Bochum. Die Bochumer Brauerei Fiege verteidigt die Abkehr vom Tarifvertrag. Sie soll das „Überleben“ des Familienbetriebs sichern helfen.

Bei der Bochumer Privatbrauerei Moritz Fiege herrscht große Unruhe. Betriebsrat und Gewerkschaft NGG protestieren scharf, dass der Familienbetrieb Ende vergangenen Jahres „still und heimlich“ aus der Tarifbindung ausgestiegen ist. Erstmals melden sich nun die Inhaber Hugo und Hubertus Fiege zu Wort. Man habe die Entscheidung getroffen, um den „Fortbestand des Unternehmens“ zu sichern, erklären sie.

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Die Corona-Krise hat die Traditionsbrauerei aus Bochum mit voller Wucht getroffen. Während der Flaschenbier-Absatz 2020 im Vergleich zum Vorjahr konstant blieb, brach der Fassbier-Verkauf wegen der über Wochen geschlossenen Gastronomie um 60 Prozent ein. Auch im laufenden Jahr erholte sich das Trinkverhalten offenbar nicht so nachhaltig, wie es sich die Fieges erhofft hatten: Der Bierabsatz liege bislang um 15 Prozent unter dem ohnehin schon schlechten Corona-Jahr 2020. Auf Anfrage teilt das Unternehmen mit, dass auch das Flaschenbier-Geschäft „aufgrund des ausgebliebenen Sommers“ rückläufig gewesen sei.

2022 will Fiege wieder den Bierabsatz von 2019 erreichen

Nach den weitgehenden Lockerungen für die Gastronomie will Fiege nun wieder durchstarten: Hugo und Hubertus Fiege streben an, im kommenden Jahr das Vorpandemie-Niveau von 2019 mit 130.000 Hektolitern Bier zu erreichen. Mit dem Eintritt von Carla und Hubertus Fiege, die sechste Generation des Familienunternehmens, und dem Aufblühen der Gastronomie blicke man wieder positiv in die Zukunft.

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Und dennoch verteidigen die Betreiber der Brauerei ihren Schritt, von der Mitgliedschaft mit in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung innerhalb des Arbeitgeberverbands Rheinisch-Westfälischer Brauereien und Mälzereien e.V. zu wechseln. „Mit dem Wechsel der Mitgliedschaft hat das Unternehmen eine notwendige und zukunftsweisende Entscheidung für den Fortbestand als Familienunternehmen getroffen“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung.

„Bei Neueinstellungen marktgerecht agieren“

Die Fieges vermissen nach eigenen Angaben die Berücksichtigung der „Belange mittelständischer Brauereien“ im geltenden Flächentarifvertrag. „Die Situation am Arbeitsmarkt erfordert, dass die Brauerei bei Neuanstellungen marktgerecht agiert und sich intensiv um Fachkräfte bemüht“, teilt die Familie mit. Zumal man mit steigenden Kosten für Energie und Rohstoffe rechne.

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Für die aktuell 59 Beschäftigten inklusive der sechs Auszubildenden gelte die Entlohnung wie bisher. „Wir halten uns an geschlossene Verträge. Auch der Manteltarifvertrag findet in der Familienbrauerei uneingeschränkt Anwendung“, versichern die Fieges. „Somit gibt es keine Einschränkungen bei Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Urlaubstagen.“ Die Bochumer Brauerei bleibe „auch in Zukunft ein Unternehmen mit sozialer Verantwortung“.