Dortmund. Sir Hannes steht mit seiner Punkband seit 1978 mit dem Kopf am Mikro und mit den Knöcheln im Bier – das neue Album kommt zum Rock-Hard-Festival.

Sir Hannes Smith ist der gescheiteste Idiot, den man treffen kann. Und wer möchte, dem beweist er zumindest einen Teil davon mit der Tinte unter seiner Haut: „Idiot bis zum Tod!“ hat er sich einst auf den Rücken tätowieren lassen, darüber einen Schweinekopf mit Mütze, das Logo seiner Band. The Idiots gehörten zu den ersten deutschen Punk-Bands, gegründet 1978, zwischenzeitlich mal für 20 Jahre weg vom Fenster, aber seit 2012 wieder aktiv. Uns hat er erklärt, warum sie heute härter, rotziger, provokanter denn je sind...

Das siebte Album kommt bald

Ende Mai erscheint ihr siebtes Album „Schweineköter“, für das Konzert zur Veröffentlichung hat Hannes sich das Rock-Hard-Festival in Gelsenkirchen ausgesucht, denn für die Idiots waren Metal, Punk und Hardcore niemals Gegensätze. „Wir haben ja mit Deutsch-Punk angefangen und dann schon Hardcore und Metal in unsere Musik aufgenommen in den 80ern. Damit haben wir auch die Thrash-Metal-Szene beeinflusst. Die sangen ja anfangs meist über Monster, haben dann aber auch sozialkritische Texte geschrieben.“

Zugepflastert mit Rock- und Punkgeschichte: Ein Blick in den Laden von Idiots-Records.
Zugepflastert mit Rock- und Punkgeschichte: Ein Blick in den Laden von Idiots-Records. © Julia Tillmann

Wenn Hannes, der viele Posen aus dem Stegreif draufhat, nicht gerade für die Kamera posiert, dann blickt man in die wachen, gesunden Augen eines Menschen, der schon sehr, sehr viel erlebt hat. Kein Wunder: 1976 wurde er einer der ersten Punks, musste deshalb bei seinen Eltern ausziehen, lebte fünf Jahre lang auf der Straße. Und er kriegte die Kurve: Handelsschule, Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei Edeka („Ich habe einen Song dazu gemacht mit der Zeile ,Ein Deutscher Esel Kauft Alles’“), Gründung seines eigenen Plattenladens Idiots-Records 1987, der bis heute besteht, eine echte Dortmunder Institution für alle, die Punk, Metal und Hardcore hören.

Es begann 1976 mit den Stranglers

Warum die Idiots auf dem Rock-Hard-Festival spielen

The Idiots gehören zu den ersten und auch heute noch zu den härtesten Deutsch-Punkbands. Gegründet 1978, gab’s die Band bis 1992/93. 2012 wurden sie wieder aktiv, sie nahmen seitdem das Reunion-Album „Amok“ auf – und mit „Gott sei Punk“ eine aktualisierte Version ihrer alten Hits.

Mit dem Metal hatte Sänger Hannes Schmidt noch nie Berührungsängste, er nahm selbst Elemente wie Soli in seine Musik auf – und veranstaltete früh Konzerte von späteren Metal-Stars wie Carcass und Boltthrower.

Das Rock Hard Festival existiert schon seit 1990 und steigt seit 2003 jährlich zu Pfingsten im Amphitheater Gelsenkirchen, dieses Jahr vom 7.-9. Juni. Außer den Idiots spielen: Anthrax, Gamma Ray, Cannibal Corpse, Magnum, Skid Row und viele andere harte gute Jungs. Karten: www.ruhrticket.de

Wir sitzen im Büro, dem Hinterzimmer des Ladens. Und Hannes erzählt aus den frühen Tagen, als er 1976 die ersten Punksongs in der BBC hörte, erst die Stranglers, später die Sex Pistols.

Man könnte mit ihm wochenlang über Musik reden, so breit ist sein Geschmack, so viel hat er aufgesogen. „In mir steckt eine Menge Geschichte. Ich bin halt auch so eine Art Musiklexikon.“ Er erzählt von Queen, Zappa, Slayer. Und seinen beiden anderen Bands, denn in den 80er- und 90er-Jahren war er mit der irrsinnigen Crossover-Band Phantoms Of Future berühmt und berüchtigt, später auch mit den Folk-Punkern Honigdieb, die immer noch spielen.

„Mir fehlte ein bisschen die Aggression in der heutigen Musikszene. Es gibt kaum noch Bands, die wirklich sagen, was Sache ist. Deswegen habe ich die Idiots-Reunion gemacht.“ Und Klassiker aus den 80ern wie „Bayerischer Wald“ aktualisiert um Zeilen wie „Uli Hoeneß, Saubermann, Steuersünder Ackermann“.

Die Band genießt Kultstatus

Bis unter die Ladendecke hängen die Poster bei Idiots-Records.
Bis unter die Ladendecke hängen die Poster bei Idiots-Records. © André Hirtz

Die Idiots genießen Kultstatus und vereinen eben Fans aus mehreren Lagern, was sie hauptsächlich ihren explosiven Auftritten verdanken. Denn wenn Hannes einmal entfesselt ist, dann wird es wild, dann mischen sich Genie und Wahnsinn auf der Bühne. Früher lag das auch an Drogen und Alkohol. Aber damit hat er zwangsläufig aufgehört, nachdem er mehrmals wiederbelebt werden musste. Heute macht er jeden Morgen als Fitnessübung die „Fünf Tibeter“, geht mit seinem Mopshund joggen im Arnsberger Wald. Er braucht die Fitness. „Ich verliere auf der Bühne immer noch drei Liter Flüssigkeit, ich geb halt richtig Gas. Ich glaube ich bin sogar noch besser als vor 30 Jahren.“ Wovon man sich beim Rock-Hard-Festival überzeugen kann.