Duisburg. Duisburger Hafen legt starke Bilanz für 2021 vor. Doch der Krieg in Ukraine bedrohe die Seidenstraße und der Schanghai-Lockdown die Lieferketten.
China ist weit weg – nur deshalb bekommt der Duisburger Hafen das Chaos vor den geschlossenen Häfen des Riesenreichs bisher noch nicht richtig zu spüren. Das wird sich sehr bald ändern, weiß Markus Bangen, Chef der Hafengesellschaft Duisport. In wenigen Wochen werde deutlich weniger Fracht aus Asien ankommen, sagte er bei der Bilanzvorlage für 2021 auf Nachfrage unserer Zeitung. Mit Folgen für die heimische Industrie: „Was noch in einem Container in China liegt, wird in den deutschen Werkshallen fehlen.“
Im Zuge ihrer extrem restriktiven Corona-Politik hat China immer wieder Häfen bei Covid-Ausbrüchen geschlossen, Ende März riegelte Peking mit der Hafenmetropole Schanghai seine größte Stadt ab. Mehrere Häfen sind weitgehend geschlossen, vor ihnen ankern unzählige Frachtschiffe aus aller Welt, in den Häfen stauen sich die Container. Sieben bis acht Wochen brauchen die Ozeanriesen, bis sie an Europas größten Seehäfen in Rotterdam oder Antwerpen anlanden. Das heißt, im Mai werden „weniger Schiffe mit weniger Ladung ankommen“, so Bangen, das wird wenige Tage später auch Europas größter Binnenhafen in Duisburg zu spüren bekommen.
Als würden Rotterdam und Antwerpen gleichzeitig schließen
Die weitere Entwicklung in diesem Jahr vorherzusagen, sei deshalb unmöglich, „wir steuern auf Sicht und der Nebel wird immer dunkler.“ Aktuell fertigten die Häfen in China noch 40 Prozent der Container ab, die fehlenden 60 Prozent bedeuteten „gewaltige Mengen, die der Wirtschaft fehlen“, betont Bangen. „Das ist, als würden Europas größte Seehäfen Rotterdam und Antwerpen gleichzeitig den Umschlag einstellen.“
Zudem befürchtet Duisburgs Hafenchef noch lange Störungen der Lieferketten und eine Überforderung der europäischen Seehäfen, wenn wieder alle Schiffe aus China ankommen. Die mit liegen gebliebenen Containern verstopften Terminals könnten eine plötzlichen Welle von Frachtern gar nicht bewältigen. Der Krieg in der Ukraine habe dieses Problem in den vergangenen Wochen überdeckt. Ökonomen und der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnen mit massiven Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.
Duisport erzielte 2021 erneut Umschlagrekord
Es ist der Blick nach vorn, der dem Duisburger Hafen Sorgen bereitet, der zurück bietet erneut Bestmarken: Trotz der globalen Logistikprobleme konnte Duisport seinen Containerumschlag auch 2021 auf einen neuen Rekord steigern – um zwei Prozent auf 4,3 Millionen Standardcontainer (TEU). Wichtiger noch ist Bangen, was unterm Strich übrig blieb – mit knapp 19 Millionen Euro nach Steuern ein Drittel mehr als im Vorjahr. Der Umsatz stieg um knapp ein Fünftel auf 347 Millionen Euro.
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„Wir haben in stürmischen Zeiten Kurs gehalten“, formuliert es Bangen branchenkonform maritim. Er löste im vergangenen Sommer den langjährigen Hafenchef Erich Staake ab, der nach seiner Impfaffäre vorzeitig gegangen war. Auch die ersten drei Monate in diesem Jahr seien „sehr erfreulich“ verlaufen, lässt Bangen wissen, die Folgen der chinesischen Lockdowns und des russischen Angriffskrieges in der Ukraine würden den Hafen aber wie die gesamte Wirtschaft in diesem Jahr noch sehr fordern.
Krieg in Ukraine gefährdet die Seidenstraße nach China
Vom Fortgang des Krieges hängt vor allem ab, ob die neue Seidenstraße nach China offen bleibt. Über die Bahnstrecke durch Russland, Weißrussland und Polen kamen 2021 durchschnittlich 60 Güterzüge pro Woche nach Duisburg, dank besserer Auslastung stieg der Warenumschlag über die Schiene um ein gutes Viertel an. Aktuell sind es nur noch rund 40 Züge, wie Duisport-Vorstandsmitglied Carsten Hinne sagte. Aber: „Das kann morgen vorbei sein, wenn die EU die russische Staatsbahn doch noch auf ihre Sanktionsliste setzt“, betont Vorstandschef Bangen. Bisher halte Brüssel an der Landverbindung nach China fest, doch je nachdem, was Russland in der Ukraine noch anrichte, könne sich das schnell ändern.
Das Unternehmen Duisport stellt indes die Weichen für weiteres Wachstum, investierte 2021 rund 42 Millionen Euro, brachte vor allem am Heimatstandort Modernisierungen und Erweiterungen der Hafen-Infrastruktur auf den Weg. Die spektakulärste soll das größte Containerterminal im europäischen Hinterland werden – gebaut auf der früheren Kohleninsel, die mangels Kohleimporten nicht mehr gebraucht wird. Es soll ab Ende 2023 mit Wasserstoff-basierten Brennstoffzellen und einem Blockheizkraftwerk klimaneutral betrieben werden. Zudem plant der Hafen ein Wasserstoff (H2) -Bildungszentrum.