Düsseldorf. Dermanostic bietet Hautarzt-Diagnose per App. Über Scale-up NRW erhält das Start-up ein Coaching. Was der Ergo-Manager Mark Klein Gründern rät.
Wer den Rat eines Hautarztes braucht, wartet Wochen oder gar Monate auf einen Termin. Das Start-up Dermanostic bietet eine Erstdiagnose per Handyfoto. Über das Landesprogramm Scale-up NRW erhalten die Gründerinnen und Gründer nun prominente Unterstützung auf ihrem Wachstumskurs.
Alice Martin stammt aus Dortmund und ist Hautärztin. Während ihrer Zeit im Universitätsklinikum Düsseldorf wurde sie immer wieder von Familienmitgliedern und Freunden per Foto um Rat gefragt, wenn sie Hautveränderungen an sich selbst beobachteten. Das war die Grundidee für das Start-up Dermanostic, das Martin gemeinsam mit ihrem Mann Ole (ein Radiologe) und dem befreundeten Ehepaar Estefania und Patrick Lang vor zwei Jahren ans Laufen brachte.
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Seither absolvierte das junge Unternehmen nach eigenen Angaben bereits rund 90.000 Behandlungen. „Alle Fotos von Hautveränderungen landen über die App bei unseren zwölf Ärztinnen und Ärzten. Ist die Diagnose harmlos, empfehlen wir eine Creme, die es in der Apotheke gibt“, berichtet Martin. Meist sei der Befund nicht besorgniserregend. „In 92 Prozent der Fälle ist kein Besuch in der Praxis niedergelassener Hautärzte nötig. Bei acht Prozent empfehlen wir Blutuntersuchungen, Abstriche oder eine Operation“, so die Gründerin.
Zum Konzept von Dermanostic gehöre es auch, die Weiterbehandlung in die Wege zu leiten. „Unsere Schwestern organisieren die Kontakte zu den Hautarztpraxen“, sagt Martin. „Dadurch erhalten Patienten in der Regel schneller einen Behandlungstermin, als wenn sie es selbst in die Hand nehmen.“ Die Diagnose verschicke das Team per Arztbrief „innerhalb weniger Stunden“ per E-Mail an die Patientinnen und Patienten – inklusive Pflegeempfehlung.
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An dieser Stelle kommt Mark Klein als einer der mehr als 400 Mentoren des Landesprogramms Scale-up NRW. Im Hauptberuf ist der gebürtige Dinslakener nach Stationen bei Vodafone, Telekom und T-Mobile Niederlande Digitalchef beim Düsseldorfer Versicherungskonzern Ergo. Was für sein Ehrenamt aber noch bedeutsamer ist: Klein hat Ende der 90er Jahre selbst ein Unternehmen gegründet und dabei wertvolle Erfahrungen gesammelt. „Das Geschäftsmodell hat nicht funktioniert“, räumt der Manager ein. Aber das Scheitern gehört ja bekanntlich zur Start-up-Kultur.
Nun ist Klein als Berater für Dermanostic tätig und hat sich bereits intensiv in den Geschäftsräumen umgesehen, in denen Ärztinnen und Ärzte die hochgeladenen Fotos von Hautveränderungen auswerten. „Ich habe mich entschlossen, zunächst nur ein Start-up zu betreuen. Das aber richtig. Es ist immer gut, wenn jemand von außen auf ein Unternehmen schaut“, sagt der Ergo-Manager. Bei dem Landesprogramm mitzumachen, sei für ihn eine Selbstverständlichkeit. „Ich fühle mich mit der Region an Rhein und Ruhr verbunden.“
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Nach der erfolgreichen Gründung folge für die Start-ups rasch die Wachstumsphase und die Frage, ob das Geschäftsmodell auch international ausgerollt werden solle. Klein rät: „Die Gründerteams sollten sich stets fragen: Wo entsteht Wert für unser Unternehmen?“ Im Fall von Dermanostic gehe es darum, ob man wirklich „die größte digitale Hautarztpraxis“, wie der Slogan lautet, sein wolle. „Oder ob sie anerkannter Berater für die Haut sind. Die Kunden wollen beraten werden“, so Klein. Der Manager plädiert für den zweiten Weg und empfiehlt der Firma, den Fokus auch auf Pflegemittel für die Haut zu legen.
Dass digitale Modellen im Medizinsektor die Zukunft gehört, davon sind Mentor wie Gründerin überzeugt. „Menschen, die sich ihre Diagnose digital einholen, fallen im Arbeitsalltag nicht aus. Das ist eine unglaubliche Zeitersparnis“, sagt Hautärztin Alice Martin und verweist auf die Schweiz, wo die medizinische Erstberatung bereits grundsätzlich digital erfolge.
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Ergo-Digitalchef Klein will sich aber keinen Illusionen hingeben. „Corona hat der Digitalisierung einen Push gegeben. Trotzdem muss uns bewusst sein, dass wir immer noch am Anfang stehen“, sagt er. Start-ups seien „unglaublich innovativ“ und bei der Einführung digitaler Themen eine große Hilfe. „Wir können viel von ihnen lernen, weil sie den nötigen Spirit mitbringen.“, meint Klein. Die Ergo-Gruppe arbeite mit rund 60 Start-ups zusammen. Darunter auch das Duisburger Start-up Kalmeda, das eine App zur digitalen Tinnitus-Behandlung entwickelt hat.
>>> Privatärztliche Leistung
Die Hautarzt-Diagonse per App ist in der Regel eine privatärztliche Leistung, „weil es bei den Kassen für dieses neue Angebot keine Abrechnungsziffer gibt“, wie Alice Martin sagt. Die Betriebskrankenkasse Viactiv mit Sitz in Bochum übernehme aber bereits die Kosten. „Mit einer weiteren großen Krankenkasse stehen wir in Verhandlungen“. so die Mitgründerin von Dermanostic.