Bochum/Hattingen. In der Coronakrise näht die Designerin Susa Flor nicht mehr Röcke und Blusen aus ökologischen Stoffen in Hattingen, sondern Mund-Nasen-Schutz.

Im letzten Sommer sind wir mit unserer Serie „Aus dem Nähkästchen“ an den Start gegangen – mit einem Artikel über Susa Flor. Damals haben wir uns mit der Bochumerin über ihre neue Modelinie unterhalten, über ökologische Stoffe, ausgefallene Schnitte, Röcke, Hosen, Blusen. Niemals hätten wir gedacht, dass wir wenige Monate später über diese Näharbeit sprechen würden: Mundschutzmasken.

Atemschutzmasken in Akkordarbeit

Susa Flors neue Kollektion liegt wie vieles zurzeit auf Eis: „Wir haben unser Fotoshooting abgesagt, unsere Modenschauen.“ Ausgebremst fühlt sich die 53-Jährige. Und dann kommt die Langeweile – und mit ihr eine neue kreative Idee. Sie erinnert sich daran, dass sie noch dicke Stoffballen übrig hat, einen Vliesstoff, den sie für kaum etwas gebrauchen kann. Aber der Stoff ist „hautfreundlich und atmungsaktiv“, zudem fest und zugleich weich, dass er perfekt ist, für das, was gerade sehr nachgefragt wird… Nein, nicht Klopapier, sondern Mund-Nasen-Masken.

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In einem Atelier in Hattingen auf dem Gelände der ehemaligen Henrichshütte, in dem sie sonst alleinerziehende Mütter im Auftrag des Vereins „HAZ Arbeit und Zukunft“ für den Arbeitsmarkt fit macht, sitzt sie nun am späten Nachmittag an der Nähmaschine und arbeitet wie am Fließband. Monoton ist diese Aufgabe im Vergleich zu ihrer sonst so kreativen Arbeit. Aber sie sagt: „Es macht mir Spaß.“

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Designerin Susa Flor präsentiert am Montag, 20.05.2019 in Bochum ihre Mode. Foto: Ingo Otto / FUNKE Foto Services
Von Maren Schürmann (Text) und Ingo Otto (Fotos)

Hände und Kopf haben etwas zu tun. Ihre HAZ-Kollegin Ulrike Heinrich hilft ihr beim Zuschneiden der Stoffe. Neben dem dunklen Vlies verwendet sie noch ein helles Baumwoll-Viskose-Gemisch. Nicht vergleichbar mit den schönen Stoffen, die Susa Flor sonst verarbeitet. Aber jetzt kommt es aufs Praktische an. An der oberen Kante hat sie ein Gummiband eingenäht, mit dem sie die Maske leicht von der Nase herunterziehen kann. Das sei besser, als wenn der Mund-Nasen-Schutz oben und unten nur mit einem Band gehalten werde.

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Rund 200 Masken hat sie bisher genäht. Die Hälfte hat sie dem Emmy-Kruppke-Seniorenzentrum in Hattingen gespendet, den anderen Teil verkauft sie für je sieben Euro über zwei Bochumer Läden, die auch in diesen Tagen öffnen dürfen: Augenoptiker „Frau Feller“ und Drogeriemarkt „Die Kulturtasche“. „Wir machen das ehrenamtlich“, sagt Susa Flor. Denn sie wollen das eingenommene Geld spenden.

Susa Flor wäscht ihre Maske bei hohen Temperaturen oder sie legt sie bei bis zu 100 Grad Celsius in den Backofen. Das hat auch der Virologe Christian Drosten empfohlen, selbst gemachte Stoff-Masken bei mindestens 60 Grad zu waschen oder bei 70 Grad in den Ofen zu schieben, das sei der Tod der Viren.

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Helfen Atemschutzmasken überhaupt?

Aber wie hilfreich ist diese Maske überhaupt? „Sie gibt keinen hundertprozentigen Schutz“, betont Susa Flor. Sie sei nicht mit einer professionellen Atemschutzmaske zu vergleichen, die von Ärzten gebraucht werde. Man würde sich damit aber nicht mehr so häufig ins Gesicht fassen. „Und wenn du mit der Maske im Supermarkt bist, gehen die Leute automatisch auf Abstand.“ Außerdem: „Wenn jemand beim Einkaufen niest, bekommst du nicht so viel ab“, ist Susa Flors Hoffnung.

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Drosten hat kürzlich in einem NDR-Podcast das Tragen von selbst gemachten Masken befürwortet. Ein Schal, der eng anliegt, ginge auch. Wobei man mit den Masken weniger sich selbst, sondern vielmehr andere schütze, wenn man erkrankt ist. Es sei ein Zeichen der Solidarität, dass man andere nicht anstecken möchte. Das Robert-Koch-Institut stuft dies ähnlich ein. Eine Maske sei kein Grund, den empfohlenen Abstand von rund zwei Metern zu reduzieren. Auch das Händewaschen und die Husten- und Niesregeln seien weiterhin wichtig.

In Südkorea ist das Tragen einer Maske schon viel selbstverständlicher, wie Susa Flor in einer Fernsehdoku gesehen hat. Da gebe man sich mittlerweile Tipps: „Wie schminke ich mich mit Maske?“

Ideen für die selbst genähte Maske - Anleitung von der Feuerwehr

Pünktchen, Sternchen, Fördertürme – viele Leute, die zum Zeitvertreib nähen, schneidern nun „Behelf-Mund-Nase-Masken“ in allen erdenklichen Mustern. Es gibt im Internet Anleitungen, wie man sie herstellt. Etwa von der Stadt Essen, die das Tragen solcher Masken Menschen empfiehlt, die andere pflegen. 15.000 Stück hat die Feuerwehr bei mehreren Organisationen bestellt.

Auch die Wäscherei im Essener Uni-Klinikum näht zurzeit ähnliche Masken für den Notfall. Das Franz-Sales-Haus, eine katholische Einrichtung der Behindertenhilfe, fertigt sie für den eigenen Pflegebereich.

Auch andere Städte, wie etwa Hattingen, raten zum Tragen der Masken. Die Stadt Oberhausen empfiehlt ebenfalls Menschen, die den Abstand von etwa zwei Metern nicht einhalten können, zu solchen Masken. Dabei wird auf die Seite maskeauf.de verwiesen – dort gibt es neben Nähanleitungen die Empfehlung, feuchte Masken sofort gegen trockene zu wechseln. Die Idee der Macher: Wenn alle eine Maske tragen, die an Mund und Nase eng anliegt, kann sich das Virus nicht so schnell verbreiten. Daher die Aufforderung: „Maske auf!“

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