Essen. OB Frank Dudda und der RVR stoßen Neuauflage der internationalen Bauausstellung Emscherpark an. Es soll um Wandel im Revier gehen.
Ob Landschaftspark Duisburg Nord, der Oberhausener Gasometer oder die Zeche Zollverein in Essen – Projekte der Internationalen Bauausstellung Emscherpark, die 1999 zu Ende ging, verleihen dem Ruhrgebiet bis heute Glanz und brachten neue Arbeitsplätze. Jahrzehnte später unternimmt der Herner Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) einen Vorstoß für eine Neuauflage der IBA.
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„Das Ruhrgebiet befindet sich seit der Bergbaukrise 1963 in einem permanenten Umbauprozess. Seit der Internationalen Bauausstellung Emscherpark und der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 gab es keine in die Zukunft gerichtete Geschichtenerzählung mehr, die die Lebensqualität und Wirtschaftskraft unserer Region vorwärts gerichtet abbildete“, sagt Dudda. Sein Wort hat Gewicht. Der 59-Jähriges ist nicht nur Hernes Stadtchef. Als Vorsitzender der Verbandsversammlung beim Regionalverband Ruhr (RVR), in der gewählte Vertreterinnen Vertreter der Revier-Kommunen sitzen, ist er auch höchster Repräsentant des Ruhrgebiets.
EU, Bund und Land überzeugen
Dudda hat einen klaren Plan, wie die Metropole mit ihren 53 Städten und mehr als fünf Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wieder mehr internationale Aufmerksamkeit erhalten könnte. „Wir wollen die Europäische Kommission, die Bundes- und Landesregierung davon überzeugen, dass wir ein IBA-Anschlussprojekt brauchen, ein Projekt des Industriewandels von nationaler Bedeutung“, sagt er. „Zwischen Duisburg und Hamm können wir zeigen, wie Wandel funktioniert, wie wir industrielle Brachflächen revitalisieren und internationale Ausstrahlungskraft entwickeln.“
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Die IBA Emscherpark hatte zwischen 1989 und 1999 nach offiziellen Angaben rund 2,5 Milliarden Euro öffentliche und private Mittel in mehr als 120 Projekte gespült. Mitten in der Kohle- und Stahlkrise konnte die Region den Aufbruch gut gebrauchen. Damals begann die Renaturierung der Emscher, der Ausbau der Route der Industriekultur, aber auch der Aufbau eines aktiven Flächenmanagements.
Genau hier will Dudda ansetzen. Die Gewerbeflächen-Knappheit treibt das Ruhrgebiet seit vielen Jahren um. „Mir schwebt ein ,Band der Freiflächen‘ längs der Ruhr und am Rhein-Herne-Kanal vor. Dieses Band könnte bedeutende Projekte wie Hochfeld in Duisburg, Blumenthal in Herne, Freiheit Emscher in Essen und den neuen Hafen in Dortmund verbinden“, sagt der Vorsitzende der RVR-Verbandsversammlung.
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Ende November wollen Repräsentanten des Ruhrgebiets nach Brüssel reisen, um für Unterstützung einer IBA 2.0 zu werben. Am 2. März 2023 ist eine große Veranstaltung in Berlin geplant, zu der auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingeladen ist. Dudda und Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel wollen die EU, den Bund und das Land NRW mit ins Boot holen, aber auch die Wirtschaft. „NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur hat das Ruhrgebiet als Innovationsbetreiber erkannt. Das hat uns ermutigt. Wir lösen uns vom Bild des ewigen Bittstellers. Unser Ziel ist es, die grünste Industrieregion der Welt zu werden“, gibt der Herner Oberbürgermeister die Richtung vor.
Zentrales Zukunftsthema ist Wasserstoff
Zentrales Thema soll dabei freilich das Megathema Wasserstoff sein. „Bei der Transformation von Kohle und Gas auf grünen Wasserstoff liegt das Ruhrgebiet ganz weit vorn, weil es hier viele Unternehmen gibt, die Wasserstoff herstellen oder nutzen wollen“, gibt sich Geiß-Netthöfel selbstbewusst. Die zentrale Frage dabei sei, „wie wir im Ruhrgebiet an ausreichende Mengen grünen Wasserstoffs kommen“, sagt die Regionaldirektorin. Oft fehlten nur die Anbindungen zum Beispiel an die Leitungen aus Rotterdam oder in Niedersachsen.
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„Das Leitungsnetz für Wasserstoff ist im Ruhrgebiet bereits 240 Kilometer lang“, so Geiß-Netthöfel. Dennoch sei ein Ausbau erforderlich. „Dafür müssen wir aber die Genehmigungsverfahren beschleunigen. Es kann nicht sein, dass die Genehmigungsbehörden wegen der Komplexität der rechtlichen Vorgaben für 20 Kilometer vier oder fünf Jahre benötigen“, fordert die Regionaldirektorin. „Wenn wir endlich die Sonnen- und Windenergie in Nordrhein-Westfalen voranbringen, können wir auch selbst grünen Wasserstoff produzieren. Die Emscher-Lippe-Region ist da schon sehr weit.“
Werben mit dem „unfertigen Ruhrgebiet“
Aber nicht nur mit Wasserstoff will die Metropolregion punkten. Internationale Aufmerksamkeit will man auch mit dem Bild des „unfertigen Ruhrgebiets“ erregen, in dem es noch viel zu tun und zu bauen gibt. Eine Umfrage des Instituts YouGov im Sommer hatte ergeben, dass vor allem hochqualifizierte Menschen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren gern in unfertigen Regionen wie dem Ruhrgebiet leben. Die Demoskopen fanden heraus, dass hier die „Anpackmentalität“ besonders ausgeprägt sei. Und: 43 Prozent der befragten 18- bis 29-Jährigen sind davon überzeugt, dass die Metropole Ruhr eine wirtschaftliche Dynamik wie Berlin in den 2000er-Jahren entfalten kann.
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Auf diese ermutigenden Daten will Geiß-Netthöfel aufbauen. „Wir haben die Räume, die Flächen und den noch bezahlbaren Wohnraum. Im Gegensatz etwa zu Berlin ist das Ruhrgebiet noch nicht fertig und bietet noch echte Gestaltungsräume“, meint die Regionaldirektorin. „Damit geben wir jungen kreativen Menschen und Start-ups die Möglichkeit, hier aktiv zu werden.“