Rhein/Ruhr. Viele Grabstätten von verstorbenen Personen der Zeitgeschichte haben sich mittlerweile zu Pilgerstätten entwickelt. Wir stellen einige von ihnen vor.
Überall in der Region findet man die Grabstätten von berühmten Menschen, manche prunkvoll, andere wiederum schlicht. Wir haben zum Beginn des Trauermonats November einige besucht.
Der Saubermann. Die Frau in dem Tempel erinnert an die Weiße Dame, die ab 1922 das Persil-Waschmittel schmückte. Aber die Skulptur des Bildhauers Karl Janssen symbolisiert nicht Reinheit, sondern den ewigen Schlaf.
Der Waschmittel- sowie Klebstoff-Hersteller und Unternehmensgründer Friedrich Karl Henkel starb 81-jährig und fand 1930 auf dem Nordfriedhof in Düsseldorf seine letzte Ruhe. Dabei hatte er die Grabanlage vorausschauend geplant. Der Architekt Walter Furthmann stellte den Tempel bereits fünf Jahre vor Henkels Tod fertig.
Noch heute ist die Aktienmehrheit des Unternehmens mit Sitz in der Landeshauptstadt in Familienhand. Doch auf diesem Grab wurden nur die früheren Vorfahren beigesetzt: die Familie von Fritz Henkel und die seines gleichnamigen Sohns.
Die Kochbuchautorin. Ob „Sauerampfersuppe“ oder „Rinderschmorfleisch in saurer Milch“ – Henriette Davidis ließ die Hausfrau am Herd nicht allein. Mit ihren Büchern wurde die Köchin berühmt. Viele Frauen schlugen im 19. Jahrhundert nach, wenn es um „Die Kunst“ ging, „gut und billig zu essen“, wie es Davidis in ihrem „Praktischen Kochbuch“ beschreibt.
Mehrere hundert Bücher hatte sie geschrieben, bevor sie 1876 mit 76 Jahren in Dortmund starb. Dort fand sie auf dem Ostfriedhof ihre letzte Ruhestätte, die ebenso bescheiden ist wie ihr Leben bis zuletzt war.
Übrigens: Auf der Internetseite des Davidis-Museums in ihrem Geburtsort Wetter-Wengern wird auf einen Kochkreis verwiesen, der die Rezepte von einst nachkocht. Dies ist kein (Haus-)frauen-Kreis, sondern ein reiner Männerkreis.
Der Sketchupper. Was haben wir gelacht, mit ihm und über ihn: Diether Krebs war ja eigentlich Schauspieler und nicht Komiker, dennoch bestimmte der Humor sein Werk. Bekannt wurde er als Sohn von Ekel Alfred in der Serie „Ein Herz und eine Seele“, später als Teammitglied von „Rudis Tagesshow“.
Er bleibt unvergesslich als Hauptdarsteller der Comedy-Serie „Sketchup“, erst mit Beatrice Richter, später mit Iris Berben. Von ihm stammt zum Teil der Text zu Grönemeyers Hit „Currywurst“. Sein filmisches Denkmal setzte er sich 1999 in Peter Thorwarths Komödie „Bang Boom Bang“ als dubioser Spediteur Werner Kampmann.
Krebs starb 52-jährig am 4. Januar 2000, beigesetzt ist er auf dem EssenerOstfriedhof. Sein Grabstein hat die Form eines Kieselsteins.
Das schwarze Schaf. „Der Niederrheiner weiß nix, kann aber alles erklären. Umgekehrt: Wenn man ihm etwas erklärt, versteht er nix. Sagt aber dauernd: Ist doch logisch.“ Es war diese Dialektik, die Hanns Dieter Hüsch wie kein zweiter in seinen Niederrhein-Geschichten auf den Punkt gebracht hat. Aber diesen Teil seiner Kabarett-Programme hervorzuheben, wird dem Liedermacher, Schriftsteller, Schauspieler, ja wird der Gesamterscheinung Hüsch nicht im Geringsten gerecht.
Er beherrschte es auf der Bühne, wenn er an seiner Philicorda-Orgel saß, in Windeseile die Stimmung von totkomisch auf melancholisch zu wenden, konnte kalauern und im nächsten Moment nachdenklich werden. Was viele verdrängt haben: Er hat sich auch nebenher um den Humor verdient gemacht, als kongenialer Off-Sprecher der „Dick und Doof“-Filme oder bei den „Vätern der Klamotte“. Ganz zurecht wurde nach ihm der niederrheinische Kabarettpreis „Das schwarze Schaf“ benannt, dessen Schirmherr er ab 1999 war. Im Jahr 2001 erlitt er einen Schlaganfall, der seinem unbändigen Schaffensdrang ein Ende setzte. Am 6. Dezember 2005 starb Hanns Dieter Hüsch mit 80 Jahren. Sein Grab liegt auf dem Hülsdonker Zentralfriedhof in Moers, seiner Geburtsstadt.
Gustav Heinemanns Grab auf dem Parkfriedhof in Essen. Foto: Kai kitschenberg Der politische Grenzgänger. „Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!“ Einen solchen Satz von einem Bundespräsidenten zu hören, zeugt von Rückgrat. Und das hatte Gustav Heinemann zweifelsohne. Als moralische Instanz machte sich der protestantische Ruhr-Westfale einen Namen, als Grenzgänger zwischen den Parteien – schließlich gehörte er im Laufe seines Lebens fünf verschiedenen an. So gehörte er zu den Mitbegründern der CDU, war für sie von 1946 bis 1949 Oberbürgermeister von Essen, von 1949 bis 1950 Bundesinnenminister unter Adenauer – und trat als Gegner der Wiederbewaffnung von diesem Amt zurück. 1952 verließ er die CDU, gründete die Gesamtdeutsche Volkspartei und wurde 1957 Mitglied der SPD. Von 1966 bis 1969 war er Bundesjustizminister, bevor er zum Bundespräsidenten gewählt wurde. Dieses Amt bekleidete er bis 1974. Er starb im Alter von 76 Jahren am 7. Juli 1976. Sein Grab findet man auf dem Parkfriedhof in Essen.
Der verfolgte Bergmann. Für seine politischen Überzeugungen ließ er sein Leben: Fritz Husemann war als Gewerkschafter und Vertrauensmann der Bergarbeiter den Nazis ein Dorn im Auge. Der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Husemann (geb.1873 in Leopoldstal/Lippe) kam ins Ruhrgebiet, weil er hier Arbeit fand.
1891 trat er der SPD bei. Zum Kreisvertrauensmann des Bergarbeiterverbands in Dortmund ernannte man ihn 1900. Ab 1924 war er Mitglied im deutschen Reichstag und wurde 1933 erstmals von der SA verhaftet. Der amerikanische Bergarbeiterverband riet ihm zur Emigration. Weil er im März 1935 die deutsche Arbeitsfront auf Entschädigungszahlungen verklagte, inhaftierten ihn die Beamten und verschleppten ihn ins KZ Esterwegen. Bei einem angeblichen Fluchtversuch wurde er erschossen.
Ende April 1935 wurde er in Bochumauf dem Hauptfriedhof am Freigrafendamm beerdigt. Rund 1000 Personen kamen zur Beisetzung, mehrere Dutzend Trauergäste wurden von den Nazis verhaftet.
Stinnes, Krupp, Libuda und Nitribitt
König an der Ruhr. So betitelte die Presse einst den 1870 in Mülheiman der Ruhr geborenen Hugo Stinnes. Die Unternehmerfamilie, in die er hineingeboren wurde, war schon lange im Handel und Bergbau verwurzelt. Der junge Stinnes machte aus der Firma im zarten Alter von 22 Jahren die „Hugo Stinnes GmbH“.
In ganz Europa gründete er Filialen, Firmen und Niederlassungen. Mit rund 600 000 Beschäftigten, 1664 selbstständigen Betrieben sowie 2890 Anlagen und Teilbetrieben verwandelte er seine Gesellschaft zum größten Wirtschaftsimperium in Deutschland. Das erste Elektrizitätswerk von RWE (Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke) wurde 1898 auf dem Gelände seiner Zeche errichtet. Stinnes war Mitglied des Aufsichtsrates. Mit August Thyssen gründete er den Mülheimer Bergwerksverein.
Sieben Kinder hatte der einflussreiche Geschäftsmann mit seiner Gattin Klara Stinnes. Er verstarb am 10. April 1924 im Alter von 54 Jahren – genau wie sein Großvater Mathias – in Berlin. Er litt an chronischen Oberbauchschmerzen. Nach Konsultation eines Arztes und einem Eingriff verstarb er an den Komplikationen und wurde auf dem Alten Friedhof in Mülheim beigesetzt.
Der Rechtsaußen. „An Gott kommt keiner vorbei – außer Stan Libuda.“ Ein Fußballer, dem ein solcher Satz nachgesagt wird, hat gewiss genug für die Unsterblichkeit getan. Reinhard Libuda verdankte seinen Spitznamen Stan dem englischen Rechtsaußen Sir Stanley Matthews, dessen „Matthews Trick“ er perfekt beherrschte – also links antäuschen und rechts vorbeigehen.
Er ist ein Schalker Urgestein, an der Arena trägt ein Weg seinen Namen – und das, obwohl er zwischenzeitlich in den Farben Schwarz und Gelb auflief. Für die Dortmunder Borussia erzielte er auch sein berühmtestes Tor: 1966 gelang ihm das 2:1 gegen den FC Liverpool, indem er aus 25 Metern Entfernung im hohen Bogen aufs Tor schoss – so gewann Dortmund den Europapokal der Pokalsieger. Seine Rolle im Bundesligaskandal 1970/71 führte zu einem vorzeitigen Karriereknick, 1976 stieg er endgültig bei Schalke aus. Da hatte er in Gelsenkirchen bereits den Tabakladen übernommen, der zuvor Schalke-Legende Ernst Kuzorra gehört hatte.
Stan Libuda starb am 25. August 1996 nach einem Schlaganfall, er fand seine Ruhestätte auf dem GelsenkirchenerOstfriedhof. Seinen Grabstein ziert eine Nachbildung von Dürers „Betenden Händen“.
Lehmbrucks Denkmal auf dem Duisburger Waldfriedhof. Foto: Ulla Emig Der Bildhauer. Seine letzte Ruhestätte ist so ungewöhnlich wie das Leben des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck. Duisburgs bedeutendster Künstler kam 1881 in Meiderich auf die Welt. Sein Zeichenlehrer in der Schule förderte sein Talent. Lehmbruck wurde auf der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule zugelassen, später ging er einem Bildhauerstudium nach. Lebensstationen in Paris, Berlin und Zürich folgten.
Künstlerisch setzte er sich mit dem menschlichen Körper auseinander, der wie bei „Der Gestürzte“ das Leid ausdrückt. Die Nazis stuften sein Werk als „Entartete Kunst“ ein und zerstörten einen Teil seiner Skulpturen.
Das erlebte Wilhelm Lehmbruck jedoch nicht mehr. Im Alter von 38 Jahren wählte er 1919 den Freitod. Sein Sohn, der Architekt Manfred Lehmbruck, gestaltete nicht nur das Museum in Duisburg, sondern auch die Grabstätte seiner Eltern auf dem Waldfriedhof.
Das Mädchen Rosemarie. Bei ihr gingen die Mächtigen ein und aus – und sie teilte das Bett mit ihnen, freilich nicht ohne monetäre Gegenleistung: Rosemarie Nitribitt war die bekannteste Edelprostituierte der noch jungen Bundesrepublik.
Zu ihren Kunden zählten Playboy Gunter und sein Bruder Ernst Sachs, Milliardär Harald Quandt und der Industrielle Harald von Bohlen und Halbach. So schillernd ihr Leben, so jäh kam ihr Tod: Am 1.11.1957 wurde sie, gerade 24 Jahre alt, erwürgt in ihrem Appartement in der Frankfurter Stiftstraße 36 aufgefunden. Wer die Tat begangen hat und ob sie ermordet wurde, weil sie einem der Männer zu gefährlich wurde, ist bis zum heutigen Tag eines der großen Rätsel der deutschen Kriminalgeschichte.
Ihre letzte Ruhestätte findet man auf dem Gräberfeld 95 des Nordfriedhofs in Düsseldorf, oft stehen frische Blumen vor dem Grabstein. Auf dem wiederum steht geschrieben: „Darum merkte ich,/dass nichts Besseres darin sei,/als fröhlich sein und/gütlich tun im Leben.“
Die Kruppgräber in Bredeney. Foto: Armin Thiemer Die Industriellen. Auf dem Friedhof in Essen Bredeney liegen die Mitglieder der Familie Krupp, angefangen bei Firmengründer Friedrich, der 1826 starb. Aufwändige, von dem Münchener Bildhauer Otto Lang gestaltete Grabmale aus schwarzem Marmor zeugen von der Macht der EssenerIndustriellenfamilie. Dort liegen Alfred Krupp, der das kleine Unternehmen zum Weltkonzern entwickelte, und sein Sohn Friedrich Alfred sowie seine Ehefrau Margarethe. Der Krupp-Bereich auf dem Bredeneyer Friedhof ist zwar von einem Zaun getrennt, aber frei zugänglich. Ein Besuch lässt sich gut verbinden mit einem Abstecher zur Villa Hügel, die zwei Kilometer weit entfernt liegt.