An Rhein und Ruhr. Der neue Niederrhein-IHK-Präsident Schaurte-Küppers fordert Investitionen in die Wasserstraßen. Auch Bürgerinnen und Bürger würden profitieren.
Als Nachfolger von Burkhard Landers ist Werner Schaurte-Küppers seit Jahresbeginn Präsident der niederrheinischen Industrie- und Handelskammer. Der 61-Jährige stammt aus einer alten Unternehmerfamilie, kennt die Region und ebenso die benachbarten Niederlande gut. Die Redaktion sprach mit ihm in Duisburg.
Seit Dezember sind Sie Präsident der IHK, was ist gerade aktuell?
Auf uns kommen ja ständig neue Themen zu: Inflation, Energiewandel oder Lieferkettenunterbrechung. Und jetzt ist auch noch die Krefelder Brücke kaputt, die wurde 1936 gebaut. Wir leben in einer Infrastruktur, die Anfang des 20. Jahrhunderts geschaffen wurde. Es geht um sehr viele Straßen und Brücken. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang die Wasserstraßen noch deutlicher betonen. Wir müssen die Wasserstraße gezielt fördern.
Warum ist das besonders wichtig?
Die Wasserstraßen an Rhein und Ruhr sind wirtschaftlich von großer Bedeutung. Weil sie nicht gut funktionieren, wird unser Problem noch größer. Denn die Wasserstraßen können uns dabei helfen, mehr Waren und Güter von der Straße zu bekommen. Davon profitieren dann auch die Bürgerinnen und Bürger, stehen weniger im Stau und kommen besser zur Arbeit. Hier kann man also schnell und mit relativ wenig Aufwand sehr viel erreichen. Die Schleusen-Anlagen müssen in Ordnung gebracht werden, die Schiffbarkeit muss gewährleistet sein, die ganze IT muss erneuert und instandgesetzt werden. Natürlich brauchen wir dann auch funktionierende Straßen und Brücken sowie ein gutes Schienennetz, um Waren vom Hafen aus im Hinterland zu verteilen. Es ist das Gesamtpaket. Im Bundeshaushalt 2023 sind allerdings die Investitionen in die Wasserstraßen noch mal um 350 Millionen Euro gekürzt worden, wovon wir nur unter Umständen aus dem Bereich Straßen 250 Millionen Euro wiederbekommen können. Das ist falsch.
Auch interessant
Fühlen Sie sich denn da bei der schwarz-grünen Landesregierung gut aufgehoben?
Eigentlich haben wir in NRW mit unserem Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) ja eine besondere Position, da er Vorsitzender der Verkehrsminister-Konferenz im Bund ist. Das heißt, sein Wort müsste eigentlich jetzt noch mehr zählen. Daher äußern wir dies nun laut. Ich sage: Lieber Minister, wir mit unseren Unternehmen, mit dem weltgrößten Binnenhafen, brauchen Sie, dass Sie uns hier Gelder beschaffen, dass Sie uns Genehmigungen erleichtern. Es ist höchste Eile geboten. Aber ich habe den Eindruck, es liegt in den Grundfesten seiner Partei, dass es nur langsam voran geht. Wir Unternehmer haften persönlich für unsere Entscheidungen, das ist bei Politkern anders, die eher in Wahlperioden denken. Eine Perspektive von vier oder fünf Jahren, das ist aber zu kurz für Projekte, die Jahrzehnte brauchen.
Aber die Ampel hat Ende März festgelegt, dass der Ausbau der Infrastruktur Vorfahrt hat, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden …
Doch unser Landes-Verkehrsminister sagt dazu: mal schauen. Die Chance durch den Bund wird vom Land also nicht mal symbolisch aufgegriffen, sondern es wird auf Schwierigkeiten hingewiesen, erstmal nachgedacht. Es ist erschreckend, dass der Elfmeter hingelegt und dann der Ball einfach nicht ins Tor geschossen wird. Wir in Duisburg sind von dem Thema Verkehrsinfrastruktur schon in besonderer Weise betroffen, für unseren IHK-Bezirk ist Erreichbarkeit ein wichtiger Standortfaktor.
Wie steht’s um die Häfen an Rhein und Ruhr?
Die Zusammenarbeit der Häfen ist schon deutlich besser geworden, man bespricht jetzt deutlich mehr miteinander. Markus Bangen, der neue Vorstandschef des Duisburger Hafens, macht das ganz fantastisch, er ist in der Diskussion mit den anderen Häfen ergebnisoffen. Wenn die Häfen eng zusammenarbeiten, sind wir ein gewisses Gegenstück zu Rotterdam. Rotterdam ist ein starker Hafen. Wir hier in Duisburg liegen bei 340 Millionen Euro Umsatz, Rotterdam liegt bei rund 780 Millionen Euro. Allerdings sind das auch andere Warenströme und Schiffsverkehre. Aber genau wie Rotterdam ist Duisburg schon ein sehr profitabler Hafen. Noch profitabler könnten wir werden, wenn wir die Zusammenarbeit der hiesigen Häfen untereinander und mit Rotterdam verbessern.
Auch interessant
Als ehemaliger Präsident der Deutsch-Niederländischen Handelskammer und aktueller Vize-Präsident liegen Ihnen die deutsch-niederländischen Beziehungen am Herzen; sie selbst sprechen Niederländisch. Wie können die Beziehungen noch besser werden?
Für NRW sind die Niederlande einer der wichtigsten Handelspartner, für Importe wie für Exporte. Dass unsere Wirtschaft prosperiert, haben wir auch den Niederlanden zu verdanken, dem Hafen Rotterdam und seiner Anbindung über den Rhein an den weltgrößten Binnenhafen in Duisburg. Wenn wir die Verbindung verbessern wollen, reicht es nicht, zum Urlaub in die Niederlande zu fahren. Es fehlt das Verständnis für die Kulturen. Ich kann die Niederländer nur richtig begreifen, wenn ich auch ihre Kultur verstanden habe und rücksichtsvoll damit umgehe. Wie komme ich dazu, in die Niederlande zu fahren und Deutsch zu sprechen, weil ich davon ausgehe, dass die Niederländer das verstehen? Uns ist daher wichtig, das sprachliche Verständnis zu verbessern, besonders in der Grenzregion das Erlernen der deutschen und der niederländischen Sprache oder auch den Schüleraustausch zu fördern.
Laut IHK-Prognose fehlen bis 2032 am Niederrhein rund 50.000 Fachkräfte. Wie soll sich diese riesige Lücke schließen?
Wir sind da aktiv, haben alleine 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Bereich Ausbildung und Prüfung beschäftigt, gehen in Schulen und in Betriebe, versuchen junge Menschen, die vielleicht nicht so leicht den Zugang zum Arbeitsmarkt haben, zu beraten, zu begleiten, damit sie in eine passgenaue Stelle finden. Wir wollen Mittler sein zwischen Elternhaus und Betrieben und haben Ausbildungsbotschafter. Außerdem müssen wir deutlich herausstellen: Eine akademische Ausbildung ist nicht immer attraktiver als eine duale, häufig viel praxisnähere Berufsausbildung. Nicht zuletzt brauchen wir natürlich gezielte Zuwanderung, für die wir Bürokratie und Verwaltungshürden abbauen müssen. Wir können als IHK dabei helfen, dass bereits erworbene Abschlüsse anerkannt werden. Über die Willkommenskultur müssen wir die Menschen an die Hand nehmen, in die Betriebe begleiten und Ansprechpartner bleiben. Das kostet Geld, aber es ist gut investiertes Geld. NRZ