Essen. Der Markt für Büro- und Logistikimmobilien wächst auch in der Krise. Prognosen für die Zukunft will aber niemand abgeben.

Erst kam Corona, dann der Krieg und die Energiekrise. Trotz aller Tiefschläge zeigt sich der Gewerbeimmobilien-Markt des Ruhrgebiets weitgehend robust. Prognosen für die nähere Zukunft will allerdings niemand abgeben.

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Julia Frohne, die oberste Wirtschaftsförderin des Ruhrgebiets, hat am Mittwoch eine gute und einige nicht ganz so positive Nachrichten zu verkünden: Die Region zwischen Duisburg und Dortmund hat auch in diesem Jahr ihren Platz als bundesweit zweitgrößter Büromarkt verteidigt. Mehr Büros gibt es allein in Berlin. Die Geschäftsführerin der Business Metropole Ruhr (BMR) muss aber auch einräumen, dass Investoren zunehmend auf die Bremse treten. „Projekte werden geschoben. Die Energiepreise, die Baukosten, die Zinsen und die Materialengpässe drücken auf die Entwicklung“, sagte Frohne. „Die Investoren sind nicht bereit, die hohen Preise zu bezahlen.“

„Wir leben in einer Zeit der Verunsicherung“

Im ersten Halbjahr 2022 sei das Revier noch ganz gut weggekommen. Eine Hochrechnung für die Zeit bis zum Jahresende traut sich aber niemand zu. „Wir müssen erst einmal durch diesen Winter kommen. Dann sehen wir klarer“, meint Frohne. „Wir leben in einer Zeit der Verunsicherung.“

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In den ersten sechs Monaten kamen im Ruhrgebiet 124.300 Quadratmeter Bürofläche hinzu. Metropolen wie Düsseldorf (+ 15.000), Köln (+ 57.000) oder Hamburg (+ 66.000) verzeichneten deutlich niedrigere Zuwächse. Das geht aus dem Immobilienmarktbericht Ruhr der BMR hervor. Weiter aufwärts ging es auch in der Logistikwirtschaft, die zu den Kernkompetenzen des Ruhrgebiets zählt. Im ersten Halbjahr wurden knapp 291.000 Quadratmeter Hallenfläche fertiggestellt. „Lediglich das knappe Flächenangebot bremst die Entwicklung“, heißt es im Bericht. Die Nachfrage nach Logistik-Immobilien sei ungebrochen.

Spitzenmieten in der Dortmunder City sinken

Zum Sorgenkind entwickelt sich dagegen der innerstädtische Einzelhandel, der zwei Jahre lang unter der Corona-Panademie litt und nun unter der Konsumzurückhaltung leidet. Die Spitzenmieten gingen im ersten Halbjahr um 0,9 Prozent zurück, während Metropolen wie Hamburg, Köln oder Berlin bei plus/minus Null herauskamen. Am Westenhellweg in Dortmund, wo regelmäßig die revierweit größten Kundenfrequenzen gemessen und die höchsten Mieten erzielt werden, ging es 2021 um fünf Euro pro Quadratmeter nach unten und in diesem Jahr noch einmal um zwei Euro – auf 193 Euro. „Das ist eine leichte Beruhigung“, meint Wirtschaftsförderin Frohne vorsichtig. Mit Sorge blickt sie aber auf Energiesparmaßnahmen mit dunklen Schaufenstern und eine mögliche Corona-Welle im Herbst und Winter, die Innenstädten weiter schaden könnten.

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Angesichts der explodierenden Preise für Strom und Gas rät Frohne dazu, dass sich auch Unternehmen verstärkt mit der energetischen Sanierung ihrer Gebäude beschäftigen. Denn 78 Prozent der Wohn- und Gewerbeimmobilien im Ruhrgebiet wurden vor dem Jahr 1978 gebaut, als die allererste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat. In Dortmund etwa hat deshalb die städtische Wirtschaftsförderung das Projekt Öko-Profit aufgesetzt. „Wir gehen auf die Unternehmen zu, um sie zu beraten, wie sie bei den Energiekosten sparen können“, sagt Wirtschaftsförderer Michael Lenkeit. Das sei aber oft „ein schwieriges Unterfangen“, weil die Firmen ihre Kernkompetenz eher in ihren Produkten sehen.

Energetische sparen in Gewerbeimmobilien

Jan Finke vom Analysehaus Bulwiengesa ist aber davon überzeugt, dass „Eigentümer stärker in die Pflicht kommen“, bei Heizung, Kühlung und Verkehrsanbindung für moderne Standards zu sorgen. „Nutzer fragen verstärkt nach diesen Themen. Da kommt Druck in die Sache“, so Finke. Auch bei Neubauprojekten zeigt sich der Essener Niederlassungsleiter zuversichtlich. „Das Ruhrgebiet sind vier große und viele kleinere Städte. Irgendwo ist immer etwas los.“

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Und genau das will die Metropole Ruhr auf ihrem großen Gemeinschaftsstand auf Europas größter Immobilienmesse Expo Real vom 4. bis 6. Oktober in München zeigen: eine Fülle von Gewerbeprojekten, die weit fortgeschritten sind und eben nicht auf Eis gelegt werden. Dazu gehören die Diamond Offices in Dortmund: Büros, Einzelhandel und Gastronomie mit Blick auf das Dortmunder U. Oder die „Ideenschmiede Bochum“, in der Tech-Unternehmen und die Krankenkasse Viactiv einziehen werden.

Novitas-Zentrale in Duisburg und Knuspr in Essen

Am Duisburger Hauptbahnhof entsteht das neue Quartier für die Betriebskrankenkasse Novitas. Und als gutes Beispiel für die Wiederverwertung eines Gebäudes hebt Wirtschaftsförderin Frohne das ehemalige Essener Druckzentrum der Funke Mediengruppe hervor. In dem Komplex entsteht ein Logistik-Hub, den Online-Supermärkte wie Knuspr nutzen, um Waren für die letzte Meile zu den Kunden zu bringen.