Essen. Das Mineralien-Museum in Essen-Kupferdreh zeigt glitzernde Kristalle, ungewöhnliche Steine und manches, das zum Glück nicht mehr frisch ist.

Steine klingen tatsächlich. Sie machen nicht nur „tock“, wenn man sie fallen lässt. Kiesel knirschen unter den Schuhen und die Mini-Steine – nichts anderes ist Sand – rieseln durch die Hand. Zudem kann man mit ihnen richtig Musik machen, wie ein Schlag mit dem Schlägel auf Chloritschiefer hören lässt. Mehrere Platten ergeben ein Lithophon. Und wen dieses Instrument noch nicht überzeugen sollte: Im Mineralien-Museum ist sogar eine CD mit Stein-Klängen aufgenommen worden: „Nachhall aus Stein“.

Hingucker: der rosafarbene Rhodochrosit.
Hingucker: der rosafarbene Rhodochrosit. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Tot ist diese Materie also nicht gänzlich. Und wenn Achim Reisdorf von den Mineralien und Kristallen erzählt, auf einen rosafarbenen Rhodochrosit aus Argentinien oder den violett glitzernden Amethyst aus Brasilien zeigt, wird das Ganze sowieso sehr lebendig: „Diese Farbenvielfalt ist umwerfend“, schwärmt der Leiter der Naturwissenschaftlichen Sammlung am Ruhr Museum.

Das war kein Schreibfehler: Das Haus der Mineralien in Kupferdreh gehört zu dem großen Museum auf Zollverein, das mit der Bürgerschaft Kupferdreh zusammenarbeitet. Die anfänglich private Sammlung kann schon seit 35 Jahren in einem alten Schulgebäude von 1856 bestaunt werden.

Im vergangenen Jahr wurde die Schau überarbeitet. So lädt das Museum heute ein, mit kindlicher Neugier die vielen Mineralien und Kristalle oder ein versteinertes Blatt zu betrachten. Das es sich dabei um das eines Ahorns handelt, erfährt der Besucher erst, wenn er den Blick auf die äußere Seite des Regals richtet – oder auf eine bereitliegende Liste. Reisdorfs Vorgängerin Ulrike Stottrop hat diese Ansicht bewusst gewählt. Denn zu häufig lesen die Menschen in Museen die Beschreibungen, so Reisdorf, und haben dann keinen Sinn mehr für das Ausstellungsstück: die schimmernden Farben, die bizarren Formen.

„Ein Diamant ist reiner Kohlenstoff“

„Mineralien sind chemisch klar definierte Objekte“, erklärt der Doktor der Geologie. „Ein Diamant ist reiner Kohlenstoff.“ Gesteine bestehen dagegen meist aus unterschiedlichen Mineralien. Und Kristalle haben klar definierte Flächen, die in Hohlräumen entstanden sind. Fossilien gehören auch zur Schau. Die Sammlung der riesigen Ammoniten, also der schneckenförmigen, versteinerten Tintenfische, wirkt unwirklich. Dabei ist es ein unscheinbarer großer Stein, der nicht von dieser Welt ist: ein Eisenmeteorit. Er gehörte einst zur Krupp-Sammlung. Der Industrielle Friedrich Alfred Krupp (1854 - 1902) ließ ein Stück absägen. Linien sind nun im Gestein zu erkennen – ein Zeichen für dieses „Himmelseisen“. Reisdorf: „Das findet man auf der Erde nicht.“

Über 90 Millionen Jahre alt sind die Haifisch-Hinterlassenschaften aus Mülheim auf dem stillen Örtchen im Mineralien-Museum.
Über 90 Millionen Jahre alt sind die Haifisch-Hinterlassenschaften aus Mülheim auf dem stillen Örtchen im Mineralien-Museum. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

„Wir Menschen wären ohne Steine nichts“, sagt der 52-Jährige und zählt auf, wofür wir sie brauchen – vom Feuerstein über Ton für Keramik bis zum Handy. In einer Vitrine liegt ein Smartphone wie ein Appell für den bewussten Umgang mit Aluminium bis Zink. Rund 40 Rohstoffe sind nötig, um ein Handy zu bauen.

Empfehlenswert: Ein Besuch des stillen Örtchens

Zum Schluss sollte der Besucher noch das stille Örtchen aufsuchen. Dort sieht er an den Wänden nicht nur Waschbecken und Papierspender, sondern auch weitere Vitrinen. Sie enthalten die steinalten Hinterlassenschaften von Hai, Tintenfisch oder Schildkröte. Danach werden die Menschen den braunen Brocken vor dem Damen-WC mit anderen Augen betrachten. Achim Reisdorf: „Das ist ein Köttel von einem Dinosaurier.“

>>> Das liebste Ausstellungsstück

Der Fischsaurier mit den riesigen Augen hat es Achim Reisdorf besonders angetan. Der Geologe hat selbst mal in der Schweiz den Schädel und Skelettteile eines solchen Sauriers entdeckt. Aber der war nicht wie der im Museum parallel zum Meeresgrund zum Liegen gekommen, sondern hatte sich dort senkrecht hinein gebohrt – „wie ein Kamikazeflieger“.

Der Fischsaurier ist Dr. Achmin Reisdorfs liebstes Ausstellungsstück. Er hat viel geforscht zu diesem urzeitlichen Wesen mit den Riesenaugen.
Der Fischsaurier ist Dr. Achmin Reisdorfs liebstes Ausstellungsstück. Er hat viel geforscht zu diesem urzeitlichen Wesen mit den Riesenaugen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Wie war das möglich? Könnte es zu einer Kadaverexplosion gekommen sein, die den Saurier in diese Position gebracht hat? Dieser Gedanke war nicht nur in der Paläontologie verbreitet. Im Mittelalter befürchteten die Menschen, dass sich bei ihren Verstorbenen Faulgase bilden könnten, die den Sarg explodieren lassen. „Von da an baute man explosionssichere Särge“, so Reisdorf.

Aber bereits um 1850 stellte man fest: ein Irrtum! Doch bei dem Ichthyosaurier hielt sich die These hartnäckig. Zusammen mit Kollegen, darunter auch Forensiker, habe er sie widerlegt. Bei seinem Flugsaurier handelte es sich um eine andere Art als die im Museum. Das Tier hat wie ein Wal nach Luft schnappt. Als es starb, sank es in die Tiefe, wo der Wasserdruck auf Lunge und Brustkorb zunahm. Und da dieser Fischsaurier einen schweren Schädel und starke Vorderpaddel hatte, verlagerte sich der Schwerpunkt nach vorne. Der Saurier stach senkrecht in den Meeresgrund.

Und was hat das mit Mineralien zu tun? „Knochen bestehen aus Mineralien“, erklärt Reisdorf. Und ohne die Gesteinsschichten, etwa aus Ton, die die Knochen eingeschlossen haben, könnte man heute keinen Dino wie diesen Fischsaurier mehr bewundern.

Das Mineralien-Museum richtet auch Kindergeburtstage aus: Dinoparty oder Fossilienjagd. Kupferdreher Str. 141-143, Essen, Di-So, 10-18 Uhr, Eintritt frei, ruhrmuseum.de/aussenstellen