Essen. Der Junge Initiativkreis Ruhr hat ein Mentoren-Programm gestartet. Cansu Aydin und ihre Mentorin Lena Classen berichten über ihre Erfahrungen.
Cansu Aydin war die schnellste Bewerberin. „Mein Name ist Cansu, ich bin 22 Jahre alt und wohne in Datteln. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, aber habe türkische Wurzeln“, schrieb sie an einem Abend im März kurz vor Mitternacht in einer Mail an den Initiativkreis Ruhr. Da war erst kurze Zeit publik, dass der IR, ein einflussreiches Wirtschaftsbündnis aus der Region, erstmals ein Mentoren-Programm für Studierende starten wird.
Cansu Aydin studiert Wirtschaft mit dem Schwerpunkt Kultur-/Medien- und Freizeitwirtschaft an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. „Ich befinde mich momentan in meinem Praxissemester und habe aufgrund der Corona-Krise, große Schwierigkeiten eine Praktikumsstelle zu finden“, sagt die 22-Jährige zur Begründung für ihre Bewerbung beim IR. „Doch noch schwieriger ist es, mich zu entscheiden, wie es jetzt eigentlich weitergehen soll. Denn schon während meiner schulischen Ausbildung auf dem Gymnasium hatte ich keine Person, die mich auf meinem Werdegang unterstützen konnte.“
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Diese Rolle hat nun Lena Classen übernommen. Die 29-Jährige arbeitet in der Kommunikationsabteilung des Energiekonzerns Steag und engagiert sich ehrenamtlich beim Jungen Initiativkreis Ruhr, der Nachwuchsorganisation des Firmennetzwerks. „Ich hatte auch immer wieder Menschen um mich herum, die mir auf meinem beruflichen Weg weitergeholfen haben“, sagt Lena Classen zu ihrer Motivation. „Der erste Schritt kann am schwierigsten sein. Wer am Anfang seines Werdegangs noch keine Referenzen vorweisen kann, hat jedenfalls keine Garantie auf einen guten Praktikums- oder Werkstudentenplatz.“ Oft helfe es schon, „irgendwo reinschnuppern zu können, beispielsweise über einen Werkstudenten-Job. Dann öffnen sich wieder neue Türen.“ Netzwerke seien schließlich „das A und O im Berufsleben“.
Mentoren von Unternehmen wie Deutsche Bank, Evonik und Vonovia
Der Junge Initiativkreis Ruhr besteht seit dem Jahr 2016. Die Mitglieder – Talente und junge Führungskräfte von Unternehmen wie Deutsche Bank, Evonik und Vonovia – machen es sich zur Aufgabe, „den Wandel in
der Region voranzutreiben“, wie sie es selbst formulieren. Ein selbst gestecktes Ziel der Gruppe ist es, „dem Nachwuchs in der Region berufliche Perspektiven aufzuzeigen und damit die Fachkräftebasis im Ruhrgebiet zu stärken“. Einen Beitrag soll das neue Mentoren-Programm liefern, das sich an junge Studierende richtet, die berufliche Orientierung suchen.
„Ich habe keine Akademiker-Eltern“, sagt Cansu Aydin. „Als ich mich für das Studium angemeldet habe, saß niemand neben mir, um zu gucken, ob ich alles richtig mache. In der Schule bekommt man auch kaum etwas für den Berufsstart an die Hand gegeben.“ Sie erwarte nicht, von ihrer Mentorin „alles serviert zu bekommen“. Aber es sei „ein gutes Gefühl, jemanden an der Seite zu haben“, der ihr im Zweifel helfen könne.
Vorbilder und Mutmacher für die Studierenden in der Region
„Unsere Mentoren haben ganz unterschiedliche Werdegänge“, sagt Lena Classen. „Das bringt eine unfassbare Vielfalt mit sich.“ 21 Tandems haben sich mittlerweile für das halbjährige Programm gebildet, berichtet Mit-Initiatorin Jasmin Buck, die beim Initiativkreis Ruhr beschäftigt ist. „Das Mentorenprogramm ist relativ spontan bei unserem Treffen entstanden“, sagt sie. „Wir sammeln jetzt mal Erfahrungen mit dem Format, und dann schauen wir, ob es eine Neuauflage gibt.“
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Bislang hätten die meisten Begegnungen wegen Corona virtuell stattgefunden, berichtet Anna Steinmeier, die sich beim IR um die Organisation des Mentoren-Programms kümmert. „Neben der Betreuung durch die Mentoren planen wir auch Seminare mit externen Experten, beispielsweise zu Themen wie Jobsuche oder Netzwerken“, sagt die 28-Jährige.
Das Mentoren-Programm war Teil einer Digital-Veranstaltung, die der Initiativkreis Ruhr „What if“ genannt hat. Zu Wort kamen dabei Menschen um die 30, die über ihre unterschiedlichen Lebenswege sprachen. Sie sollten Vorbilder und Mutmacher für die Studierenden in der Region sein. Sie sei zufällig über die Instagram-Seite ihrer Hochschule auf das Format aufmerksam geworden, erzählt Cansu Aydin. Für sie sei es eine gute Gelegenheit gewesen, „auch mal anderen Personen zuzuhören, die genauso fühlten wie ich – und zu sehen, dass es viele verschiedene Wege gibt, die man gehen könnte“.