Hagen. Friedrich-Wilhelm Göbel verhandelt fast pausenlos um von Schließung bedrohte Galeria-Standorte. Am Dienstag musste er in eigener Sache zu Gericht.

Friedrich-Wilhelm Göbel entwickelt sich für viele Beschäftigte der schwer angeschlagenen Warenhaus AG Galeria Karstadt Kaufhof gerade zum Hoffnungsträger. Der 59-jährige Geschäftsmann hatte angekündigt, bis zu 25 der aktuell noch 47 von Schließung bedrohten Galeria-Standorte mitsamt Personal für seine neue Textilhandelskette „aachener“ übernehmen zu wollen. Seit Wochen ist Göbel in Gesprächen mit Vermietern, Zulieferern und amtierenden Galeria-Vorständen. Kaum vorstellbar, dass da noch Zeit für andere Themen bleibt.

Millionenimmobilie in Kitzbühel

Es läuft ein Strafverfahren wegen falscher Versicherung an Eides Statt. Laut Göbel resultiere dies aus einer „uralten Geschichte“, die nichts mit den neuen Modehäusern „aachener“ und auch nicht mit seiner vorherigen Tätigkeit als Chef der Hagener Textilhandelskette Sinn zu tun habe. „Es ist eine Auseinandersetzung, die ich seit 2008 mit einem ehemaligen Geschäftspartner führe. Es ist extrem ärgerlich für mich und hat mich schon sehr viel Geld gekostet“, erklärt der Manager gegenüber unserer Zeitung.

Das in Hagen anhängige Strafverfahren läuft laut Auskunft des dortigen Amtsgerichts seit Sommer 2020 und resultiert offenbar aus dem Zivilverfahren, das ein früherer Geschäftspartner bei der Viscardi AG München wegen seiner Ansprüche gegenüber Göbel seit 15 Jahren verfolgt. Göbel war Mitgründer der Investmentbanking-Gesellschaft und ihr Chef, bis Viscardi 2015 pleite ging und laut Handelsregister nach der Insolvenz aufgelöst wurde.

Im Zuge der Vermögensoffenlegung wird Göbel vorgeworfen, falsche Angaben gemacht zu haben. Dies wäre ein Straftatbestand, der mit Haftstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden kann. Das Verfahren in Hagen wurde gestern vertagt, weil Göbels Anwalt aus privaten Gründen unpässlich war. Die konkreten Vorwürfe im Strafverfahren benennt das Gericht so: Sein monatliches Einkommen als Sinn-Chef soll Göbel um eintausend Euro zu niedrig angegeben haben. Die fragliche Gehaltsabrechnung von Sinn sei tatsächlich falsch gewesen, aber korrigiert worden, sogar zu seinen Ungunsten, so Göbel. Außerdem soll er den Verkauf einer Immobilie in Kitzbühel in Tirol im August 2018 an seine damalige Frau verschwiegen haben. Wert laut Gericht: rund 4,7 Millionen Euro.

Inzwischen sind Göbels längst geschiedene Leute. Isabella Göbel ist 2021 an Stelle ihres Ex-Mannes Friedrich-Wilhelm als Chefin bei der Textilhandelskette Sinn eingestiegen. Friedrich-Wilhelm Göbel startete das Projekt Modehaus „aachener“, eröffnete 2022 die erste Filiale und befindet sich mit der TEH Textilhandelsgesellschaft und aachener seitdem auf Expansionskurs. Dazu gehört auch die Ankündigung, zahlreiche Galeria-Standorte übernehmen zu wollen, sobald sie rechtskräftig von der Warenhaus AG gekündigt worden sind und die Konditionen der Immobilienvermieter aus Göbels Sicht stimmen. Dass die Übernahmen tröpfchenweise verkündet werden, sei bedauerlich, hänge aber daran, dass viele Vermieter bis letzte Woche noch mit Galeria verhandelt haben. „Ich hoffe, dass der Termin der Gläubigerversammlung am vergangenen Montag dazu führt, dass sich die Dinge beschleunigen“, sagt Göbel, der durchblicken lässt, dass in NRW sehr kurzfristig noch ein Standort von aachener übernommen wird.

Für Dortmund optimistisch

Insgesamt werde es bis ins kommende Jahr dauern, ehe Klarheit an allen Galeria-Standorten herrsche, prognostiziert Göbel mit Blick auf die unterschiedlich auslaufenden Mietverträge. Sein großes Interesse an Standorten wie Essen, Dortmund und Hagen hat Göbel mehrfach bekundet. Dass es in Dortmund und Essen Leerstände geben wird, glaubt Göbel eher nicht. Ebenso interessant seien die meisten anderen Galeria-Schließungsstandorte.