Essen. Gastronomen und Hoteliers freuen sich nach der Pandemie über steigende Umsätze. Wie Personalnot und Inflation der Branche trotzdem zusetzen.
Neben Lokalmatadoren wie dem Dortmunder Kronen Export und dem Moritz Fiege Zwickelbier reihen sich Exoten wie das Murphy’s Red Ale aus Irland und Budweiser Budvar Lagerbier aus Tschechien ein. Insgesamt 26 verschiedene Biere fließen durch die Zapfhähne im Restaurant „Hopfen und Salz“ in Dortmund. Das Kuriose: Nach der Pandemie kommen nun wieder genug Gäste, um die ganzen Sorten zu trinken. Und doch handelt es sich um ein Sparangebot.
Um den steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen auch nur annähernd Herr zu werden, musste Inhaber Antonio Link die Preise im Dortmunder „Hopfen und Salz“ und in den beiden Ablegern in Hagen und Lüdenscheid erhöhen. „Aber weil wir den Kunden für ein 0,3-Bier keine sieben Euro zumuten können, mussten wir teure Sorten gegen billigere austauschen“, erklärt Link. Deswegen gibt es jetzt Kronen statt Kona, Bayreuther statt Cusqueña und Rodenbach statt Brooklyn.
Umsätze im Gastgewerbe steigen nach Corona deutlich
Dabei lassen die Umsatzzahlen auf den ersten Blick ein anderes Bild vermuten. Die drei „Hopfen und Salz“-Lokale haben 2022 laut Antonio Link 30 Prozent mehr Geld eingenommen als im Vorjahr. Viele Gastronomen haben Ähnliches erlebt: Im gesamten Gastgewerbe sind die Umsätze inflationsbereinigt im vergangenen Jahr um 47 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Der Jahresumsatz der Branche liegt nur noch knapp hinter dem von 2019.
Das Ende nahezu aller Corona-Maßnahmen hat viele Menschen wieder in Kneipen, Restaurants und Bars getrieben. Hotels haben außerdem davon profitiert, dass Großveranstaltungen wie Messen und Konzerte wieder stattfanden. „Die Mehreinnahmen bringen dir aber nichts, wenn sich die Energiepreise vervierfachen und deine Kosten um 60 Prozent steigen“, sagt „Hopfen und Salz“-Chef Link. Wirtschaftlich gehe es dem Betrieb nun schlechter als während der Pandemie: „Da haben wir wenigstens Hilfe vom Staat bekommen.“
Für viele Gastronomen und Hoteliers haben sich die Probleme der vergangenen knapp drei Jahre nicht in Luft aufgelöst, sondern lediglich verschoben. Das sagt auch Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) NRW: „Bis April hatten sie mit Corona zu kämpfen, jetzt mit der Inflation, den hohen Energiekosten und einer verschärften Personalknappheit. 2022 war nicht das Jahr zum Durchstarten, wie wir es uns erhofft haben.“
Fehlende Aushilfen werden zum Problem für Gastronomen
Das fehlende Personal ist ein Dauerproblem – sowohl was Fachkräfte als auch Aushilfen angeht. Der Dehoga-Bundesverband rechnet mit derzeit 50.000 offenen Stellen in Restaurants, Cafés, Hotels, Pensionen und anderen Betrieben. Thorsten Hellwig zufolge hätten während der Pandemie haben vor allen Dingen Aushilfskräfte, die kein Kurzarbeitergeld bekamen, die Branche verlassen. Nun würde die Jobsicherheit steigen und viele Aushilfen kämen schrittweise zurück – „auch wenn uns das Thema wie viele anderen Branchen auch noch lange beschäftigten wird.“
An Service-Kräften und Köchen fehlt es auch in den drei „Hopfen und Salz“-Restaurants. Inhaber Antonio Link hat in den Lokalen einiges umgebaut, um auch mit weniger Personal zurechtzukommen. So gibt es im Biergarten in Dortmund zum Beispiel einen Bereich, in dem Kunden nur über einen QR-Code oder den Online-Shop bestellen und bezahlen können. „So müssen Kellner nur nach zum Tisch, um Getränke und Essen zu liefern“, erklärt er. Dadurch könne er in der Spitze 20 Prozent Personal sparen.
Mintrop-Hotels in Essen „nach Corona gut gestartet“
Mit weniger Sorgen hat Moritz Mintrop zu kämpfen. Er führt gemeinsam mit seinen Eltern die drei Essener Mintrop-Hotels in Burgaltendorf, Margarethenhöhe und Rüttenscheid. „Uns sind einige Aushilfen weggebrochen. Wir haben uns aber gut umsortiert und die Arbeit anders verteilt“, erklärt Mintrop. So treffe ihn die Personalnot weniger als manch anderen in der Branche. Auch finanziell erkennt er eine positive Entwicklung: „Wir müssen natürlich die Kosten im Auge behalten, aber sind nach Corona gut gestartet.“
Der gegensätzliche Blick auf die aktuelle Situation des Gastgewerbes von Antonio Link und Moritz Mintrop zeigt: Die Stimmung in der Branche ist gespalten. Das erkennt auch Dehoga NRW-Sprecher Thorsten Hellwig: „Das Gastgewerbe ist eine optimistische Branche, doch seit der Pandemie ist die Verunsicherung gewachsen.“
Das zeige auch eine stichprobenartige Umfrage des Dehoga NRW. Der Verband hat 200 Unternehmer befragt, ob sie befürchten, 2023 mit ihrem Betrieb in die Verlustzone zu geraten. 29,6 Prozent hätten die Frage mit „ja“ beantwortet, 37,9 Prozent mit „nein“, 32,5 Prozent mit „weiß ich nicht“. Hellwig meint: „Die Inflation und die Personalengpässe lassen nur einen vorsichtigen Optimismus zu.“