Essen/Duisburg. Erst Corona, jetzt explodierende Lebensmittel- und Energiepreise. Wird essen gehen und reisen für viele Menschen unbezahlbar?

Eigentlich wäre längst geöffnet um diese Tageszeit. Aber seit einigen Wochen muss Marc Weber erst einmal aufschließen, wenn es klopft morgens um 11 Uhr. „Den Mittagstisch haben wir in Corona-Zeiten eingestellt“, sagt der Geschäftsführer des Webster Brauhauses in Duisburg. Hat sich nicht gelohnt. „Viele Leute sind ja immer noch im Homeoffice.“ Und andere sind noch vorsichtig. Vorsichtiger jedenfalls, als das Gesetz es vorschreibt. „Corona“, sagt Weber, „ist noch nicht vorbei.“ Aber Corona ist längst nicht mehr das einzige Problem für Gaststätten, Clubs und auch Hotels.

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Weber bittet an einen Tisch und überlegt kurz, als er auf die Frage antworten soll, wie es der Branche geht im Augenblick. Kurze Frage, schwierige Antwort. „Man kann das nicht alles über einen Kamm scheren“, sagt der 61-jährige. In Köln oder Düsseldorf etwa sei es in den Lokalen zuletzt wieder ganz gut gelaufen. „Dort ist das Ausgehverhalten der Menschen, insbesondere bei jüngeren, aber auch ein ganz anderes.“ Aber selbst dort fehlen oft noch die Touristen. Die sind eher an der Ost- und Nordsee. Die haben wir in den NRW Städten nicht.“

Geschäftsreisende sind noch nicht zurück

Was sie hatten im Brauhaus vor Corona waren Geschäftsreisende, die von den großen Messen in Essen oder Düsseldorf in die Stadt gelockt wurden. „Aber die sind ja komplett weggefallen.“ Selbst wenn Messen nun bald wieder starten, werde das Brauhaus die Umsätze von 2019 so schnell nicht wieder erreichen. „Veranstaltungen werden ja erst einmal ein ganzes Stück kleiner ausfallen.“

Fordert Perspektiven: Karin Poppinga, Chefin des Hotel Franz in Essen
Fordert Perspektiven: Karin Poppinga, Chefin des Hotel Franz in Essen © FFS | Kai Kitschenberg

Es sind Einschätzungen, die Karin Poppinga, Direktorin des Stadthotel Franz in Essen einige Stunden später teilt. „Den Touristik-Hotels etwa an der Küste geht es wieder gut, doch wir sind ein Tagungshotel. Und Tagungen in Präsenz hat es in den letzten Jahren so gut wie nicht gegeben.“ Vieles, fürchtet die Hotelchefin, werde auch künftig zumindest teilweise online laufen.

Corona-Hilfen haben geholfen

Prognosen seien schwierig, sind sich Weber und Poppinga einig. „Die staatlichen Corona-Hilfen haben der Branche sehr geholfen“, sagt der Brauhaus-Chef, der gleichzeitig auch Vorsitzender Fachgruppe Gaststätten und verwandte Betriebe des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) NRW ist. „Für viele Betriebe wird die Stunde der Wahrheit erst schlagen, wenn sie wegfallen.“

Das Brauhaus selbst stehe dank der Hilfen „nicht schlecht da“. Weniger Stornierungen und die Anmeldungen für Ostern liefen bisher auch ganz gut. Genau wie die Buchungen im Hotel Franz für Spätsommer und Herbst. „Es ging gerade wieder in die richtige Richtung.“ Doch seit Russland in die Ukraine einmarschiert ist, plagen Wirte und Hoteliers ganz neue Sorgen. Die Kosten für Energie explodieren und auch bei den Lebensmittel kennen die Preise nur eine Richtung: nach oben. Was teurer geworden ist? „Fragen Sie lieber mal, was nicht“, sagt Weber..“

„Die Preissteigerungen müssen wir weitergeben“

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Der Braumeister spricht von einer „einmaligen Situation“. „Die Preissteigerungen sind so massiv, die müssen wir weitergeben.“ Aber wie teuer darf das Essen und Feiern außer Haus werden? „Wir wandeln auf einem schmalen Grat“, ist nicht nur Weber klar. Denn Teile der Kundschaft könnten sich angesichts von Rekordinflation und drohender Wirtschaftskrise in den kommenden Monaten sehr zurückhalten. „Zu teuer darf es nicht werden“, weiß Weber. „Sonst bleiben die Menschen zu Hause.“

Eine Sorge, die Poppinga teilt. „Dann wird der runde Geburtstag lieber mit einer Grillparty im eigenen Garten gefeiert, statt bei uns.“ Bei den bereits gebuchten Events in den Tagungsräumen des Hotels versuche man alles, um die Preise für Catering und Service zu halten. Neubuchungen aber würden bald teurer werden. „Anders kommen wir nicht über die Runden.“

Perspektiven für den Herbst – und eine bessere Kommunikation

Die Außengastronomie soll es richten: Viele Wirte hoffen auf einen guten Sommer.
Die Außengastronomie soll es richten: Viele Wirte hoffen auf einen guten Sommer. © dpa | Sebastian Kahnert

Zumal auch der Einstiegslohn im Gastgewerbe in NRW demnächst auf 12,50 Euro steigt und ein neuer Tarifvertrag für die Branche in Kraft tritt. „Da kommt was zusammen“, bestätigt Weber und hofft auf weitere Unterstützung des Staates. „Aber nicht nach dem Gießkannenprinzip sondern dort, wo es wirklich eng wird.“ Ebenso wichtig, da sind sich Weber und Poppinga einig, sind „Perspektiven für den Herbst“. „Corona wird dann nicht verschwunden sein“, ist Weber überzeugt. Natürlich könne man nicht vorhersagen, wie genau sich das Virus entwickelt, sagt die Hoteldirektorin. Aber man brauche „Was-wäre-wenn-Szenarien“, fordert Weber. Und bessere Kommunikation. „Es kann doch nicht sein, dass Änderungen immer erst Stunden, bevor sie in Kraft treten, bekannt gegeben werden.“

Immerhin, eines ist besser geworden bei Marc Weber. Er schläft wieder ganz ordentlich in der Nacht. „Irgendwann“, glaubt der gebürtige Luxemburger, „gewöhnt man sich wohl einfach an die Krisenstimmung, die überall herrscht.“