Essen. Prospekte und Gyms sind wieder voll mit Folterinstrumenten für die Figur – was wirklich gesund und glücklich macht, erklären uns diese Experten.

Vorsätze sind Sätze mit X? Lassen Sie sich doch inspirieren...!

Der Sportwissenschaftler: Ingo Froböse

Ingo Froböse (62) aus Unna, früher Hochleistungssportler, ist Professor für Prävention und Rehabilitation an der Sporthochschule in Köln sowie Autor diverser Trainings-Ratgeber
Ingo Froböse (62) aus Unna, früher Hochleistungssportler, ist Professor für Prävention und Rehabilitation an der Sporthochschule in Köln sowie Autor diverser Trainings-Ratgeber © Privat | Privat

„Wir sind alle mit wunderbaren biologischen Schätzen ausgestattet. Nur was davon genutzt wird, entwickelt sich, was ungenutzt bleibt, verkümmert. Unsere Gene bestimmen gerade einmal zu sechs bis acht Prozent unsere Gesundheit, den Rest bestimmen wir selbst. Mit vernünftigem Lebensstil kann man erreichen, dass der erste Dominostein wie ein genetisches Parkinson-Risiko nicht ins Rollen kommt. Dafür gibt es drei Baustellen. Erstens: Bewegung – jeder Spaziergang erhöht die Sauerstoffversorgung im Gehirn um 30 Prozent, was Demenz und Alzheimer vorbeugt. Zweitens: Ernährung – morgens ernergiegeladen, abends eiweißreich mit Proteinen wie Fisch auf dem Teller. Drittens und oft unterschätzt, weswegen vernachlässigt: Regeneration – es ist wie beim Smartphone, das man nachts auflädt, um morgens wieder bei 100 Prozent Akku zu sein. Acht Stunden Schlaf sind vier für den Körper und vier für den Geist. Alkohol beeinträchtigt den Prozess übrigens so stark: 0,8 Promille nehmen die vollen acht Stunden zum Abbau in Anspruch, die Erholung ist gleich null.“

Ingo Froböse (62) aus Unna, früher Hochleistungssportler, ist Professor für Prävention und Rehabilitation an der Sporthochschule in Köln sowie Autor diverser Trainings-Ratgeber

Der Arzt: Dietrich Grönemeyer

Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer.
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer. © Funke Foto Services | Socrates Tassos/FFS

„So wie es nicht den einen Menschen gibt, sondern eine unendliche Zahl verschiedener Individuen, so gibt es auch nicht die Gesundheit oder die Krankheit. Entscheidend ist das subjektive Wohlbefinden, etwas, das sich in jedem Lebensalter aus dem Zusammenspiel von Körper, Seele und Geist und im sozialen Umfeld ergeben kann – aus der Akzeptanz der eigenen Existenz und seinem (selbst)bewussten Handeln. Und die wiederum lässt sich nicht verschreiben. Da sind wir als Ärzte schlichtweg überfordert.

Stichwort Seelenfrieden: sich zufrieden und aufgehoben fühlen. Einsamkeit kann das Leben ebenso verkürzen wie Fettleibigkeit und das Rauchen von 15 Zigaretten pro Tag. Studien des Hirnforschers Gerald Hüther lassen sogar vermuten, dass sich durch die Freude am Leben, durch Interesse an Hobbys und durch das Gefühl, immer noch Teil einer Gemeinschaft zu sein, Demenz verhindern lässt. Wer gerne lebt, achtet automatisch besser auf sich. Auch wenn wir die Natur nicht austricksen können, mit unserer Veranlagung auskommen müssen, uns ewige Jugend nicht wie im Märchen erkaufen können, gibt es vieles, was wir tun könnten, um uns dem Traumalter 100 rüstig anzunähern.“

Prof. Dietrich Grönemeyer (67), Arzt mit gleichnamigen Institut aus Bochum und Herausgeber des Gesundheitsmagazins „Medizin mit Herz und Seele“

"Konfuzius sagt...": Thomas Heberer

Prof. Dr. Thomas Heberer
Prof. Dr. Thomas Heberer © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Mao hat einmal den Ausdruck geprägt, dass ein gesunder Körper das grundlegende Kapital der Revolution sei. Dies gründet in der Vorstellung, so zu leben, dass der Mensch gesund sei, um seine Aufgaben im Hinblick auf die Gesellschaft optimal erfüllen zu können. Dazu dienten in erster Linie die traditionelle chinesische Medizin, die von einem ganzheitlichen Konzept ausgeht. Krankheiten werden in diesem Sinn als Störung des Gesamtorganismus begriffen, die in einem größeren Zusammenhang gesehen und behandelt werden müssen. Neben der traditionellen Medizin wird bestimmten Formen der Körperertüchtigung wie Taiji oder Qigong solche Heilwirkung zugeschrieben. Auch Meditationspraktiken und vor allem die Ernährung spielen hierbei eine besondere Rolle. Jeder Speise wird eine medizinische Funktion zugeschrieben. U.a. gibt es Früchte, die innere Hitze oder Kälte verursachen und jeweils nur im Sommer oder im Winter gegessen werden sollen. Spezielle, vegetarische Restaurants bieten Speisen aus Heilkräutern an, die nicht nur köstlich sind, sondern auch wirksam. Ich erinnere mich an ein Restaurant in Südchina, dessen Geschäftsführer ein Arzt für Traditionelle Chinesische Medizin war. Er fühlte meinen Puls und bestellte dann die Speisenfolge. Die Zutaten kamen aus der zugehörigen traditionellen Apotheke. Nach dieser Mahlzeit fühlte ich mich deutlich besser.“

Thomas Heberer (72), Co-Direktor des Konfuzius-Instituts Metropole Ruhr in Duisburg, gehört zu den führenden Ostasienexperten Deutschlands

Die Hundertjährige: Hiltraud Zelmer

Hiltraud Zelmer
Hiltraud Zelmer © FUNKE Foto Services | Ulla Michels

„Eigentlich kann ich es selbst nicht fassen, dass ich mittlerweile 100 Jahre alt bin. Wie ich das gemacht habe? Früher war man sicher noch eher gezwungen, gesund zu leben. Wir hatten beispielsweise einen eigenen Garten, mit dem wir uns selbst versorgt haben. Und wir Kinder haben viel in der Natur gespielt. Später habe ich immer nur in Maßen Alkohol getrunken und nie geraucht. Meine Freunde haben mich deshalb einen Feigling geschimpft. Ich habe denen dann gesagt: Ich kann rauchen, ich will es nur nicht. Ansonsten esse ich heute noch viel Obst und kaum Süßigkeiten. Nur beim Bingo-Spielen donnerstagnachmittags, da gewinne ich schon mal einen Schokoriegel – und den esse ich dann auch.“

Hiltraud Zelmer (100) lebt seit fünf Jahren im Duisburger Seniorenzentrum „Haus am Sandberg“ – gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester, 98 Jahre jung

Der Exzessive: Sir Hannes Schmidt

Sir Hannes Schmidt
Sir Hannes Schmidt © privat

„Als Sänger der Idiots bin ich noch sehr exzessiv, aber ich bin auch total fit, denn ich gebe richtig Gas. Ich verliere auf der Bühne jedes Mal drei Liter Flüssigkeit. Da musst du dich fit halten, du musst eine Inspiration haben zum Runterkommen. Ich mache seit 15 Jahren jeden Morgen die „fünf Tibeter“, dazu gehören unter anderem Liegestütze, Klappmesser, sich wie ein Derwisch 21 mal im Kreis drehen. Ich wohne am Arnsberger Wald, so dass ich morgens joggen kann mit meinem Mops. Ich weiß gut, was es heißt, ungesund zu leben. Das ging so weit, dass sie mich ein paar Mal wiederbeleben mussten mit Elektroschocks. Ich war in der Klapsmühle. Ich hab also wirklich alles hinter mir. Dann habe ich für zwölf Jahre eine Auszeit genommen, keine harten Drogen mehr, bis ich auf einer Chinatour wieder mit den Veranstaltern anstoßen musste. Harten Alkohol trinke ich bis heute auch nicht mehr. Ich glaube, ich bin jetzt sogar fitter als vor 30 Jahren.“

Sir Hannes Schmidt (57), seit 1978 Sänger der Dortmunder Punkband „The Idiots“

Der Extremsportler und Sportpsychologe: Michele Ufer

Dr. Michele Ufer
Dr. Michele Ufer © Michele Ufer

„Die Frage nach dem gesunden Leben ist ein bisschen wie die Frage nach der Wunderpille. Ich habe das neulich mal so zusammengefasst: Möglichst viele Dinge tun, die einem Freude bereiten, ohne Raubbau an sich selber zu betreiben. Damit man auch möglichst lange die Dinge tun kann, die einem Freude bereiten.

Ausgewogenheit spielt eine zentrale Rolle: Ich gehe gern mal auf eine Party und feiere. Aber das ist ausbalanciert mit Phasen, in denen das nicht vorkommt. Ausgewogene Ernährung: Das Thema wird oft einseitig gesehen. Den einen ist egal, was sie essen. Andere machen tierisches Tohuwabohu um die Ernährung. Studien geben interessante Hinweise, wie sich unsere Ernährung auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit auswirkt, aber sie sind nicht immer für die Ewigkeit gemacht. Worin sich Experten einig sind: Man sollte nicht zu viel essen, dafür möglichst frisch und abwechslungsreich. Ausgewogene Belastung: Wir sollten Phasen von Belastung und Entlastung vernünftig kombinieren, überall im Leben. Im Spitzensport spielt Regenerationsmanagement eine große Rolle, deshalb sollten wir bewusst Erholungsphasen einplanen.

Neben Raum für sich selbst ist das Erleben von Gemeinschaft, das Pflegen sozialer Kontakte eine wichtige Säule für ein gesundes Leben. Außerdem: Ich glaube, die Leute werden sensibel dafür, dass auch unsere Art zu leben möglichst ohne Raubbau an der Natur oder anderen Menschen auskommen sollte.“

Michele Ufer (47), Extremläufer und Sportpsychologe, ist Experte dafür, seine Grenzen kennenzulernen, sie bewusst zu überschreiten – und so seine Leistung zu steigern. micheleufer.com

Der Koch: Frank Rosin

Frank Rosin
Frank Rosin © imago/Sven Simon | Malte Ossowski/SVEN SIMON

„Es fängt schon mal mit der Wahrnehmung an zu erkennen, was das Wort ,Diät’ überhaupt bedeutet. Was verbrauche ich, was verbrenne ich, das muss jeder individuell für sich herausfinden. Man kann ja beim Arzt seinen Body-Mass-Index ermitteln lassen, herausfinden, wie viel Fett und Muskelmasse im Körper ist. Je mehr Muskelmasse man aufbaut, desto besser verbrennt der Körper – und desto mehr kann man essen. Was? Das Allerschlimmste sind Industrie-Süßigkeiten und Industrie-Wurstwaren. Lieber auf Frisches vom Markt, gutes Fleisch und entsprechende Zubereitung setzen. Im übrigen kann man seine Deftigkeit auch in Gemüse und Obst finden. Der Effekt: Die Körperspannung wird besser, die innere Haltung, das sich Pflegen, man wird zu einem neuem Menschen. Also für mich ist der Kampf gegen das Fett ein Segen.“

Frank Rosin (53) ist zweifach Sterne dekoriert mit seinem gleichnamigen Restaurant in Dorsten und aktuell mit „Rosins Fettkampf“ im TV (Kabel Eins)

Gesundheit im Fernsehen

Gesundheit darf auch Spaß machen, dafür steht der Comedy-Doc Eckart von Hirschhausen (53). Seine WDR-Gesundheitssendung „Hirschhausens Sprechstunde“, in der er mit Prominenten über Schlaganfall, Krebs oder Rücken redet, läuft wieder am 13. Januar. Er sagt auf unsere Frage, was gesund leben heißt: „Dabei lohnt es sich, nicht mit Experten zu sprechen, sondern mit Betroffenen.“