprüche aus über 10.000 ausgesucht. Was macht das perfekte Zitat aus?
Sprüche können anregend, philosophisch, hintersinnig oder einfach nur lustig sein. Die Zitate im Buch und diese kleine Auswahl decken genau diese Bandbreite ab – und spiegeln so die Welt des Fußballs und unsere gesamte Wirklichkeit wider. Das ist es auch, was mir so viel Spaß an und mit ihnen bereitet.
Warum sind Fußballer so dankbare Lieferanten?
Weil sie mitten im Leben stehen und häufig frei Schnauze Dinge sagen, die jeder von uns auch so gesagt haben könnte. Wenigstens war das früher so. Mittlerweile sind die allermeisten Fußballer jedoch etwas mediengeschulter als wir. Aber wenn man ehrlich ist: Auch die Allgemeinheit haut viele Sachen nicht mehr einfach so raus, wie es früher noch gang und gäbe war.
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Wieso liest man manche eigentlich noch zum xten Mal so gerne?
Weil sie einfach gut sind. Neulich rief jemand: „Mailand oder Madrid – Hauptsache …“ – und dann stimmte ein Chor ein: „Italien“! Den Spruch von Andi Möller kannst du als mittlerweile ausgelutscht verteufeln – aber er ist in seiner ganzen Schlichtheit als Gag immer noch fantastisch.
Gibt es internationale Unterschiede: andere Länder, andere Sprüche?
Nö. Den Trainer Ian Holloway kann man zum Beispiel durchaus als das Pendant zu Peter Neururer auf der Insel bezeichnen. Und wenn der Sachen sagt wie – „Ich liebe Blackpool. Wir sind uns sehr ähnlich. Wir sehen beide im Dunkeln besser aus“ –, dann könnte ich nur anhand der genannten Stadt erkennen, dass der Spruch nicht von Peter ist.
Bilden Typen wie Thorsten Legat eigentlich eine eigene Kategorie?
Der große und völlig unterschätzte Philosoph Thorsten Legat, der in seinem früheren Leben einmal sehr erfolgreich Fußball gespielt hat, erhält natürlich schon alleine aufgrund seines gewaltigen Schaffens einen Sonderstatus. Ich vergöttere übrigens regelrecht einen seiner prägenden Aussprüche, den man in seiner ganzen Intensität nicht von den großen Denkern der Zeitgeschichte unterscheiden kann: „Ich wüsste mehr, wenn ich es wüsste!“
Thorsten Legat, einer der großen Denker der Zeitgeschichte
Haben Aussagen von Amateuren nicht sogar noch mehr Wumms, irgendwie etwas erdiger?
Klar. Die machen Spaß und finden viel Raum im Buch. Äußerst beachtenswert, finde ich, ist die Rubrik der Kreisliga-Schiedsrichter-Sprüche im Buch. Mein Favorit: Spieler: „Das war doch Vorteil!“ – Schiri: „Wenn Sie den Ball haben, ist das kein Vorteil für Ihre Mannschaft!“
Wann hast du eigentlich angefangen mit dem Sammeln und wie muss man sich das vorstellen: mit Zettel und Stift die Sportschau gucken? Oder hast du früher schon für die Schülerzeitung die Lehrersprüche notiert?
Im „kicker“ und der „SportBild“, die ich beide leidenschaftlich seit frühester Kindheit bzw. seit ihrer ersten Ausgabe (SportBild, 1988) gelesen habe, gab es stets die herausgestellten Bonmots der Fußballer in einer extra Rubrik. Zu den Seiten habe ich immer direkt vorgeblättert. Und als ich mich 2009 für drei Jahre in mein Büro eingeschlossen und dieses nur für die Nahrungsaufnahme und -rückführung und die Heimspiele meines geliebten VfL verlassen habe, weil ich für mein Buch „50 Jahre Bundesliga“ sämtliche alten Magazine von vorne bis hinten gelesen habe, da habe ich akribisch alles gesammelt, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Von diesen Fundstücken profitiere ich noch heute.
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der weltmeister der sprüche – ben redelings im interview
Bei TV-Kommentatoren wirken die Zitate allerdings manchmal etwas vorher zurechtgelegt, oder?
Eine der größten Koryphäen, den Reporter Wolff Fuss, habe ich einmal bei einer gemeinsamen TV-Sendung genau danach gefragt. Er hat Stein und Bein geschworen, dass er sich noch nie im Leben einen Spruch zuvor zurechtgelegt hat. Wenn man sich beispielsweise das beeindruckende Schaffen eines Werner Hansch anschaut, kann man das fast nicht glauben. Da sind in der Tat manchmal schon wahre Sprachakrobaten am Werk. Meinen tiefen Respekt haben sie!
Als Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur zeichnest du jedes Jahr den besten Fußballspruch mit aus. Unterliegt so etwas dem Zeitgeist?
Gute Frage. Und da ich keine Antwort drauf habe, überlegt einfach mal selbst. Die letztjährige Wahl gewann Imke Wübbenhorst. Sie war die erste Trainerin einer Oberligamannschaft der Männer. Und auf die Frage, ob sie eine Sirene auf dem Kopf tragen werde, damit ihre Spieler schnell noch eine Hose anziehen könnten, bevor sie in die Kabine komme, sagte sie: „Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf.“
Hand aufs Herz, es gibt schon so viele Büchlein und Internetseiten mit den besten Fußballsprüchen. Warum ist dieses das ultimative?
Ich will es mal so sagen: Wenn ich nur ein einziges meiner Bücher aus einem brennenden Haus retten könnte, dann wäre es dieses. Der Verlag hat es das „Buch der Bücher“ für jeden Fußballfan genannt. Und ja, da ist was dran. Man kann sagen: Zwischen zwei Buchdeckel ist unser aller Fußball-Leben gepresst – mit all den Facetten, die diesen wunderbaren Sport so einzigartig machen.
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Und hier kommen die Top-20!
Wolf-Dieter Poschmann
„Von Jürgen Kohler, den sie alle nur »Kokser« nennen, zurück zum heutigen Gegner Kolumbien – eine gelungene Überleitung wie ich finde.“
Dettmar Cramer
„Es hängt alles irgendwo zusammen. Sie können sich am Hintern ein Haar ausreißen, dann tränt das Auge.“
Garry Birtles (englischer Fußballer und Trainer)
„Als ich meine lange torlose Phase bei Manchester United hatte, haben die Leute zu mir gesagt, dass John Lennon noch leben würde, hätte ich damals auf ihn geschossen.“
Martin Driller
„Fußball ist wie eine Frikadelle – man weiß nie, was drin ist.“
Tommy Docherty (schottischer Spieler und Trainer)
„Gott sei Dank ist der Schiedsrichter mit seinen beiden Assistenten zusammen da draußen. Andernfalls hätten sie drei Spiele anstatt nur eins ruiniert.“
Dr. Müller-Wohlfahrt
„Wegen Gyula Lorant hätte ich beinahe aufgehört. Er hat mir mal erklärt, dass man einen herausgesprungenen Meniskus am besten mit der Eckfahne wieder reinhaut.“
Uli Maslo
„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte: der Trainingsplatz stand unter Wasser. Die gute: es ist keiner ertrunken.“
Gerry Francis
„Der Transfermarkt war so tot, dass ich mich selbst mit verstellter Stimme angerufen habe, um ein bisschen frischen Wind in die Sache zu bringen.“
Bernd Sobeck (der Berliner zu Gegenspielern, die er verwirren wollte)
„Buchstabier mal Acapulco!“
Johan Vermeersch (Präsident des FC Brüssel)
„Ich schmeiß nach der Saison beim FC Brüssel alle raus – bis auf die Waschmaschine. Sie war die Einzige, die das gemacht hat, wofür wir sie bezahlt haben.“
Berti Vogts
„Wenn ich übers Wasser laufe, dann sagen meine Kritiker: Nicht mal schwimmen kann er.“
Wolfram Wuttke
„Immer, wenn ich breit bin, werde ich spitz.“
Maurizio Sarri
„Ich weiß nicht, ob Juventus mich verändert hat. Meine Frau sagt, ich wäre immer noch das gleiche Arschloch!“
Heribert Faßbender
„Toulouse or not to lose, das ist hier die Frage. Bitte verzeihen Sie mir diesen kleinen Kalauer.“
Thomas Hitzlsberger
„Die Schweden sind wie die Mittdreißiger in der Disco: Hinten reinstellen und warten, ob sich was ergibt.“
Günther Jauch (zum Ausfall des Champions-League-Spiels Turin gegen Leverkusen wegen Nebels)
„Wenn der Nebel dick wie Calmund, sieht man nix im weiten Halbrund.“
Jürgen Klopp (über die BVB-Meisterfeier 2011)
„Wenn du das Glück an dem Tag eingesammelt hättest und es in die Welt rausgeschossen hättest, dann hätte noch ganz China gegrinst.“
Kreisligatrainer (zu seiner Mannschaft)
„Keine Angst vor dem Spiel am Sonntag. Wenn der Gegner was taugen würde, müsste er nicht in der Kreisklasse spielen.“
Thorsten Legat (nach seinem Wechsel zum VfB Stuttgart auf die Frage, wie er denn Spätzle fände)
„Die hab ich noch nicht probiert, aber im Allgemeinen mag ich Geflügel sehr gerne.“
John Lambie
Vereinsarzt: „McGlashan hat eine Gehirnerschütterung, und er weiß nicht mehr, wer er ist.“ Trainer John Lambie: „Oh, prima. Dann sag ihm, er ist Pelé und schick ihn zurück aufs Feld.“