Düsseldorf. Der Glasfaserausbau im „Entwicklungsland“ Deutschland soll vorankommen. Allein die Deutsche Glasfaser Holding will sieben Milliarden investieren.
Beim Glasfaser-Ausbau gilt Deutschland als Entwicklungsland. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur hat nicht einmal jeder fünfte Haushalt einen Anschluss, um superschnelles Internet nutzen zu können. Das soll sich nun ändern. Die Deutsche Glasfaser Holding GmbH als zweitgrößter Investor nach der Telekom buddelt gerade nicht nur in Gewerbegebieten wie Dortmund, Mülheim oder Hagen. Das Düsseldorfer Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, vor allem auch den dünner besiedelten ländlichen Raum mit Glasfaser zu versorgen.
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Thorsten Dirks kennt sich nicht nur in der Telekommunikationsbranche aus. Er war Chef der Lufthansa-Tochter Eurowings und stand den Mobilfunk-Anbietern E-Plus und Telefonica Deutschland vor. Seit Juli 2020 lenkt Dirks die Deutsche Glasfaser Holding und weiß, wo es bundesweit hakt. „Deutschland ist sehr spät in die Glasfasertechnik gestartet. Schon Anfang der 1980er Jahre gab es unter Bundeskanzler Helmut Schmidt das Bestreben, Glasfaser in Deutschland auszurollen“, blickt der Manager weit zurück. „Als Helmut Kohl dann Kanzler wurde, entschied man, lieber TV-Kabel zu verlegen. Unterm Strich haben wir in Deutschland sehr lange an der Ertüchtigung der alten Kupfernetze festgehalten.“
Dirks: „Private Investitionen stehen also mehr als genug bereit“
Den Wendepunkt sieht Dirks im Jahr 2016, als Finanzinvestoren den in weiten Teilen brach liegenden Glasfasermarkt für sich entdeckten. „In Deutschland haben ausbauende Unternehmen und Investoren knapp 43 Milliarden Euro für den Ausbau bis 2025 eingesammelt. Private Investitionen stehen also mehr als genug bereit“, sagt der Geschäftsführer. Allein die Deutsche Glasfaser Holding verfüge über sieben Milliarden Euro, mit denen sie bis zum Jahr 2025 rund vier Millionen Haushalte an das leistungsfähige Netz anschließen will.
2011 im münsterländischen Borken gegründet, hat das Unternehmen mit seinen 1700 Beschäftigten die Zentrale inzwischen nach Düsseldorf verlagert. Hinter der Deutschen Glasfaser Holding stehen zwei potente Gesellschafter: 51 Prozent hält die börsennotierte schwedische Investmentgesellschaft EQT, die eine Reihe europäischer Glasfasernetz-Betreiber besitzt. 49 Prozent gehören dem kanadischen Pensionsfonds Omers. 1,2 Millionen Anschlüsse hat die Deutsche Glasfaser bereits verlegt. Allein in diesem Jahr sollen 15.000 Kilometer Kabel dazu kommen.
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„Die Voraussetzungen waren noch nie so gut wie heute, mit dem Glasfaserausbau in Deutschland wirklich voranzukommen“, zeigt sich Dirks optimistisch, weist aber zugleich auf Hemmnisse hin. „Im Gegensatz etwa zu Spanien oder den Niederlanden haben wir in Deutschland beim Ausrollen der bisherigen Infrastruktur keine Leerrohre verlegt“, meint der Geschäftsführer. Im Ausland ziehe man mit dem alten Kabel die Glasfaser in das Leerrohr. In Deutschland dagegen müsse man „für jeden Meter wirklich buddeln“. Dabei mache der Tiefbau in der Branche rund 70 Prozent der gesamten Ausbau-Kosten aus.
Deutsche Glasfaser Holding fordert Bürokratieabbau
Auch die Deutsche Glasfaser Holding spüre zwar die deutlich steigenden Baukosten. „Wir haben aber weder bei Leerrohren noch bei den Glasfasern Lieferengpässe“, so Dirks. Dennoch müsse auch die deutsche Verwaltung mehr Tempo machen. „Wir brauchen jetzt rasch schnellere Genehmigungsverfahren – etwa, wenn es um Bahn- oder Flussquerungen geht. Hier spürt man doch sehr deutlich die Bürokratie in Deutschland. Daran sind noch zu viele Behörden und Instanzen beteiligt. Das ist alles sehr aufwändig und bei weitem noch nicht digitalisiert. Da wird noch sehr viel gefaxt oder per Post verschickt“, kritisiert der Geschäftsführer.
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Auch der Fachkräftemangel hinterlässt auf dem Weg zum schnellen Internet seine Spuren. „Wir planen und entwickeln die Projekte, das Ausbauen übernehmen dann Generalunternehmer. Auf unseren Baustellen finden Sie fast nur noch süd- und osteuropäische Mitarbeiter dieser Generalunternehmer. Dort gibt es noch ausreichend Arbeitskräfte“, berichtet Dirks. Positiv wirke sich dabei aus, dass sich der Glasfaserausbau in einigen Ländern Europas wie Frankreich allmählich dem Ende nähere.
„Wir brauchen nur eine Glasfaserinfrastruktur in Deutschland“
Zum Geschäftsmodell der Düsseldorfer gehört, dass sie in einem Ausbaugebiet in der Regel zu bauen beginnen, wenn 40 Prozent der Haushalte einen Vertrag abgeschlossen haben. „In der Regel versuchen wir, die gesamte Kommune auszubauen“, sagt der Chef von Deutsche Glasfaser. „Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Bei einem abgelegenen Bauernhof kann es passieren, dass ein privatwirtschaftlicher Ausbau zu teuer ist.“ Das sei dann ein klassischer Fall, in dem staatliche Förderung sinnvoll sei.
Dirks plädiert für einheitliche Lösungen. „ Auf dieser einen Infrastruktur findet dann der Wettbewerb statt. Es ergibt keinen Sinn, in einer Kommune zwei Netze zu bauen, während dann andere Kommunen deutlich länger auf Glasfaser warten müssen.“
>>> Vodafone plant offenbar Glasfaser-Firma
Der Düsseldorfer Telekommunikationskonzern Vodafone, der bislang schwerpunktmäßig auf die Ertüchtigung seines Fernsehkabelnetzes setzt, erwägt offenbar Milliardeninvestitionen in den Netzausbau mit reinen Glasfaser-Anschlüssen. Wie das „Handelsblatt“ berichtete, spricht Vodafone mit Investoren für den deutschen Markt über die Gründung eines Glasfaser-Gemeinschaftsunternehmens. So hatte es Konkurrent Telefónica (O2) auch gemacht und 2020 zusammen mit dem Versicherungskonzern Allianz das Joint Venture „Unsere Grüne Glasfaser“ gegründet.
Bei Vodafone werden dem Bericht nach unterschiedliche Szenarien durchgerechnet, als Maximalinvestitionen in das Gemeinschaftsunternehmen werden zehn Milliarden Euro genannt. Eine finale Entscheidung zum Joint-Venture hat die britische Mutter des Telekommunikationskonzern aber noch nicht getroffen. Sollte es eine Nachfrage nach Glasfaser geben, könnte Vodafone diese durch Optionen außerhalb der eigenen Bilanz angehen, heißt es in einer vagen Stellungnahme aus London.