Essen. Junge Berufstätige helfen Berufseinsteigern. Das ist Ziel des Mentorenprogramms des Initiativkreises Ruhr. Bewerbungsfrist läuft noch wenige Tage.

Wohin nach der Schule oder nach dem Studium? Für den Initiativkreis Ruhr steht die Antwort seit jeher fest: Junge Leute sollen im Ruhrgebiet bleiben. Um Berufseinsteiger davon zu überzeugen, hat das Wirtschaftsbündnis ein Mentoren-Programm aufgelegt. Bewerbungen sind nur noch wenige Tage möglich.

Anna Steinmeier weiß, wovon sie spricht. Als sie die Hochschule verlassen hatte, hatte sie überhaupt keine Idee davon, wie es weitergehen sollte. „Auch ich war nach dem Studium bei der Jobsuche frustriert“, erzählt die 29-Jährige. Gespräche mit Verwandten und Freunden brachten die junge Frau auch nicht wirklich weiter. „Das Mentoringangebot des Jungen Initiativkreises Ruhr öffnete mir die Augen für die vielen verschiedenen beruflichen Möglichkeiten im Ruhrgebiet. Da habe ich schnell gemerkt: Du musst hier nicht weggehen“, erinnert sich Steinmeier an das vergangene Jahr.

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Als sie den Zuschlag für die sechsmonatige Intensiv-Betreuung erhielt, ahnte die studierte Journalistin freilich nicht, dass sie danach eine Festanstellung beim Initiativkreis Ruhr erhalten und fortan das Mentoring-Programm hauptberuflich mit Leben füllen sollte. Da spielte wohl auch der Zufall eine Rolle. Nun koordiniert Steinmeier die 20 Mentorinnen und Mentoren, von denen sie bereits Rat erhielt.

Nach dem Start im vergangenen Jahr läuft aktuell die zweite Bewerbungsrunde. Victoria Köcher, Leiterin der Filialen der Deutschen Bank in Oberhausen, Christoph Mohr, Referent bei der Eon-Geschäftsführung im Bereich Nachhaltige Stadtlösungen, und Anna Maria Spiekermann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen, stehen erneut in den Startlöchern, um Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger eng zu begleiten.

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„Weil wir jung sind, können wir frisch berichten, wie es uns ergangen ist. Wir sind noch nah dran an. Da entsteht Vertrauen, und Vertrauen ist bei der beruflichen Orientierung ein ganz wichtiger Ankerpunkt“, sagt Victoria Köcher. Gerade bei der Berufswahl gelte die Weisheit, dass nicht jeder Weg geradeaus gehe. „Man muss auch schon mal abbiegen“, rät die 34-Jährige. Im vergangenen Jahr brachte ausgerechnet die Bankerin nach langen Gesprächen eine junge Frau davon ab, eine Karriere bei einem Geldinstitut einzuschlagen.

Im Gegensatz zur Familie oder zum Freundeskreis, darauf verweist Christoph Mohr, brächten die Mentoren die nötige Distanz mit, die bei der Berufswahl hilfreich sei. „Wir Mentoren bringen ein Stück weit die Neutralität bei der Berufssuche mit und können ganz praktische Fragen beantworten – etwa was man beim Bewerbungsgespräch am besten anzieht“, erklärt er. 2021 hatte sich Mohr um einen jungen Mann mit Wurzeln in Sri Lanka gekümmert, dem Bewerbungsprozesse und Vorstellunghsgespräche hierzulande völlig fremd waren. Der 31-Jährige konnte mit praktischen Tipps helfen.

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Der Blick von außen ist auch Anna Maria Spiekermann wichtig. „Nach der Schule orientiert man sich stark am eigenen Umfeld, an Freunden und an der Familie. Wenn die Absolventen die ersten in der Familie sind, die überhaupt studieren, ist es schwer in dem Kreise Rat einzuholen“, sagt die 28-jährige Wissenschaftlerin.

20 der 70 Unternehmen und Institute, die persönliche Mitglieder in den Initiativkreis Ruhr entsenden, sind inzwischen auch im „Jungen Initiativkreis“ vertreten, die nahezu gleichaltrigen Berufseinsteigern zur Seite stehen. Nach Argumenten, den „Nachwuchs“ im Ruhrgebiet zu halten, müssen die Mentoren nicht lange suchen. „Das Ruhrgebiet mit seinen Konzernen und Familienunternehmen bietet viele Möglichkeiten für Praktika und Jobs. Die Wirtschaft hat ein großes Interesse daran, dass gute Leute hier bleiben“, sagt Anna Steinmeier.

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Dabei habe die Region auch das zu bieten, was jungen Menschen immer wichtiger sei. „Das Ruhrgebiet hat echt Vorteile für die Work-Life-Balance. Wohnen und Leben sind hier noch bezahlbar und Freizeitangebote gibt es reichlich. Natürlich ist auch die Start-up-Szene spannend“, meint Victoria Köcher. Da kann Christoph Mohr nur einstimmen: „Im Vergleich zu Metropolen wie Frankfurt, München oder Berlin hat das Ruhrgebiet in Summe das viel größere kulturelle Angebot. Zudem ist man aus Essen schnell in Metropolen wie Düsseldorf oder Köln.“

Inzwischen wandele ich auch das Image der Region zwischen Duisburg und Dortmund, ist Anna-Maria Spiekermann überzeugt: „Die Ruhrpott-Mentalität ist ein echter Standort-Vorteil. Hier sind die Menschen locker. Es gibt viele grüne Flecken und gleichzeitig Industrie-Charme.“

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Auch wenn die Mentorinnen und Mentoren des Jungen Initiativkreises bis Oktober viel Freizeit außerhalb ihrer Jobs für ihre Mentees opfern werden, machen sie kein Hehl daraus, dass die Betreuung ihnen auch Spaß macht. Bis zum 31. März haben Interessentinnen und Interessenten noch Zeit, sich zu bewerben.

Das Mentoring-Programm richtet sich an Studierende, Auszubildende und Absolventen von Hochschulen, die auf der Suche nach einem Beruf sind. Die Profile der Bewerber sollten zu denen der Mentoren passen. Die 20 stellten sich in den sozialen Netzwerken und auf der Homepage des Initiativkreis Ruhr mit kleinen Videos vor. Das Besondere: Sie veröffentlichen dort auch Playlists der Musik, die für sie besonders wichtig ist. Bewerbungen unter https://junger-ir.de/mentoring/