Brüssel. CO2-Ausstoß wird innerhalb der EU teurer. Warum das aus deutscher Sicht gerecht ist, erklärt der Europaabgeordnete Peter Liese.

Die Europäische Union hat sich in der Nacht zu Sonntag auf eine Verschärfung des CO2-Zertifikatehandels verständigt. Als Verhandlungsführer für das EU-Parlament saß Peter Liese, CDU-Europaabgeordneter aus Südwestfalen, mit EU-Kommissar Frans Timmermans und dem tschechischen Botschafter bei der EU am Tisch. Die Verschärfung des europäischen Emissionshandels ist perspektivisch nicht nur für das Klima, sondern auch für Deutschland wichtig, wo im europäischen Vergleich durch nationale Bepreisung energieintensive Unternehmen und Privatleute bereits heute mehr für CO2-Verschmutzung bezahlen als in Nachbarländern der EU. „Dieser Nachteil wird mit der Einigung ausgeglichen.“

Kostenlose Zertifikate passé

Es sei ein hartes Stück Arbeit nach vielen Nachtsitzungen und intensiven Gesprächen gewesen, erklärte der Mescheder CDU-Europaabgeordnete Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der konservativen Fraktion (EVP) im EU-Parlament. Das Parlament hatte sich bereits im Sommer auf einen Vorschlag für mehr Klimaschutz und EU-weite Lösungen geeinigt. Nun ging es darum, mit der Kommission und im Einklang mit den nationalen Interessen der Mitgliedsstaaten auf eine gemeinsame Linie zu kommen.

Im Ergebnis werden die 2005 mit dem europäischen Zertifikatehandel (ETS) begonnenen Bemühungen, die Treibhausgasemissionen zu senken, deutlich verschärft. Kostenlose Zertifikate, die zur globalen Wettbewerbsfähigkeit an große Emittenten aus der Wirtschaft verteilt wurden, soll es ab 2034 gar nicht mehr geben.

Im Vergleich zum ETS-Start 2005 sollen die CO2-Emissionen dann um mehr als 60 Prozent gesenkt worden sein. Seit 2005 müssen beispielsweise Stromerzeuger, die Kohlekraftwerke betreiben, sowie energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie und Zementhersteller Zertifikate erwerben, um ihren CO2-Ausstoß auszugleichen und den Anreiz für klimafreundliche Innovationen zu erhöhen.

Müllverbrennung ab 2028 in EU besteuert - in Deutschland schon ab Januar

Mit dem Brüsseler Beschluss von diesem Wochenende werden innerhalb der EU absehbar auch die Bereiche Verkehr, hier verstärkt auch Schiffs- und Flugverkehr, ins System einbezogen. Zudem ab 2027 die Gebäudebewirtschaftung, und damit Privathaushalte bei den Kosten für Kraftstoff, Erdgas und Heizöl. Für Unternehmen und Privatverbraucher hierzulande keine beunruhigende Nachricht, weil es in Deutschland bereits eine nationale CO2-Bepreisung gibt. „Für Deutsche ändert sich insofern nichts“, versichert Verhandlungsführer Liese – außer, dass es mittelfristig innerhalb der EU gerechter zugehen wird. Dies ist insbesondere für die von der nationalen CO2-Bepreisung betroffenen energieintensiven mittelständischen Betriebe wichtig.

Ab 2028 werden auch die Betreiber von Müllverbrennungsanlagen in der EU zur Kasse gebeten – in Deutschland durch eine nationale Regelung bereits ab 2023.

Für die Wirtschaft mindestens ebenso wichtig wie eine gerechte Belastung innerhalb der Europäischen Union ist die Entscheidung für einen CO2-Grenzausgleich. Damit sollen aus Drittländern in die EU eingeführte Waren sukzessive mit einer Abgabe belastet werden, um Wettbewerbsnachteile für EU-Unternehmen abzumildern – dies aber erst ab 2026. „Anfangs in homöopathischen Dosen von 2,5 Prozent der durch ETS bedingten Mehrkosten für EU-Unternehmen. Selbst dies werden die Drittländer nicht so einfach akzeptieren“, sieht Liese noch Konfliktpotenzial. Parallel werde die Ausgabe von kostenlosen Zertifikaten im ETS bis 2034 auf Null zurückgefahren.

Antwort auf USA-Subventionen

Von den Einnahmen aus dem Zertifikatehandel sollen auch industrielle Projekte zur Dekarbonisierung von der EU gefördert werden. Das sind etwa die Umstellung bei Thyssenkrupp Stahl in Duisburg hin zum grünen Stahl, Innovationen zur klimafreundlichen Zementherstellung wie in Erwitte, aber auch Vorhaben wie der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur im ländlichen Raum wie beim Projekt „Hydronet“ in Arnsberg. Auch hier kämen Gelder aus dem gerade von 10 auf 50 Milliarden Euro aufgestockten Topf infrage, glaubt Liese. „Der Fördertopf ist eine erste Antwort der EU auf das Subventionsprogramm in den USA. Wenn wir unsere Unternehmen in der EU nicht unterstützen, ist dies wie eine Einladung für sie, in den USA zu investieren.“

Die USA haben im August beschlossen, Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen in den USA mit rund 375 Milliarden Dollar zu unterstützen. Der „Inflation Reduction Act“ (IRA) soll – wie der Name schon sagt – auch die galoppierende Inflation dort bremsen.