Essen. . Der Stahl wird verheiratet, Heinrich Hiesinger geht, sein Nachfolger Guido Kerkhoff teilt den Konzern entzwei – in Stahlzweig und Anlagenbau.

2018 ist ein Schicksalsjahr für Thyssenkrupp – und an seinem Ende kann niemand sagen, in welche Richtung das Schicksal kippen wird. Der größte Arbeitgeber des Ruhrgebiets, von Finanzinvestoren als träger Industrietanker ­herab­gewürdigt, lässt nichts wie es war. Er sieht sich endgültig nicht mehr als Stahlkonzern, er muss sich eine neue Führung suchen, und letztlich entscheidet er sich für einen radikalen Neustart: Thyssenkrupp spaltet sich in zwei Hälften, die künftig unabhängig voneinander ihr Glück versuchen sollen.

Im Sommer vollendet Vorstandschef Heinrich Hiesinger, der den Dax-Konzern 2011 übernommen und durch seine schwerste Krise geführt hat, sein wichtigstes Projekt: die Stahlfusion mit Tata. Beider Stahlsparten sollen in Europa künftig zusammen um ihre Zukunft kämpfen. Thyssenkrupp zählt den Stahl nicht mehr zu seinem Kerngeschäft, schält damit seine Keimzelle aus dem Konzern heraus. Mittelfristig soll der neue Stahlriese Thyssenkrupp Tata Steel eigenständig an die Börse gehen, die Essener wollen dann weitere Anteile loswerden.

Hiesinger wirft das Handtuch

Die Stahlehe mit dem indischen Konkurrenten gilt als Schlüssel für einen lange von den Großinvestoren eingeforderten Strategiewechsel. Doch kaum ist die Fusion besiegelt und gewürdigt, wirft Hiesinger das Handtuch und stürzt den Konzern damit in eine monatelange Führungskrise. Kurz nach ihm dankt auch Ulrich Lehner als Chef des Aufsichtsrates ab – und zeigt unverblümt Richtung Villa Hügel: Mangelnden Rückhalt durch die Krupp-Stiftung mit ihrer Vorsitzenden Ursula Gather macht er für die dramatische Lage verantwortlich. Die betont allerdings, Hiesinger zu jeder Zeit in seiner Strategie unterstützt zu haben.

Spektakuläre neue Strategie

Finanzchef Guido Kerkhoff wird zunächst Interimschef und zwei Monate später zum regulären Hiesinger-Nachfolger bestellt. Die Zwischenzeit hat er für die Entwicklung jener spektakulären Strategie genutzt, die letztlich im Aufsichtsrat sowohl den Großfinanzinvestor Cevian als auch die Stiftung überzeugen konnte: Aus eins mach zwei.

Kerkhoff will den Stahlhandel, die Stahl-Beteiligung am Joint Venture mit Tata und die Marine in einem Werkstoffunternehmen namens Thyssenkrupp Materials bündeln; die Geschäfte mit Aufzügen, Autoteilen und dem Industrieanlagenbau in einem zweiten namens Thyssenkrupp Industrials. Beide werden aller Voraussicht nach zu klein für den Verbleib im Dax sein. Getrennt, so die Hoffnung, sollen sie schlagkräftiger werden.

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