Essen. BKK-Statistik: Beschäftigte wurden in diesem Oktober viel häufiger krank als in den Corona-Jahren. Das liege auch an geschwächten Immunsystemen.

Dass der erste Herbst ohne große Corona-Auflagen seit 2020 eine heftige Grippewelle mit sich bringen würde, hatten alle Gesundheitsexperten erwartet. Nun bringen die jüngsten Zahlen der Betriebskrankenkassen Gewissheit: Während schon im Jahresverlauf deutlich mehr Krankenscheine ausgestellt wurden als in den Vorjahren, sind die Fehlzeiten erkrankter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Oktober sprunghaft angestiegen. In Nordrhein-Westfalen waren im Oktober von den rund eine Million Beschäftigten unter den BKK-Versicherten durchschnittlich 6,7 Prozent krank, im Vorjahr betrug der Krankenstand 5,0 und 2020 nur 4,8 Prozent.

Erkältungen, grippale Infekte und RS-Virus-Erkrankungen bekommt in diesen Wochen so ziemlich jede Familie direkt oder in ihrem Umfeld zu spüren. In Schulklassen bleiben viele Stühle leer, ebenso in Büros und an anderen Arbeitsplätzen. Besonders oft trifft es Beschäftigte in nichtmedizinischen Gesundheitsberufen, so fehlten im Oktober 8,9 Prozent der Altenpflegekräfte und Physiotherapeutinnen. Fast genauso oft meldeten sich Busfahrer krank, deren Arbeitsplatz in voll besetzten Fahrzeugen offenbar Infektionen begünstigt.

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Für das Gesamtjahr 2022 prognostiziert der BKK Landesverband Nordwest einen Krankenstand von 6,0 Prozent nach 5,2 Prozent im vergangenen Jahr. Schon 2021 wurden Altenpflegerinnen und Altenpfleger mit am häufigsten krank, sie fehlten durchschnittlich an 36 Arbeitstagen – fast doppelt so oft wie alle anderen Berufsgruppen im Durchschnitt (19 Tage). Die Gründe sieht der BKK Landesverband „in den hohen physischen wie auch psychischen Belastungen und den Mangel an professionellen Nachwuchskräften“. Lehrkräfte fehlten dagegen im Schnitt nur 9,7 Tage im Jahr.

Muskel- und Skeletterkrankungen sind den Daten zufolge nach wie vor die häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU), gefolgt von psychischen Störungen, Verletzungen und Vergiftungen. Ausschlaggebend für die seit diesem Sommer steil ansteigenden Krankenstände sind aber Atemwegserkrankungen und grippale Infekte – im Oktober wurden sie für mehr als jeden vierten Fehltag als Grund angegeben.

BKK Nordwest rät zu Grippeschutzimpfungen

Der BKK-Landesverband Nordwest rät zu Grippeschutzimpfungen und wieder stärkeren Hygienemaßnahmen. Denn die Gründe des Anstiegs der Infektionskrankheiten sehen die Betriebskrankenkassen in der Vergangenheit: Der nie dagewesene Hygieneschutz und auch der starke Trend zum Homeoffice haben zwar in der Pandemie viele Menschen vor Corona-Infektionen geschützt. Der stark verminderte Kontakt mit Krankheitserregern habe aber zugleich das Immunsystem geschwächt, so dass es jetzt anfälliger sei für alle möglichen Infekte.

Im Gesamtjahr 2021 lagen im Vergleich der Städte und Kreise landesweit einmal mehr die Ruhrgebietsstädte vorn – in Herne fehlte jeder Beschäftigte an durchschnittlich 25,5 Arbeitstagen, in Hagen (23,90 AU-Tage) und Gelsenkirchen (23,04 AU-Tage) nur unwesentlich weniger. Die Beschäftigten in Bonn (12,94 AU-Tage), Düsseldorf (13,01 AU-Tage) und Münster (14,09 AU-Tage) fehlten dagegen nur etwa halb so oft.