Essen. Postbank-Studie zum Alter von Eigentumswohnungen. Im Ruhrgebiet gibt es kaum Neubau-Angebote, die meisten noch in Bottrop. Die Städte-Daten.

Dem Wohnungsmarkt im Ruhrgebiet mangelt es an Neubauten. In manchen Revierstädten wie Herne und Oberhausen werden so gut wie gar keine Wohnungen in Immobilien zum Kauf angeboten, die ab 2019 zum ersten Mal bezogen wurden. Das geht aus dem Postbank Wohnatlas für alle 401 kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland hervor, den unsere Redaktion für das Ruhrgebiet ausgewertet hat.

In der jüngsten Ausgabe untersucht das Hamburgische Weltwirtschafts-Institut (HWWI) für die Postbank den Immobilienmarkt von Eigentumswohnungen gezielt auf das Alter der im vergangenen Jahr zum Kauf angebotenen Objekte. In allen Regionen, vor allem aber in Ostdeutschland und im Ruhrgebiet dominieren ältere Häuser, die zwischen 1945 und 1999 gebaut wurden. Große Neubauprojekte wie 6-Seen-Wedau im Duisburger Süden gibt es, aber sie sind die Ausnahme, weil im Ruhrgebiet die Flächen knapper sind als anderswo.

Nachkriegshäuser dominieren Stadtbilder im Ruhrgebiet

Während in den neuen Bundesländern und im Revier auch noch viele vor dem Krieg errichtete Altbauten stehen, gibt es besonders in den Speckgürteln rund um die größten Großstädte viele erst in den vergangenen drei Jahren fertiggestellte Häuser. Im dicht besiedelten Ruhrgebiet sind auch im Vergleich mit anderen Metropolregionen dagegen Neubauwohnungen echte Mangelware. Und mit der Zinswende und den stark gestiegenen Baukosten dürfte sich daran so bald auch nichts ändern.

Dabei gingen bereits im vergangenen Jahr nach Daten des Landesstatistikamts IT.NRW in den meisten Ruhrgebietsstädten die Zahlen der fertiggestellten Wohnhäuser deutlich zurück, in Essen um acht Prozent, in Oberhausen um 42 Prozent, in Gelsenkirchen gar um 63 Prozent. Ausnahmen waren Duisburg mit einem dicken Plus von 86 Prozent und Dortmund (+43 Prozent). In beiden Städten wurden vor allem Einfamilienhäuser fertig. Insgesamt wurden im Ruhrgebiet vor allem weniger Mehrfamilienhäuser gebaut.

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© funkegrafik nrw | Jill Starke

So befand sich im vergangenen Jahr bundesweit fast jede vierte angebotene Eigentumswohnung in einer ab 2019 bezogenen Immobilie. NRW liegt mit rund 15 Prozent bereits weit unter dem Bundesdurchschnitt, im Ruhrgebiet fast jede Stadt noch darunter. Herne hat mit nur 1,1 Prozent sogar den geringsten Neubauanteil aller Kommunen in ganz Deutschland, Oberhausen mit 2,0 Prozent den drittniedrigsten. Allein in Bottrop wurden zumindest im Landesvergleich mit 18 Prozent überdurchschnittlich viele Neubauwohnungen verkauft.

Wenige Eigentumswohnungen ab Baujahr 2000

Auch beim Anteil der neuwertigen Wohnungen in Häusern der Baujahre 2000 bis 2018 liegt das Ruhrgebiet teils weit unter dem Bundesschnitt von 7,7 Prozent. Hier hat Essen revierweit am wenigsten zu bieten. Die allermeisten Häuser zwischen Duisburg und Dortmund stammen dagegen aus der Zeit zwischen 1945 und 1999. In den meisten Revierstädten machen sie zwei Drittel des Immobilienmarktes bei Eigentumswohnungen aus, bundesweit nur die Hälfte.

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Der größte Vorteil im Ruhrgebiet sind die nach wie vor vergleichsweise niedrigen Kaufpreise. Während für eine Bestandswohnung auch älteren Baujahres in Düsseldorf durchschnittlich 4870 Euro pro Quadratmeter verlangt werden, reicht in den meisten Ruhrgebietsstädten weit weniger als die Hälfte. Am teuersten ist hier Mülheim mit 2364 Euro je Quadratmeter, am günstigsten Gelsenkirchen mit 1420 Euro. Neubauwohnungen kosten in der Landeshauptstadt im Schnitt 6863 Euro je Quadratmeter, die höchsten Preise im Revier werden in Essen (4129 Euro) fällig, die niedrigsten im Ennepe-Ruhr-Kreis (3385 Euro).

Vor- und Nachteile älterer Häuser

Wer im Ruhrgebiet in der eigenen Wohnung leben möchte und genaue Vorstellungen hat, in welches Viertel er ziehen möchte, hat im Zweifel gar nicht die Wahl zwischen Neubau und älterem Bestand. Der Charme älterer Häuser mit ihren hohen Decken, oft alten Holzdielen und hübschen Fassaden zieht viele ohnehin mehr an als funktional-kantige und teure Neubauten. Die Nachteile sind meist höhere Heizkosten, was in diesen Zeiten besonders ins Gewicht fällt und möglicherweise größerer Sanierungsbedarf.

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„Käuferinnen und Käufer sollten insbesondere die notwendigen energetischen Investitionen nicht unterschätzen“, sagt Eva Grunwald, Chefin des Immobiliengeschäfts der Postbank und der Deutschen Bank. „Eine realistische Kalkulation aller Kosten ist gerade bei älteren Bestandsbauten und Altbauten wichtig“, rät sie, „potenzielle und zwingend notwendige Sanierungsmaßnahmen sollten bereits in die Planung der Finanzierung einbezogen werden, um spätere finanzielle Engpässe zu vermeiden.“