Lippstadt/Düsseldorf. Produkte des Zulieferers Hella sind heiß begehrt. Die Lippstädter müssen bei Neuentwicklungen nun wählerisch sein. Hellachefs erklären, warum.

Die Produkte des Autozulieferers Hella sind auf dem Weltmarkt derart gefragt, dass die Lippstädter in Zukunft die Nachfrage steuern müssen. Die Kapazitätsgrenzen sind aktuell erreicht. Wesentlicher begrenzender Faktor seien fehlende Ingenieure für die Forschung und Entwicklung. „Wir müssen schauen, welche Kunden erfolgreich sein werden und mit wem wir dann unsere Projekte realisieren“, erklärte Hella-Finanzchef Bernard Schäferbarthold am Dienstagmorgen bei der Bilanz des Rumpfgeschäftsjahres 2022 mit Blick auf Neuentwicklungen.

China diktiert das Tempo

Zur Stammkundschaft von Hella gehören nicht zuletzt die deutschen Premiumhersteller, mittlerweile stehen sie aber in Konkurrenz zu aufstrebenden chinesischen Autobauern. Debatten um Verbrenner hin oder her interessieren in Lippstadt dabei wenig bis gar nicht. Vielmehr ist Hella im Elektronik- und im Lichtsegment Marktführer für Technologien rund um Elektromobilität, Digitalisierung und autonomes Fahren. Die Westfalen bedienen genau die Themen, die auf dem Weg zu klimaneutraler Mobilität und Digitalisierung viel Wachstum versprechen. „Bis hin zu Level 3 plus beim autonomen Fahren“, sagt Finanzchef Schäferbarthold.

Am 21. März präsentierte der Autozulieferer Hella aus Lippstadt die Bilanz des Rumpfgeschäftsjahres 2022, das von Juni bis Dezember dauerte. 4,4 Mrd. Euro Umsatz und Neuaufträge im Wert von 7 Mrd. Euro waren u.a. Kennzahlen. Hella wurde im Januar 2022 von Faurecia übernommen und firmiert mit dem französischen Konzern nun gemeinsam unter der Marke Forvia. Im Bild: Hella-Finanzchef Bernard Schäferbarthold (rechts) und Hella-CEO Michel Favre 
Am 21. März präsentierte der Autozulieferer Hella aus Lippstadt die Bilanz des Rumpfgeschäftsjahres 2022, das von Juni bis Dezember dauerte. 4,4 Mrd. Euro Umsatz und Neuaufträge im Wert von 7 Mrd. Euro waren u.a. Kennzahlen. Hella wurde im Januar 2022 von Faurecia übernommen und firmiert mit dem französischen Konzern nun gemeinsam unter der Marke Forvia. Im Bild: Hella-Finanzchef Bernard Schäferbarthold (rechts) und Hella-CEO Michel Favre  © Jens Helmecke - WP | Jens Helmecke

Dies zeigt sich auch am Ergebnis des Rumpfgeschäftsjahres 2022, das lediglich sieben Monate, von Juni bis Dezember dauerte. Sieben Monate, in denen sich Hella von den Kunden im Schnitt pro Monat Aufträge im Wert von einer Milliarde Euro in die Bücher schreiben durfte. Ein Trend, der laut Hella-Vorstandsvorsitzendem Michel Favre nicht abzureißen scheint. Besonders die Nachfrage aus China sei in diesem Frühjahr noch einmal deutlich gestiegen. Asien entwickelt sich weiter zu dem Perspektivmarkt für die Autobranche, für Hella ebenso wie für Faurecia, den französischen Zulieferer, der das Lippstädter Traditionsunternehmen vor einem Jahr mehrheitlich übernommen hatte. Seit Januar 2022 treten die beiden Unternehmen auf dem Weltmarkt gemeinsam unter der Marke Forvia auf. Auch bei Messen wie jüngst der CES in Las Vegas, der weltgrößten Elektronikmesse. Bald auch bei der Automobilmesse in Schanghai und natürlich auf der IAA, die mittlerweile in München stattfindet.

Französische und deutsche Kollegen hätten zwei verschiedene Wege zu arbeiten, sagt Hella-Chef Favre. Rückblickend sei er „mit dem Zusammenwachsen sehr zufrieden.“

Bis Ende 2025 sollen bei Forvia durch Synergien die jährlichen Kosten um rund 300 Millionen Euro gesenkt werden. Vor einem Jahr war man noch von 250 Millionen Euro Potenzial ausgegangen. Je zur Hälfte sollen Faurecia und Hella ihren Beitrag dazu leisten. Bei der Akquise habe sich der Zusammenschluss bereits bezahlt gemacht. Als Forvia habe man Aufträge in Höhe von 1,8 Milliarden Euro gemeinsam gewonnen. Während Hella besonders stark mit den deutschen Autobauern im Geschäft ist, hat Faurecia auf dem französischen und japanischen Markt Stärken. Als Forvia erschließen sich beide neue Kundschaft. Auch wenn die Geschäfte in Europa zuletzt deutlich schlechter als in Amerika und vor allem Asien liefen und dort jeweils neue Werke gebaut werden sollen, wird auch in Deutschland am Hella-Stammsitz investiert.

Moderner Campus am Stammsitz

Der Standort mit dem schon beinahe historischen Backsteinbau an der Zentrale in Lippstadt mitsamt dem Werk Eins soll einem modernen Campus weichen. Die Höhe der Investition steht noch nicht fest. Ob alles abgerissen wird, ebenfalls nicht. Spätestens Ende dieses Jahres sollen die Pläne stehen und – vielleicht mit dem Jahresabschluss 2023 und sicher einem Rekordumsatz von erstmals mindestens acht Milliarden Euro – verkündet werden. Perspektivisch schaut Michel Favre bereits heute auf die 10 Milliarden Euro Umsatzmarke, erklärte er am Dienstag in Düsseldorf.

2,88 Euro Dividende

2022 übernahm der französische Konzern Faurecia 80 Prozent an Hella. Seitdem agieren beide unter der Marke Forvia.


Hella hatte 2022 nur ein Rumpfgeschäftsjahr von Juni bis Dezember, um den Rhythmus an Faurecia anzupassen. Erzielt wurde ein Umsatz von 4,4 Milliarden Euro und ein bereinigtes Ergebnis von 222 Millionen Euro. Wegen des Verkaufs der Anteile am Zulieferer HPBO an Plastic Omnium, sollen die Aktionäre eine Dividende von 2,88 Euro erhalten, davon 2,61 durch den Verkauf von HPBO.